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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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Welt.
    Die dunklen Mauern, von denen aus Oden so grausam herrschte, traten deutlich vor dem blauen Hintergrund hervor. Die vier hohen Türme ragten empor wie mächtige Wächter – für jede Himmelsrichtung einer.
     
    »Kommt herein«, rief eine helle Stimme.
    Sie erkannte Sigrid im Türrahmen stehen.
    Schnell folgte sie Tora und Toroi ins Innere.
    Das Häuschen hatte nur zwei Zimmer und war so vollgestopft mit Hausrat, dass Charlie das Gefühl bekam, wieder zur Tür hinaus gedrückt zu werden.
    Sigrid empfing ihre Besucher herzlich, obwohl ihr unruhiger Blick ständig zum Nebenzimmer glitt.
    »Seid willkommen«, sagte sie. »Ich habe gehört, dass es deinem Bruder wieder besser geht. Das ist eine gute Nachricht. Nur allzu oft gehen solche Marmenillen-Angriffe böse aus.«
    »Ja«, sagte Tora und konnte ihre Freude nicht verbergen. »Wir sind sehr froh darüber. Vielen Dank für all eure Hilfe und Anteilnahme.« Dann senkte sie den Blick und räusperte sich. Sie sah zur Tür des Nebenzimmers hinüber, die einen Spalt breit offen stand.
    »Es tut uns sehr leid«, sagte sie. Sigrids Augen füllten sich mit Tränen. Charlie schluckte.
    Welche Ängste stand diese gute Frau aus? Dort drüben lag ihre älteste Tochter. Sie war so gut wie unheilbar krank, nur ein Wunder oder ein mächtiger Raidho konnte sie von der Mara befreien.
    »Wir würden gerne helfen«, sagte Charlie vorsichtig. »Wenn wir irgendetwas tun können …«
    Sigrid schluchzte auf und wischte sich verstohlen eine Träne aus dem schmalen Gesicht. Sie musste einmal sehr schön gewesen sein, denn man konnte die ehemals fröhlichen Züge unter den Sorgenfalten erkennen. Zu viele Schicksalsschläge hatten ihre Spuren hinterlassen.
    Charlie und Tora hatten bereits am Mittagstisch ihre Geschichte erfahren. Arne war Sigrids zweiter Mann. Ihr erster war bei einem Brand ums Leben gekommen, den Oden veranlasst hatte. Sigrid und ihre Tochter Fina hatten alles verloren – Haus, Vater und Ehemann. Lediglich mit ihren verrußten Kleidern am Leib wurden sie zu Flüchtlingen, bis sie hier in diesem kleinen Fischerdorf ein neues Zuhause fanden.
    Arne nahm sich ihrer an, und Sigrid schenkte ihm zwei gesunde Söhne – Zwillinge.
    Doch nur ein Jahr später suchte das Unglück die Familie erneut heim. Bei einem Raubzug der Bärsärker wurde einer ihrer Söhne entführt.
    »Falls er noch lebt, ist er jetzt 16 Sommer alt, genauso wie sein Zwillingsbruder Arno«, hatte Toroi erzählt. »Er hieß Aslak.«
    Charlie sah Arno öfters. Er half häufig seinem Vater. Der lange, schlaksige Junge war sicher fast zwei Meter groß. Seine strohblonden Haare glitzerten in der Sonne, wenn er vornübergebeugt die Fischernetze reparierte. Und nun, nach all diesem Leid, hatte es Fina getroffen.
    Sigrid zögerte, doch dann sprach sie aus, was ihr Mann ihr im Vertrauen erzählt hatte. Sie wusste, dass Oski und Arne beschlossen hatten, nichts zu sagen, doch hier ging es um das Leben ihrer Tochter.
    »Arne hat mir erzählt …«, begann sie und druckste ein wenig herum.
    Was würde nun kommen?
    Charlie wartete mit einem mulmigen Gefühl im Bauch.
    Sigrid wusste es.
    Natürlich hatte Arne es gesehen. Die Marmenillen waren am Schutzzauber abgeprallt, wie von einer unsichtbaren Wand.
    Wie konnte sie nur gehofft haben, dass er es vergessen würde?
    Dann platzte es aus Sigrid heraus. Mit einem seitlichen Blick auf Toroi, die nach ihrem Gesichtsausdruck zu urteilen nicht Bescheid wusste, flehte sie:
    »Arne sagt, du seist ein Magier. Oder dass du zumindest magische Kräfte besitzt.«
    Charlie starrte auf ihre Füße. Dann hob sie den Kopf.
    »Ja, es stimmt«, sagte sie mit fester Stimme.
    »Charlie!«, versuchte Tora sie zu bremsen. Aber Charlie hörte nicht auf sie.
    »Ich bin ein Bjarka und ich würde gerne helfen, wenn ich kann. Aber … ich … ich …«, stotterte Charlie. »Ich weiß nicht, ob ich es kann.«
    Alle schwiegen, nur Sigrid schluchzte leise vor sich hin und knetete ihre Hände ineinander. Die Angst war ihr ins Gesicht geschrieben.
    »Ich bin ein ungetaufter Bjarka. Es ist eine lange Geschichte«, sagte Charlie schnell.
    Toroi starrte sprachlos auf ihren Gast. Sie hatte einen illegalen, ungetauften Magier beherbergt?
    Gab es solche denn überhaupt? Weshalb sollte jemand seine magischen Kräfte verbergen wollen?
    »Ich muss euch bitten, mir keine Fragen zu stellen«, fuhr Charlie fort. »Ihr könnt aber davon ausgehen, dass ich gute Gründe habe, mich versteckt zu halten ...«
    »Wie

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