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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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Auch die Tatsache, dass ihm der Elfenmilchschmuggel zum Verhängnis geworden war und nicht ihr unmittelbares Zutun, konnte das grausam nagende Gefühl nicht vertreiben, verantwortlich zu sein. Obwohl Ragnar zu schlafen schien, trauten sie sich nicht ausführlich darüber reden. Charlie war froh darüber. Was hätte es schon geändert? Brage war tot und sie trugen die Schuld daran.
    Als sie wenige Stunden später vor die Scheune trat, stockte ihr der Atem. Das Sonnenlicht überflutete den kleinen Hof und bestrahlte eine gigantische, schneebedeckte Bergkette, die sich am Horizont erhob. Der kleine Hof, auf dem sie ihre kurze Nacht verbracht hatten, schmiegte sich an die ersten Ausläufer eines Gebirges. Zwei Landschaften, die gegensätzlicher nicht sein konnten.
    Charlie hatte keine Ahnung gehabt, dass die Berge so nahe waren. Die hohen Bäume hatten eine weite Sicht verhindert, trotz der sternenklaren Nacht.
    »Ist es nicht unglaublich schön?«, flüsterte Tora, dann warf sie Charlie einen gequälten Blick zu. Sie war schon auf den Beinen und schleppte einen Eimer Wasser vom Brunnen herbei. Sie wuschen sich notdürftig und sattelten Gler.
    Charlie half Ragnar die Tiere des Hofes zu versorgen. Eine nette Geste, obwohl Ragnar nicht bezweifelte, dass die Bewohner bald heimkehren würden. Bis dahin wollte er jedoch bereits weit, weit fort sein.
    »Ich ziehe in die Berge«, verkündete er dann. »Also trennen sich hier unsere Wege.«
    »In die Berge?« Charlie konnte ihre Aufregung kaum verbergen. »Wir begleiten dich!«, rief sie.
    »Ganz sicher nicht!« Ragnar warf ihr einen verärgerten Blick zu. »Ich habe zu tun. Ich werde erwartet, und ihr würdet mich nur aufhalten!«
    Tora sperrte die Augen auf.
    »Dann bist du der Thul, nach dem die Kentauren geschickt haben?«
    »Tora!«, rief Kunar.
    Seine Mahnung kam jedoch zu spät.
    »Das muss ich schon sagen«, brummte der Thul nach einer langen Schrecksekunde. »Kinder wie euch muss man wirklich suchen. Woher wisst ihr nun das schon wieder?«
    »Ein Verbündeter hat es uns erzählt«, sagte Charlie und beobachtete dabei Ragnar genau.
    Er hob die Augenbrauen.
    »So, so«, sagte er.
    »Ein Verbündeter … und wer mag das wohl sein? Und von welch einem Bündnis sprichst du da?«
    Charlie schüttelte den Kopf.
    »Das darf ich nicht verraten«, sagte sie und dachte an Biarn, der ihnen zum Schutz seiner Quellen einen Schwur abverlangt hatte. »Aber ich gehe davon aus, dass wir alle das gleiche Ziel verfolgen.«
    Ihre Aussage war gleichzeitig eine Frage. Ragnar antwortete ausweichend.
    »Ich gehe auch davon aus«, erwiderte er.
    »Wir sind ja wohl kaum gefährlich für dich!«, platzte Tora dann heraus.
    Der Thul sah sie erstaunt an, dann lächelte er.
    »Eure magischen Kräfte habt ihr noch nicht besonders lange, was?«, fragte er ironisch. »Wenn ihr euch eurer Macht gegenüber einem einfachen Mann nicht bewusst seid …«
    Tora machte ein verblüfftes Gesicht.
    »Ach ja«, murmelte sie etwas lahm.
    Charlie verstand Ragnars Haltung. Er hatte keine Angst vor ihnen und ihren magischen Kräften. Da er keine Tätowierungen trug, mussten sie davon ausgehen, dass er keine magischen Fähigkeiten besaß. Aber er strahlte Kraft aus …
    Woher nahm Ragnar diese Selbstsicherheit? Vertraute er einfach nur auf seinen Instinkt?
    Ragnars Fylgja war mehr, als bloß ein ausgewachsener Wolf mit kräftigem Körperbau. Ragnars Begleiter strahlte geballte Energie aus. Charlie hatte sie selbst erlebt – stark und furchteinflößend … und furchtlos. Der Wolf hatte die Sphinx und den Bären mit unanfechtbarer Selbstsicherheit angeführt.
    In einer Welt wie dieser musste man wohl furchtlos sein, wenn man ohne magische Fähigkeiten den Weg des Widerstandes einschlug.
    Ragnar bewegte sich auf einem schmalen Grat – seine Geschichten konnten ihn für immer von dieser Welt verschwinden lassen.
    Weshalb verlangten die Kentauren nach genau diesem Thul? Was verbarg Ragnar oder was wusste er, was für das Pegasusvolk von Bedeutung war?
    »Wir suchen die Kentauren«, sagte Charlie dann auf einmal. »Ich habe eine Frage, die nur sie mir beantworten können.«
    »Ihr sucht die Kentauren. Na, wenn das kein Zufall ist«, reagierte Ragnar mürrisch.
    Charlie nickte vielsagend.
    »Ganz genau«, sagte sie. »Du redest doch ständig von Schicksal!«
    Ragnar lachte laut auf, es klang fast wie ein Bellen.
    »Und ihr wollt mir weismachen, dass ihr mich nicht absichtlich aufgesucht habt?« Er sah herausfordernd in die

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