Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)
inmitten eines Heeres von Nidhöggs wieder. Doch keines der vampirähnlichen Wesen nahm Notiz von ihr. Sie zogen zielstrebig an ihr vorbei, und Charlie sah sie schließlich im dichten Nebel verschwinden – einen nach dem anderen … Und sie kannte ihr Ziel …
Genau in dem Moment, als es ihr bewusst wurde, sah Charlie Nidhögg-Scharen am Flussufer von Storby aus dem Nebel herauskommen und über das gefrorene Wasser gleiten. Einer von ihnen berührte sie fast, und ein zweiter flog direkt auf sie zu. Er trug einen grünen Anhänger – aus Irminsul, dem Pfeiler Godheims!
Charlie fuhr schreiend von ihrem Nachtlager hoch. Hastig grub sie in ihrer Manteltasche nach den letzten Stücken Irminsul, die Bivor nicht für Toras Halsschmuck verwendet hatte.
Ihre Gefährten schreckten von ihren Schlafplätzen auf.
»Was ist denn los?«, fragte Tora.
»Ich kenne das Geheimnis des grünen Steins! Irminsul … der Pfeiler Godheims ... das ist es tatsächlich!«, stieß Charlie aufgewühlt hervor.
»Was? Du hast schlecht geträumt, Charlie«, rieb sich Tora die Augen und legte sich wieder hin.
»Ja, ganz genau!«, entgegnete ihr Charlie. »Schon vergessen? Eine Lagu erhält Einsicht durch Geduld, Intuition und Träume !«
In ihren Augen blitzte es auf.
»Ich habe es gesehen ! Eigentlich schon in der Nornenvision, doch ich habe es nicht verstanden, aber nun … der Nidhögg, der zur Zecke wurde! Warum ist es mir nicht sofort klar geworden? Das Irminsul ist dafür verantwortlich, dass es auf Godheim magische Tiere gibt!«, rief sie. »Ohne das Irminsul verwandeln sie sich zu Fliegen, Zecken, Hauskatzen und zu einfachen Pferden!«
Damit hatte sie das Interesse von Tora, Kunar, Sora und Ragnar geweckt.
»Du meinst …«, begann Kunar.
»Ja!«, unterbrach ihn Charlie. »In der Nornenvision schickte Oden Hunderte von Nidhöggs zur Erde! Was sollte das bringen, wenn sie dort zu Zecken werden? Und jetzt in meinem Traum …«
Charlie atmete tief durch. Sie sah ihre Freunde mit durchdringendem Blick an.
»Einer der Nidhöggs trug einen Irminsulanhänger. Ich habe ihn ganz deutlich gesehen, und der alte Mann in einer anderen Nornenvision …«
Sie stockte und starrte Sora an.
»Oh, mein Gott!«, stieß Charlie hervor. »Es war Altair! Er hat experimentiert. Er fand das Besondere an Godheim heraus! Das Libellenwesen auf seiner Schulter … es war ein Test! Deshalb war es so erregt! Und … und Oden kennt das Geheimnis! Er weiß, was das Irminsul bewirkt!«
»Godheims Pfeiler«, murmelte Kunar blass. »Es durchzieht ganz Godheim, sagte Andvare – bis auf die Felseninsel Asgârd!«,
»Aber natürlich!«, hauchte sie, als sie plötzlich verstand.
»Dieser verdammte …!«, stieß Tora wutentbrannt hervor.
»Ganz genau! Dieser verdammte Mistkerl!«, sagte Charlie. »Oden ist auf seiner Insel vor allen magischen Tieren sicher! Die Nidhöggs wissen wahrscheinlich nicht einmal, welchen Schatz sie mit sich tragen!«
»Wovon redet ihr denn da?«, fragte Sora verwirrt. »Wenn Irminsul für Hravns Veränderung verantwortlich ist, weil es den gesamten Planeten durchzieht, wie ist es dann möglich, dass Asgârd davon ausgeschlossen ist?«
Charlie runzelte die Stirn.
Das war durchaus eine berechtigte Frage.
»Aber Andvare hat es doch genau so gesagt, oder?«, fragte sie verunsichert.
Tora und Kunar nickten.
Doch Sora ließ nicht locker.
»Wenn es ausreicht, dass sich Irminsul im Erdreich befindet, um Tiere wie Hravn und diesen Drachen zu verwandeln, weshalb reicht diese Kraft dann nicht bis nach Asgârd? Heißt es tatsächlich, dass Hravn dort zu einem einfachen Pferd werden würde, oder bedeutet es lediglich, dass Asgârds Untergrund kein Irminsul enthält? Wenn die Wirkung des Irminsuls durch die Erdschichten reicht, müsste es doch auch bis nach Asgârd wirken!«
Alle schwiegen. Sie wussten darauf keine Antwort. Nach einer Weile räusperte sich Kunar und sagte:
»Noch ein weiterer triftiger Grund, Hanna zu befreien! Sie wird Antworten auf unsere Fragen haben!«
Sie erreichten Fensals Handelsweg ohne weitere Zwischenfälle. Charlies Angst, aufzufallen – immerhin hatten sie einen Pegasus dabei – erwies sich als völlig unbegründet.
Auf der Straße herrschte reges Treiben. Ganz Godheim schien auf den Beinen zu sein, und alle Reisenden zog es zum Großen Rennen. Menschen aller Altersgruppen, ganze Familien und Männer mit Reittieren aller Art waren unterwegs, um dem größten Godheim-Ereignis seit sieben Jahren
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