Die Erben Der Flamme
immer anders aussieht. Das sind jedoch bei Weitem nicht alle Fabelwesen, die man mit den richtigen Augen sehen kann.
Während dieses schweren Gewitters gingen in Durham ein Mann und eine Frau mit ihren Fabelwesen am Fluss Wear spazieren. Neben dem Mann lief ein wunderschöner Greif. Sein Kopf und die Vorderklauen waren die eines Adlers, und sein Hinterteil glich dem eines Löwen. Der Frau folgte ein Mantikor, der den Körperbau eines Löwen besaß, den Schwanz eines Drachen und die Flügel einer Fledermaus. Sein Löwenkopf war mit den Hörnern eines Stiers ausgestattet. Gemeinsam bestaunten sie das schwere Gewitter am Abendhimmel.
»In diesem Land scheint auch niemals die Sonne, wenn ich zu Besuch komme. Ich erwische immer das typisch englische Wetter«, lachte der Mann und zupfte nachdenklich an seinem Zwirbelbart.
Die Frau ignorierte seinen Kommentar und schaute ihn ernst an. »Kann man den Zeichen Glauben schenken?«
»Ich fürchte ja, Manigunde! Sie sind eindeutig. Wir können nur hoffen und beten, dass er das Kind nicht vor uns findet.«
»Aber warum gerade jetzt? Viktor, ich verstehe es einfach nicht. Die Gefahr für das Kind war noch nie so groß wie zu dieser Zeit. Die Macht des dunklen Fürsten steigt erschreckend schnell von Jahr zu Jahr.« Schulleiterin Manigunde Greenbeery schüttelte verständnislos den Kopf.
»Warum es ausgerechnet jetzt passiert, solltest du in ein paar Jahren den Drachen fragen. Wobei ich glaube, dass dir die Antwort nicht gefallen wird. Du kannst dir jedoch sicher sein, dass der Drache weiß, was für ein Kind er auserkoren hat. Nicht umsonst hat es so lange gedauert, bis ein Großdrache sich ein Kind erwählt! Ich glaube, dass uns noch die eine oder andere Überraschung erwartet«, erklärte Schulleiter Viktor von Mühlenstein. »Aber als es begann, habe ich die Gefahren für das Kind und den Drachen erkannt. Ich habe die Großinquisitoren angewiesen, die Verstecke des dunklen Fürsten umgehend aufz usuchen. In diesem Moment sollten die Rapahner und Vampirjäger seinen Unterschlupf stürmen. Wobei ich vermute, dass der dunkle Fürst wiedermal entkommen wird. Jedoch werden heute Nacht eine große Anzahl seiner Anhänger gefangengenommen. Das wird ihn für eine Weile schwächen, hoffe ich.«
»Das war eine äußerst kluge Entscheidung. Aber dein Entschluss das Amt des Schulleiters der Schule Festung Rosenblut zu übernehmen, halte ich nicht für besonders klug. Nicht, dass du keinen guten Schuldirektor abgeben würdest - nein, in so schweren Zeiten wärst du als Oberster Magistrat, eine ausgezeichnete Wahl.«
Beide blieben stehen. Schulleiter Mühlenstein lächelte und zupfte wieder an seinem Zwirbelbart herum. »Das mag alles richtig sein. Ich glaube jedoch, dass ich unserer Welt mehr von Nutzen bin, wenn ich das Kind und den Drachen im Auge behalten kann, ihnen das nötige Wissen vermittle. Sofern die beiden überhaupt in diese Schule kommen. Es ist noch völlig unklar, in welchem Land das Kind geboren wurde. Es gibt einfach keine Informationen, wo es sich derzeit befindet.«
»Das ist äußerst beunruhigend! Es könnte bedeuten, dass das Kind in Gefangenschaft der Dunkelmagier geboren wurde«, en tgegnete Schulleiterin Greenbeery.
»Nein, nein! Der Drache hätte sich dann niemals das Kind als Begleiter ausgewählt, mag sein Herz noch so rein sein. Ich habe da eine ganz andere Vermutung. Wenn ich richtig liege, wären das Kind und der Drache erst einmal in Sicherheit«, e rwiderte Schulleiter Mühlenstein.
Schweigend gingen sie mit ihren Fabelwesen weiter am Fluss Wear spazieren und beobachteten das Gewitter.
***
Eine junge Frau Anfang zwanzig lief mit einem kleinen Bündel im Arm eine schwach beleuchtete Gasse im Bremer Norden en tlang. Sie befand sich auf dem Weg zu einem stark heruntergekommenen Gebäude am Ende der Gasse, einem Waisenhaus. Dort warteten in einem Gebüsch ein grauer und ein brauner Wolf auf sie. Als sie an den beiden Wölfen vorbeilief, sprangen sie aus ihrem Versteck.
Die junge Frau erschrak fürchterlich. Beinahe wäre ihr das kleine Bündel aus den Armen gefallen. Sie pustete eine ihrer braunen Haarsträhnen aus dem Gesicht und sah die zwei Wölfe erleichtert an. »Mutter, Vater! Gut, dass ihr gekommen seid! Ich hatte schon befürchtet, dass ihr meine Nachricht nicht erhalten habt.«
Die beiden Wölfe verwandelten sich augenblicklich in Menschen. Ihr Fell verschwand und stattdessen trugen sie eigenartige Kleider, die reich verziert mit
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