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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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Erde gehört.
    War es möglich, dass Tora gesund werden wollte und das Wasser nur deshalb geholfen hatte?
    »Daran habe ich noch gar nicht gedacht«, sagte Charlie zögerlich.
    »Man müsste es an jemandem ausprobieren«, schlug Tora vor. Es blitzte kurz in ihren Augen auf.
    »Du meinst heimlich? Das gefällt mir nicht. Vielleicht möchte derjenige gar nicht von seinen Gefühlen befreit werden. Ich kann doch nicht einfach für jemanden anderen entscheiden.«
    »Wieso nicht?«, fragte Tora. »Wer will denn schon freiwillig leiden? Mir hat es geholfen. Und abgesehen davon bin ich nicht von meinen negativen Gefühlen befreit worden, sondern …«
    Sie zögerte und suchte nach den richtigen Worten.
    »Nun ja, ich konnte wieder klar denken – nach dem Schock. Es war, als würde alles ins rechte Licht gerückt werden und in meinem Kopf auf die richtigen Schubladen verteilt werden … wenn du verstehst, was ich meine.«
    Charlie glaubte zu verstehen, zweifelte aber dennoch.
    »Trotzdem«, sagte sie nach einer Weile. »Ich würde nicht wollen, dass jemand das für mich entscheidet. So etwas will ich schon selbst bestimmen. Medizin kann wirken, hat aber womöglich auch Nebenwirkungen. Da möchte man doch selber wählen, ob man die in Kauf nimmt, um dafür etwas anderes loszuwerden.« Tora wirkte gereizt. Sie sah das offenbar anders.
    »Ja, vielleicht hast du Recht«, sagte Charlie deshalb widerwillig. Sie hielt sich absichtlich zurück, denn sie wollte sich nicht mit Tora streiten. Charlie war heilfroh, dass Tora überhaupt wieder mit ihr sprach.
    »Ich glaube, der Zweck heiligt die Mittel«, sagte Tora. »Manchmal muss man jemanden zwingen oder überreden, um ihm zu zeigen, was gut für ihn ist.«
    »Ich weiß nicht …«, sagte Charlie. Ihr war gar nicht wohl bei diesem Gedanken. »Ich lebe lieber nach dem Motto, was du nicht willst das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu «, erklärte sie und hoffte, dass Tora annähernd verstand, was sie damit meinte.
    Tora schwieg.
    »Na gut«, sagte Charlie nach einer Weile. »Wenn du meinst …«
    Mit einem Blick nach oben befand sie: »Die Sonne geht unter. Wir können die Blüten jetzt abschöpfen.«
    Charlie entfernte die Lindwurmblutkraut-Blüten mit einem Holzlöffel. Dann füllten die beiden Mädchen Bils Tonkrüge. Sie verschlossen die bauchigen Gefäßchen mit den dafür vorgesehenen Stöpseln, aber nicht bevor Charlie sich noch einmal von der Wirkung des Wassers überzeugt hatte.
    Zufrieden betrachtete Charlie ihr Werk. Sie hatte recht gehabt. Die Blüten des Lindwurmblutkrautes gehörten in dieselbe Kategorie wie das Reginkraut. Das Wasser hatte durch das Sonnenbad die Energie der Blüten übernommen und Charlie besaß nun ihre erste Seelenmedizin auf Lager.
    »Morgen ist Doppelvollmondnacht«, verkündete Tora plötzlich. »Ich habe die Schwarzelfen darüber reden hören, als du vorhin unterwegs warst.«
    Charlie horchte aufgeregt auf.
    Endlich! Sie hatte so lange darauf gewartet.
    Es war bereits Ende Blot-Monat und Charlie hatte jede Nacht beobachtet, wie die Scheibe des Godheimmondes größer wurde. Charlie wusste, dass in dieser Zeit Alvablotet gefeiert wurde – das Opferfest zur Doppelvollmondnacht.
    Alvablotet war der Grund dafür, dass Charlie noch immer bei den Schwarzelfen war. Denn eigentlich hatte sie vorgehabt, so schnell wie möglich aufzubrechen. Ihre Träume, das Orakel und alles, was sie im vergangenen Jahr erfahren hatte, ließen nur einen Schluss zu: Sie musste die junge Frau suchen, die ebenso wie sie selbst durch den Nebel nach Godheim gekommen war. Die Frau mit den dunkelblonden Haaren und den braunen Augen, die den dritten Teil des Amuletts besaß. Charlie wollte Antworten auf ihre Fragen.
    Wer war sie selbst? Weshalb forderte das uralte Runenorakel gerade sie auf zu handeln? Wer war die unbekannte Frau und welchen Zusammenhang gab es zu ihr? Weshalb besaß sie so wie Charlie ein Bruchstück eines uralten Amuletts, das als einziges die Tore zwischen den Welten öffnen konnte? Und was hatte dieser alte Magier mit dem langen, grauen Bart damit zu tun?
     
    Und dann waren da noch ihre grünen Träume, der Drache, die Sphinxe, die neue Waffe, von der das Orakel sprach, Biarns Rolle in dem Ganzen und nicht zuletzt das Problem Hanna. Alles Dinge, die gelöst werden wollten.
    Hier bei den Schwarzelfen war Charlie zwar in Sicherheit, aber es brachte sie nicht weiter. Hier bekam sie keine Antworten, hier konnte sie nicht handeln, so wie das Orakel es

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