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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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ihre Körper gelegt. Mit jedem Versuch, sich zu befreien, wurden sie noch mehr zusammengequetscht.
    Panik kam auf.
    Charlie konnte in der Finsternis nicht erkennen, was genau sie festhielt. Es war Nacht in Godheim.
    Kein Kreischen, keine Fluggeräusche. Also zumindest keine Nidhöggs unterwegs.
    Nur Sora war nicht gefesselt.
    »Nicht bewegen!«, befahl sie. »Das ist ein Fangnetz der Spürhunde. Bei jeder Bewegung zieht es sich noch enger zu!«
    »Ragnar? Falls du ein Messer in deiner Manteltasche hast, dann zwinkere!«
    Der Thul zwinkerte. Vorsichtig stöberte Sora in Ragnars Kleidern nach der Klinge.
    Charlie lag bewegungslos und ließ lediglich ihre Sinne wandern. Es war, als würde sie Fühler ausfahren und um sich tasten. Sie spürte Toras Angst, Ragnars unterdrückte Wut, Soras Anspannung und Kunars geduldiges Seufzen, als wären es ihre eigenen Gefühle.
    »Gefunden!«, rief Sora und begann, die Fesseln zu durchtrennen. Charlie fühlte, wie der Druck nachließ und atmete tief durch.
    Die Freunde lockerten ihre Muskeln und rappelten sich schließlich auf.
    Ragnar entzündete eine Fackel.
    Hravn stand verwirrt neben Sora. Er hatte jetzt wieder seine Flügel, doch er war immer noch schwarz wie die Nacht und zitterte leicht.
    Dann vernahm Charlie ein Wiehern unweit von ihnen.
    Eine unbeschreibliche Erleichterung durchströmte sie.
    »Das ist Gler! Er lebt!«
     
    Wenig später erreichten sie die verzweifelt gesuchte Schutzstätte hinter einem Hügel. Eine große Eberesche lag umgestürzt am Boden – ihr Wurzelteller ragte hoch in die Luft, zerbrochene Äste stachen zu allen Seiten unter der Baumkrone hervor, die wie ein gigantischer Busch den Boden bedeckte.
    »Der Baum muss einem Winter- oder Frühjahrssturm zum Opfer gefallen sein«, vermutete Ragnar. Die Wurzeln bildeten die Wand einer wettergeschützten Mulde. Gler trabte nun freudig heran und stupste Charlie in die Seite.
    »Hallo, mein Süßer«, murmelte sie in seine silberne Mähne. Sie sog selig den Geruch des Fells ein. »Ich hatte solche Angst um dich …«
    Kunar schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Der dumme Gaul muss die ganze Zeit gewusst haben, wo die Eberesche ist. Anstatt uns hinzuführen, lässt er uns in einen Nidhöggsangriff laufen und bringt sich dann selbst in Sicherheit!«
    »Na, ganz so dumm kann er ja auch nicht sein«, erwiderte Tora. »Immerhin scheint er sich als einziger von uns daran erinnert zu haben, wo die Schutzstätte lag. Vermutlich hat er sich die ganze Zeit gefragt, weshalb wir ständig daran vorbeilaufen!«
    Charlie war einfach froh, dass es Gler gut ging. Der schnaubte ihr ins Ohr und Charlie lächelte erleichtert.
    »Jedenfalls hat er keinen einzigen Kratzer abbekommen, dieser Glückspilz«, sagte Kunar. »Wir dagegen …« Er rieb sich seine Arme. »Was war das für ein verfluchtes Netz? Es hat mich verschnürt wie einen Hippogriffbraten! Je mehr man sich wehrte, desto tiefer zogen sich die Maschen ins Fleisch. Ich bin voller blauer Flecken.«
    »Ich kenne die Fangnetze der Spürhunde. Sie werden nur gegen denkende Wesen eingesetzt. Bei Tieren ist das Netz verboten, deshalb blieb Hravn verschont. Und weil ich bereits an seiner Flanke klebte, hat es mich auch verfehlt. So konnte ich euch mit durch den Nebel ziehen. Wir hatten riesiges Glück.«
    »Aber wie funktioniert es?«, fragte Charlie. »Ich denke, bei euch gibt es keine Magie?«
    »Ich weiß nicht genau. Es handelt sich um ein organisches Material, das sich bei Berührung mit Bewegungsenergie zusammenzieht«, antwortete Sora.
    »Glücklicherweise lässt es sich leicht durchschneiden«, knurrte Ragnar und streckte seine Hand aus. »Ich hätte meinen Dolch gerne wieder«, wandte er sich an Sora. »Er hat seinen Dienst erfüllt.«
    »Ja, natürlich«, sagte Sora. »Ein gutes Messer«, sagte sie. »Sehr scharf.«
    Ragnar lächelte nachsichtig.
    »Kein Messer, sondern ein Dolch«, sagte er. »Hier, siehst du die beiden scharfen Schneiden?«
    Charlie betrachtete die Waffe in Ragnars Hand genauer. Sie schimmerte matt grün im Licht der Fackel.
    Vor ihrem inneren Auge tauchte eine Szene auf: Ein älterer Mann übergab einem jungen Mann einen Dolch …
    » Du bist der junge Mann aus meiner Vision!«, stieß sie hervor.
    Ragnar runzelte die Stirn. Rasch ließ er die Stichwaffe in seinen Gürtel verschwinden. Zwei tiefblaue Augen blickten ihr gereizt entgegen.
    »Was für eine Vision?«, fragte er irritiert.
    Charlie fixierte ihn immer noch.
    Zwei tiefblaue Augen …
    Das

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