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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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oben. Die ersten warmen Sonnenstrahlen suchten sich bereits ihren Weg in die Schlucht. Und plötzlich ging alles ganz schnell! Wie aus dem Nichts bildete sich unterhalb der Abbruchkante Nebel. Er wurde immer dichter und begann in rasendem Tempo die Klippen hinaufzuklettern. Bald schoss er über die Kante des Jättestols hinweg und hüllte Sora und Hravn in ein dichtes, feuchtes Weiß. Sich jetzt zu bewegen, wäre sehr gefährlich gewesen, denn die Sicht war gleich Null.
    Aus Erfahrung wussten Sora und Hravn, dass der Nebel fast genauso schnell verschwand, wie er gekommen war. Bisher hatte er sich niemals länger als eine gute Viertelstunde gehalten. Sora streckte ihre Hand nach hinten und berührte Hravns Brust, die sich warm und vertraut anfühlte. Sie konnte den Atem des Pegasus im Nacken spüren und sie wartete.
    Sora konnte sich sehr gut daran erinnern, wie sie dieses Schauspiel zum ersten Mal erlebt hatte. Gemini hatte ihr die Klippen von Trym-fjord gezeigt. Starr vor Schreck stand sie damals da, als der Nebel aus dem Abgrund über die Abbruchkante strömte und sie einhüllte. Das dichte Weiß verschluckte alle Geräusche. Sora registrierte, wie sich ihr Amulett erwärmte. Instinktiv griff sie danach. Mit einem Mal hörte sie jemanden ihren Namen rufen – und kurz darauf berührte Gemini sie an der Schulter. Der unheimliche Bann war gebrochen. Vor Schreck ließ Sora das Amulett auf das Hemd fallen, und mit einem Schlag kehrten alle Geräusche um sie herum wieder zurück. Der Nebel verzog sich und Gemini sah Sora lachend an.
    »Umwerfend, nicht wahr?«, sagte Gemini strahlend.
    Ja, umwerfend und atemberaubend.
    Und fast zurück auf Euripides!
     
    Seit diesem Erlebnis hatte Sora das Amulett bei Nebel stets auf dem Hemd getragen. Offensichtlich brauchte es, um seine Wirkung zu entfalten, Körperkontakt.
    So gerne Sora auch ihre Freunde wiedersehen wollte, so durfte sie es doch nicht riskieren, nach Euripides zurückzukehren, wo die Spürnasen sie gefangengenommen hätten.
    Erst musste sie das Rätsel um Rheas Grabinschrift lösen und sich über ihre Rolle in dem Orakel klar werden.
    Aber das Naturschauspiel hatte Sora in seinen Bann gezogen. Deshalb kam sie, so oft es ihr möglich war, auf den Jättestol, um Euripides zumindest gefühlsmäßig so nahe wie möglich zu sein.
     
    Sora atmete tief durch und starrte in den undurchdringlichen Nebel. Ihre Gedanken wurden fortgetragen. Es war, als würde der Nebel in ihr Gehirn eindringen.
    Plötzlich fand sie sich inmitten einer kreisrunden Wiese wieder, auf der ein kleines Blockhaus stand. Hinter dem Haus ragten schneeweiße Steine aus dem Boden. Sie bildeten einen großen, meterhohen Steinkreis. Nicht weit davon entfernt stand ein alter Mann mit langem, grauem Bart und betrachtete ein kleines Mädchen, das damit beschäftigt war, einen schwarzen Pegasus dazu zu bewegen, sich vor ihm niederzuknien. Ab und an schaute es zu dem Greis hinüber, der ihr zulächelte. Dann kam er zu ihr hinüber.
    »Bist du soweit?« Das Mädchen nickte und sah zum Pegasus hoch. Eine kleine Falte hatte sich auf ihrer Stirn gebildet. Der Mann lachte.
    »Du wirst es ihm schon beibringen, da bin ich mir sicher«, sagte er gutmütig. Dann schwang er sich erstaunlich behände auf den Rücken des Tieres und reichte dem Mädchen die Hand.
    »Wo fliegen wir hin?«, fragte es und setzte sich hinter dem Mann zurecht. Der alte Mann trieb den Pegasus an.
    »Nach Trymhem in Jättehem«, sagte er. »Es wird dir dort gefallen. Sie züchten dort Pegasus.« Das Mädchen strahlte.
     
    Bald darauf stand das Mädchen auf einer Bergwiese. Weiße Pegasus grasten friedlich in der Ferne, doch der Frieden trog. Böses war am Werk und hatte auch Trymhem in Jättehem erreicht. Beklemmung lag in der Luft und das Gefühl von Ohnmacht und Angst.
    Der alte Mann kniete vor dem Mädchen nieder. Das Kind stand aufrecht da und sah den Mann wortlos an. Es kämpfte mit den Tränen.
    »Du bekommst das Amulett deiner Patin, der Königin von Norath, zurück«, sagte er dann. »Allerdings nur einen Teil davon, denn es gibt noch jemanden, der in diesen dunklen Zeiten die Hilfe dieses Steines braucht«, sagte der Greis und lächelte dem Mädchen zu. »Trage es stets bei dir. Es wird dich schützen und es wird mir zu gegebener Zeit ermöglichen, dich zu finden, egal wo du verweilst.« Er holte eine Kette hervor, an dessen Ende ein weißer Stein baumelte und hängte sie dem Mädchen um den Hals.
    »Komm jetzt«, sagte er nach einer

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