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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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zu Gewaltausbrüchen und leidet unter Horrorvisionen. Zuletzt wird der Besessene ganz apathisch und starrt nur noch vor sich hin, er ist nicht mehr ansprechbar, kann aber jederzeit plötzlich wieder loswüten. Viele Mara-Opfer begehen Selbstmord. Das ist jedenfalls alles, was ich von Tyrvi erfahren habe. Ob es stimmt oder ob sie uns nur Angst machen wollte, das weiß ich nicht«, erklärte Tora.
    Charlie saß nachdenklich an Kunars Fußende.
    »Also muss ein Magier Arnes Tochter die Mara geschickt haben …«
    Kunar ließ die leere Schüssel auf seine Bettdecke sinken.
    »Willst du noch mehr?«, fragte Charlie. Kunar schüttelte den Kopf und schloss die Augen. Er zitterte etwas.
    »Später«, murmelte er. Dann schlief er ein.
    »Das ist gut«, flüsterte Tora. »Er soll sich gesundschlafen.« Dann kam sie zum Thema zurück:
    »Und Toroi hatte gesagt, dass – wie hieß sie – Arnes Tochter …?«
    »Fina«, antwortete Charlie.
    »Dass Fina seit Alvablotet von der Mara gequält wird?«
    Charlie bejahte.
    »Es müssen Odens Bärsärker gewesen sein«, meinte Tora düster.
    »Ja, daran habe ich auch schon gedacht«, sagte Charlie. »Hast du übrigens mal was von Gudalokiblüten gehört?«.
    Tora schüttelte den Kopf.
    »Sie sollen gegen die Mara helfen. Allerdings sollen auch in Met eingelegte, grüne Spinnenbeine helfen«, sagte Charlie und verzog das Gesicht. »Sie sind eklig und haben kein bisschen Heilenergie. Wenn man nicht schon krank ist, wird man es davon bestimmt!«
    Tora grinste.
    »Es gibt noch mehr so ekliges Zeug. Man sagt, dass Flügel der Mörkveden-Ameise gegen Blindheit aufgrund eines Fluches helfen sollen, und die glitzernden, schwarzen Augen des Skarabäus sollen gegen Fluchpocken gut sein«, erzählte sie.
    »Fluchpocken? Sind das Pusteln, die man aufgrund eines Bannes bekommt?«, fragte Charlie.
    »Ganz genau. Aber ob irgendetwas von dem Zeug hilft … ich bin da skeptisch«, antwortete Tora.
    Charlie konnte ihr nur beipflichten.
    »Obwohl gemahlener Nidhöggzahn tatsächlich hilft«, überlegte Charlie dann.
    »Ja, aber nicht gegen etwas, das durch einen Fluch entstanden ist. Vielleicht nützen die Skarabäusaugen ja tatsächlich. Aber bestimmt nur gegen normale Beulen!«, sagte Tora nachdrücklich.
    »Du meinst also, dass man gegen Flüche nicht viel ausrichten kann?«, fragte Charlie.
    »Hat Biarn nicht so etwas Ähnliches gesagt? Ein Bann kann nur durch einen mächtigen Magier aufgehoben und gebunden werden?«, gab Tora zurück.
    Stimmt.
    Charlie erinnerte sich an die Oden-Taler, die einen Bann in Form eines Galders trugen. Nur ein Raidho konnte laut Biarn die Kräfte binden, sodass sie wirkungslos wurden.
    »Ich werde mir diese Gudalokiblüten trotzdem einmal ansehen«, sagte Charlie. »Schaden kann es ja nicht.«
    Am Nachmittag folgten sie Toroi zu Arnes Haus. Obwohl sie sich schon fast eine Woche in dem kleinen Fischerdorf aufhielten, hatten sie von dem Leben um sich herum nicht wirklich viel mitbekommen. Kunars Pflege hatte all ihre Aufmerksamkeit in Anspruch genommen.
    Es war immer noch ungewöhnlich mild für diese Jahreszeit. Charlie atmete den frischen Geruch von Salz und Tang tief ein.
    Das Dorf bestand aus sieben Holzhütten, die direkt an der Küste lagen. Um Sturmfluten vorzubeugen, hatten die Bewohner ihre Häuser auf Stelzen gestellt. Charlie hätte bequem unter Oskis Pfahlbau hindurch marschieren können. Unter den Häusern machten die Bewohner ihre Ruderboote fest.
    Zwischen den mächtigen Pfeilern, die das Haus trugen, spielte Torois Nachwuchs mit anderen Kindern Fangen.
    »Wir sind gleich wieder zurück! Ich bringe nur die Medizin für Fina in Arnes Haus!«, rief Toroi ihren Sprösslingen zu. Sie lachten, winkten und riefen durcheinander. Charlie war überrascht, dass es den Bewohnern trotz allem Leid, das ihnen widerfuhr, offensichtlich gut ging.
    »Wir versuchen unseren Kindern das Schlimmste zu ersparen«, sagte Toroi, als hätte sie Charlies Gedanken gelesen. »Sie erfahren die Qualen des Lebens früh genug. Selbstverständlich sehen sie – und erfahren auch – wie es anderen ergeht. Die meisten von ihnen wissen wohl mehr, als uns lieb ist.«
     
    Bei Arnes Haus angelangt, blieb Charlie auf den Stufen stehen und sah aufs Meer hinaus.
    Die Sicht war klar. Kein schützender Nebel umgab die Felseninsel vor der Küste, kein verschleierndes Tuch, das die mächtige Burg Asgârd umhüllte und den Anschein erweckte, dass sie weit, weit fort lag, irgendwo in einer anderen

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