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Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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die uns das Haus in Ordnung halten und uns bedienen«, gab er zu bedenken. »Deshalb habe ich keinen allzu großen Palazzo gewählt, obgleich noch andere leer standen. Die meisten waren allerdings in keinem guten Zustand. Der Palazzo Dario schien mir ideal, in bester Lage, direkt am Canal Grande. Dort steht ein prächtiger Palazzo neben dem anderen, ein herrliches Bild! Glaub mir, das wird dir gefallen.«
    Clarissa dämpfte seine Begeisterung. »Das ist alles sehr schön, aber wir haben noch keine Lösung für unser Hauptproblem gefunden.«
    Er sah sie etwas irritiert an. Clarissa streckte den Arm aus und machte eine Handbewegung, die den Friedhof um sie herum zu erfassen schien.
    »Wie komme ich hier weg?«
    Lucianos Miene erhellte sich. »Oh, das meinst du. Wir müssen nur noch eine Stunde bis zum Wechsel der Gezeiten warten, dann kannst du ohne Schwierigkeiten in das Boot steigen. Ich werde dich so schnell wie möglich in die Stadt hinüberrudern, damit wir das Haus erreichen, ehe es zu schmerzhaft für dich wird.«
    Auf ihren zweifelnden Blick hin setzte Luciano eine zuversichtliche Miene auf und machte eine betont wegwerfende Handbewegung. »Das kriegen wir mit der Zeit schon hin. Keine Sorge. Wir können schließlich jede Nacht üben.«
    Clarissa war nicht so zuversichtlich wie er, widersprach ihm aber nicht.
    Sie trugen die beiden Särge zum Boot hinunter und versteckten sie unter einem schwarzen Tuch. Als die Glockentürme die nächste Stunde schlugen, reichte Luciano Clarissa die Hand und half ihr, in die Gondel zu steigen. Es schmerzte dieses Mal kaum, und so ließ sie sich erleichtert auf die gepolsterte Bank sinken, während Luciano sich ans Heck stellte. Mit dem Gesicht in Fahrtrichtung stieß er das lange, schmale Boot vom Steg ab und griff nach dem Riemen.
    »Ich habe gesehen, dass alle Venezianer das so machen«, beantwortete er Clarissas fragenden Blick. »Keiner rudert sein Boot im Sitzen mit dem Rücken zur Fahrtrichtung. Vermutlich ist es in den engen Kanälen nur so möglich, den Überblick zu bewahren und ohne Zusammenstöße zu manövrieren. Ich habe schon ein wenig geübt, aber ich sage dir, leicht ist es nicht, ohne schlingern voranzukommen und nicht das Gleichgewicht zu verlieren.«
    »Du machst das ganz wunderbar«, lobte Clarissa, die zunehmend Gefallen an der Fahrt fand. Der Nachtwind strich über ihr Gesicht und spielte mit ihrem Haar. Luciano kamen seine Vampirkräfte zugute, sodass die Gondel deutlich schneller die Fluten durchschnitt, als ein Mensch das hätte bewerkstelligen können, und die Stadt rasch näher kam. Bald konnte Clarissa einzelne Gebäude unterscheiden. In manchen brannte unten im Erdgeschoss noch Licht und Stimmen schallten über das Wasser. Es waren vor allem Männer, die sich hier an den Theken einen letzten Schluck gönnten, ehe sie sich auf den Nachhauseweg machten. Luciano hielt nach Westen auf eine tiefe Bucht zu, die sich zum Canale della Misericordia verengte. Schon der Name der Uferstraße, Fondamente Nuove, verriet, dass hier im Norden Venedigs durch Aufschüttung neues Land gewonnen worden war. Still glitt die Gondel durch den Kanal. Zu beiden Seiten erhoben sich die Häuser direkt aus dem Wasser. Sie waren aus roten Ziegeln erbaut, die an vielen Stellen unter abblätterndem Putz hervortraten. Die Fassaden waren schlicht und wurden nur ab und zu durch einen kleinen Balkon oder ein von hellem Stein gerahmtes Wassertor unterbrochen. In größeren Abständen wölbten sich schmale Brücken über den Kanal, der sich teilte und immer mehr verengte, bis er kaum mehr ein paar Schritt breit war.
    Doch wie veränderte sich das Bild, als sie in den Canal Grande einbogen! Wahrlich eine Prachtstraße der besonderen Art, auf der auch zu dieser späten Stunde noch zahlreiche Gondeln unterwegs waren. Wie Luciano standen die Gondolieri hinten auf einer kleinen Plattform und bewegten das lange, schmale Gefährt nur mit dem Schlag des einzigen Riemens auf der rechten Seite. Es war ein Wunder, dass sie nicht ständig im Kreis fuhren, was daran lag, dass die Gondel leicht gebogen war, wie Luciano Clarissa erklärte.
    »Ich habe mich vergangene Nacht mit einem Gondoliere unterhalten und mir die richtige Technik der Riemenführung zeigen lassen. Es ist wirklich nicht leicht!«
    »Dafür hast du das aber schnell gelernt«, bemerkte Clarissa bewundernd. Luciano strahlte.
    Sie betrachteten die schwarzen Gondeln, die an ihnen vorüberglitten. Im Gegensatz zu ihrer hatten die meisten

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