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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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Gesichter der drei Jugendlichen. »Na, lasst mal«, fuhr er dann etwas versöhnlicher fort. »Mein Instinkt sagt mir, dass es nicht so ist.«
    Ragnar überlegte intensiv.
    »Also gut«, knurrte er nach einer Weile. »Allerdings weiß ich nicht, ob die Kentauren euch so freudig empfangen werden. Sie sind den Menschen und vor allem der Magie gegenüber sehr skeptisch. Ich vermute wohl ganz richtig, dass ihr mir nicht erzählen wollt, was euch ins Innere von Jättehem treibt?«
    »Richtig«, antwortete Charlie. »Um ehrlich zu sein, wissen wir nicht einmal, ob uns deine Kentauren helfen können. Es gibt viele von ihnen in den Bergen, oder?«
    Ragnar nickte.
    »Also gut«, sagte er. »Auf nach Trymhem in Jättehem!«
     
    Ein Pfad führte vom Hof auf die Bergkette zu. Bereits die ersten kleinen Erhöhungen waren mit glitzerndem Schnee bedeckt. Charlie fragte sich, wie lang und strapaziös der Weg nach Trymhem wohl werden würde. Es sah so aus, als ob der Winter den drei Freunden doch noch das Leben schwer machen würde.
     

14. Charlie und Sora
     
     
    D as Leben hoch über dem Trymfjord bot im Winter nicht viel Abwechslung. Kurze, aber heftige Schneestürme lösten sich gegenseitig ab und wurden nur gelegentlich von eisigen Tagen mit viel Sonne unterbrochen, an denen die weiße Ebene glitzerte wie eine Million Edelsteine.
    Wenn der Schnee in wirbelnden, fast undurchdringlichen Wolken über das karge Gebirge fegte, drängten sich die Pegasusherden in ihren Unterständen zusammen und glichen einer einzigen großen Schneewehe. Sogar der schwarze Hravn ging da in ihrer Mitte unter.
    Zweimal am Tag kämpfte sich eine kleine Gruppe Kentauren, mit gesenkten Köpfen und bis zur Unkenntlichkeit vermummt, den Weg zu den Herden frei. Sie versanken tief im neu gefallenen Schnee und verdankten es lediglich ihren vier langen Beinen, dass sie nicht alle paar Meter um ihr Gleichgewicht ringen mussten.
    Schwieriger gestalteten sich diese morgend- und abendlichen Fütterungszeiten für Sora, die es sich nicht nehmen ließ, persönlich nach ihrem Schützling zu sehen.
    Auch als sie diesmal zurück in den Kentaurenstall kam, sah sie wie ein Schneemann aus.
    Libra schüttelte lachend den Kopf, als Sora zum Tor herein stapfte und einen Arm voll Brennholz in den Korb am Eingang fallen ließ.
    »Hravns Ausbildung geht wohl zurzeit langsam voran«, bemerkte sie mit einem Augenzwinkern.
    Sora klopfte den Schnee ab und verzog das Gesicht. Das Tor wurde von neuem aufgestoßen und herein trabten Pollux und Gemini – ebenfalls von Kopf bis Huf mit Schnee bedeckt und mit je einem Arm voller Brennholz.
    »Was für ein Wetter«, schimpfte Gemini und schälte sich aus ihrer dicken, pelzigen Wildlederjacke. Pollux wälzte sich bereits ausgiebig im trockenen Stroh, sprang auf die Beine, schüttelte sich und sah aus wie ein einziger, stacheliger Strohballen. Gemini schürzte die Lippen, griff nach einem Bündel Stroh und begann – demonstrativ gesittet – ihr schneenasses Fell damit trockenzureiben.
    »Morgen klart es auf!«, sagte Pollux bestimmt und ließ sich, stachelig wie er war, neben dem großen Holztisch nieder. Er zupfte sich dabei einige lästige Strohhalme aus dem Rauschebart.
    Libra stellte lachend ein Tablett mit vier Tassen dampfendem Tee und frisch gebackenem Kuchen auf den Tisch.
    »Vielleicht hast du recht, mein Sohn«, sagte sie und zog ihm zärtlich einen extra langen Strohhalm aus seiner fuchsfarbenen Mähne.
    Gemini verdrehte die Augen.
    »Als ob er schon einmal mit seinen Wettervorhersagen recht behalten hätte«, murmelte sie so leise, dass nur Sora es hören konnte. Sora lächelte und ging mit ihrer Tasse Tee zum Kamin hinüber, wo sie einige Holzscheite nachlegte.
    »Wo ist Vater?«, fragte Pollux und sah sich überflüssigerweise im häuslichen Stall um, der lediglich aus einem großen Raum bestand. Einen stattlichen Kentaur wie Ursa Major konnte man kaum über-sehen.
    »Taurus hat die Ältesten zusammengerufen, um über die Jahres-planung zu sprechen«, klärte Libra ihren Sohn auf.
    Pollux schnaubte kurz auf.
    »Du meinst wohl, dass sie sich zu einer Kartenrunde versammelt haben und sich ordentlich betrinken!«, brummte Pollux.
    Libra lächelte und nippte an ihrem Tee. Ein belustigter Ausdruck lag auf ihrem schönen Gesicht.
    In Soras Kopf entstand das Bild einer zigarrenrauchenden Pokerrunde, in der in die Jahre gekommene Kentauren ihre Pferdekörper dekadent im Stroh ausstrecken und sich von Rüschen-Korsett tragenden

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