Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
blickte in sich hinein.
Weitere Erinnerungsfetzen tauchten auf und verschwanden gleich darauf wieder in den Tiefen ihres Unterbewusstseins.
Sie saß auf dem Rücken eines rabenschwarzen Pferdes und ritt über eine saftig grüne Bergwiese. Etwas berührte ihre Wade. Es war ein Flügel. Schwarz und kräftig breitete er sich unter ihr aus. Dann das Gesicht eines alten Mannes. Seltsam vertraut und doch so unendlich fern. Er hielt eine Kette hoch. Einen weißen Stein an einem Lederband.
Unwillkürlich griff sich die junge Frau an die Brust. Sie griff nach der Kette die sie trug, einem weißen Stein mit blutroten, eingravierten Linien. Er war angenehm kühl. Spendete Erfrischung in dieser fast unerträglich feuchten Hitze.
Genau wie die gaffenden Blicke aus dem PTG, der sich nun langsam der Stadt näherte, war sie auch dies gewohnt. Dieses seltsame Amulett, das sie ihres Wissens nach schon immer bei sich getragen hatte, kühlte sie, wenn ihr warm war und wärmte sie in kalten Zeiten. Laut der hiesigen Ärzte hatte es ihr sogar das Leben gerettet. Aber das hatte dieser seltsame Stein noch nie getan. Er war fast glühend heiß geworden! Oder zumindest hatte es sich so angefühlt, als das kühle Wasser sie flussabwärts getragen hatte. Schon auf dem Rückweg fing es an. Bilder flatterten zusammenhanglos vorbei.
Die junge Frau runzelte nachdenklich die Stirn. Es musste etwas zu bedeuten haben. Aber was? Sie atmete tief durch und versuchte sich zu erinnern. Was gab es da noch? Wer war der alte Mann? Was hatte es mit diesem Pferd auf sich? Ein geflügeltes Pferd. Ein Pegasus. Ein Fabeltier. So etwas gab es doch gar nicht. War es ein Traum? Eine Warnung? Ein Zeichen? Was war Einbildung und was Wirklichkeit? Irgendwie fühlte es sich aber so wirklich an. Sie konnte die Wärme des Tieres unter sich fast fühlen... Und dieser Nebel?
Hier gab es oft Nebel. Nebel war nichts Außergewöhnliches. Obwohl er für sie immer etwas Besonderes gewesen war. Vertraut, erschreckend, mystisch und faszinierend, aber dennoch nur Nebel. Und trotzdem wurde sie das Gefühl nicht los, dass Nebel etwas Besonderes war. Etwas wichtiges, dessen Bedeutung sie vergessen hatte. Diese Erinnerungsfetzen schienen zu einem anderen Leben zu gehören. Einem früheren Leben.
Sie lächelte und verzog das Gesicht. Kein Wunder, dachte sie. Vermutlich hatte es etwas mit ihrer Kindheit zu tun. Dem Leben, das sie gehabt hatte, bevor sie hierher gekommen war. Hier aufgewacht war, in einer ganz neuen, ihr völlig fremden Welt. Die junge Frau stand reglos am Flussufer und ließ ihren Gedanken und ihren Erinnerungen freien Lauf.
Zwei Jahre zuvor:
Sie lag auf dem Rücken und blinzelte direkt in ein unerträglich helles Licht. Schmerz durchzuckte ihr Gehirn. Jeder, der einmal aus andauernder völliger Dunkelheit direkt in die Sonne gesehen hat, kannte diesen unangenehmen Effekt. Sie schloss instinktiv die Lider und hob ihre Hand, um sie schützend vor ihre Augen zu halten.
»Sie ist wach!«, rief jemand direkt in ihrer Nähe. Seine Stimme klang überrascht.
»Tatsächlich?« Eine zweite Stimme, weiter entfernt. Schritte näherten sich. Sie blinzelte verwirrt und versuchte etwas zu erkennen. Was war das für eine Sprache? Sie hatte kein einziges Wort verstanden.
»Oh, entschuldige«, sagte die erste Stimme und machte sich hastig daran, die Lampe mit dem extrem hellen Licht über ihrem Kopf beiseite zu drehen.
»So besser?«, fragte die Stimme. Obwohl sie nichts verstand, war sie dankbar. Sie blinzelte noch ein paar Mal und sah sich um. Langsam gewöhnten sich ihre Pupillen an das Licht. Das erste, was sie sah, waren zwei große, gelbe katzenähnliche Augen, die sie aufmerksam betrachteten. Im nächsten Augenblick setzte sie sich entsetzt auf und versuchte sich rückwärts in angemessene Entfernung zu bringen! Leider war die Pritsche auf der sie gelegen hatte nicht sonderlich groß. Sie rutschte ab und landete unsanft auf dem Boden. Hastig rappelte sie sich hoch und wich weiter zurück, bis sie mit dem Rücken zur Wand stand.
Zwei der seltsamsten Wesen, die sie je in ihrem Leben gesehen hatte, starrten sie erstaunt und stumm an. Sie starrte zurück. Beide waren etwa gleich groß, hatten dunkle Haut und große Katzenaugen, die sicherlich sehr gut sehen konnten, momentan aber vor Schreck geweitet starr in ihre Richtung blickten. Sie trugen weiße, weite Kittel aus denen zwei Paar Arme ragten. Das eine der beiden Wesen, offensichtlich weiblich, hatte ein Paar Arme
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