Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)
Gänge Asgârds zum Küchentrakt huschten, unterhielten sie sich leise.
»Was meinte sie mit das ist der Beweis ?«, flüsterte Aslak zu Hanna. Sie hatte den ganzen Weg zurück darüber nachgedacht und war nun zu einem Schluss gekommen.
»Balders Luftschiff Ringhorne wird in den alten nordischen Sagen erwähnt«, sagte sie. »Es wird auch als Todesschiff bezeichnet, also gehe ich davon aus, dass es so etwas wie ein Kriegsschiff ist. Balder soll laut Sage damit Mâne und Sol, also Mond und Sonne, auf ihrem Weg über den Himmel schützen. Wenn dieses Schiff so mächtig ist – und das ist es, wenn es von Schwarzelfen erbaut worden ist – weshalb nutzt Oden es dann nicht?«
Diese letzte Frage war eigentlich mehr eine Vermutung. Sie lebte noch nicht lange genug auf Godheim, um ausschließen zu können, dass Oden nicht ab und an ein Luftschiff über den Himmel steuerte.
Wie das klang!
Hanna schüttelte innerlich den Kopf darüber, dass sie überhaupt so etwas für möglich hielt.
Aber Fulla hatte eindeutig Luftschiff gesagt …
Aslak hielt inne.
»Nein, ich habe noch nie etwas von einem Luftschiff gehört«, stieß er hervor. »Und Oden würde es sich niemals nehmen lassen, mit solch einem Gefährt zu protzen! Er demonstriert gerne seine Macht und Überlegenheit, deshalb hält er sich auch Dutzende von Pegasus und kontrolliert die Elfenmilchernte!«
»Ganz genau!«, sagte Hanna. »Wenn Fulla recht damit hat, dass nur ein Raidho dieses Schiff steuern kann, dann wäre das der Beweis, dass Oden ein Hochstapler ist!«
Aslak nickte. Er war so aufgeregt, dass er wieder einmal bis über beide Ohren rot wurde.
»Wieso zerstört er das Schiff nicht, wenn es ihn doch verraten kann?«, überlegte Hanna.
»Das kann er nicht«, antwortete Aslak süffisant. »Nur Schwarzelfen können es zerstören. Er muss es also verstecken und gut bewachen. Er vertraut Kvaser offensichtlich sehr. Seine Bestechung ist ja auch wirkungsvoll. Odrörer, soviel das Herz begehrt! Vermutlich wohnt Kvaser sogar dort unten. Und wir dachten, der gesamte Südtrakt wäre bei Vollmond unbewacht. Gut, dass wir das vorher nicht gewusst haben. Wir hätten uns sonst niemals hinab gewagt!«
Hanna musste ihm recht geben. Es war reiner Zufall, dass Kvaser gerade nicht im Noatun Wache geschoben hatte. Offensichtlich kam er nur bei Vollmond gelegentlich heraus.
Was für ein Leben.
Aber der Odrörer schien es aufzuwiegen.
»Unser nächtlicher Ausflug hat sich wirklich gelohnt«, sagte Hanna zufrieden. Sie wusste zwar noch nicht, wie sich diese Information im Kampf gegen Oden als nützlich erweisen würde, aber sie war sich sicher, dass sie heute auf etwas äußerst Wichtiges gestoßen waren.
Hanna verabschiedete sich am Küchentrakt von Aslak, der ihr lächelnd eine gute Nacht wünschte. Dann begab sie sich auf direktem Weg nach Vingolf.
Hanna lag in dieser Vollmondnacht noch lange wach. Erst in den Morgenstunden fiel sie in einen tiefen Schlaf.
18. Die Gemeinschaft bricht auf
D er Monat Blide neigte sich dem Ende zu, doch der Schnee lag immer noch meterhoch auf der Hochebene von Trymhem in Jättehem. Seit fast einem Monat saßen sie nun schon fest. Ein Schneesturm hatte den anderen abgelöst und einen Aufbruch der Gemeinschaft unmöglich gemacht.
Doch sie waren nicht untätig gewesen. Jeden Tag begleiteten sie Sora und die Kentauren hinauf zum Pferch der Pegasus und sorgten für deren Wohlergehen.
Der Umgang mit den schneeweißen, geflügelten Tieren war durchaus dem mit Pferden zu vergleichen: Sie mussten gefüttert, getränkt und gestriegelt werden, und auch ihre Hufe bedurften regelmäßiger Pflege.
Hravn ließ sich weiterhin nur von Sora anfassen, doch der schwarze Hengst erduldete zumindest die Nähe der anderen.
Libra und Ursa Major waren liebevolle Gastgeber. Charlie, Kunar und Tora halfen, wo sie nur konnten.
Die Gemeinschaft wuchs zusammen. Um sich die Zeit zu vertreiben und sich für die Konfrontation mit Oden zu wappnen, begannen sie sich gegenseitigen Magieunterricht zu geben.
Sora wurde in alles eingeweiht, woran sich Charlie und Tora aus Biarns Unterricht erinnern konnten. Ihre ersten Versuche zur Kanalisierung der Lagu-Kräfte verliefen vielversprechend. Unter Charlies Anleitung experimentierte sie mit dem ständig fallenden Schnee und übte täglich an dem Dreifingerschutz, den alle für überlebenswichtig hielten.
Charlie, Tora und Kunar arbeiteten auf höherem Niveau. Charlie suchte gezielt nach dem Zeichen
Weitere Kostenlose Bücher