Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
Vom Netzwerk:
überhaupt? In Rom hatten sie es schon einmal ausprobiert und festgestellt, dass sie nicht so unbeschwert wie Luciano oder die anderen Nosferas eine Kirche betreten konnte. Noch etwas, das sie üben musste, nahm sie sich vor, als ihre Hand den eisernen Knauf berührte.
    Etwas stieg ihr in die Nase. Sie wusste nicht, was es war. So etwas Seltsames hatte sie noch nie gerochen. Clarissa hätte nicht sagen können, wonach es roch, nur, dass es ihr sehr unangenehm war. Sie wedelte mit einer Hand vor ihrem Gesicht, um es zu vertreiben. Die andere Hand stützte sich schwer auf den Türknauf. Für einen Moment wurde ihr schwindelig und sie wankte. Das kam sicher vom Hunger. Hatte Luciano nicht gesagt, der Blutdurst würde sie irgendwann schwächen? In ihrer Nase kitzelte es unangenehm und sie unterdrückte ein Niesen.
    Luciano.
    Wo war er überhaupt?
    Er hatte sie auf diese Insel bringen lassen und nun war er weg. Aber er würde bald wiederkommen. Das hoffte sie zumindest.
    Ihr Blick wanderte zu ihrer Hand auf dem Türknauf. Sie zog sie zurück.
    Was tat sie hier? Sie wollte doch nicht etwa in die Kirche hinein? Wozu? Das war für sie noch immer schmerzhaft. Nein, Kirchen sollte sie lieber meiden.
    Mit schwankenden Schritten ging Clarissa über den Kiesweg zurück zum Kreuzgang und dann auf den weiten Friedhof hinaus. Bilder huschten durch ihren Geist, während sie ziellos zwischen den Gräbern umherstreifte. Sie spürte, wie die Zeit verstrich und der Morgen sich näherte. Sie sah, wie der Himmel sich verfärbte, doch noch immer ging sie durch die Reihen schlichter Grabsteine, ohne einen ihrer wirren Gedanken festhalten zu können.
    Endlich ließ ein schmerzhaftes Ziehen in ihrer Brust sie innehalten und den Blick zum beängstigend hellen Himmel richten. Die Sonne konnte jeden Moment aufgehen.
    Bei allen Dämonen, war sie noch bei Verstand? Wollte sie sich hier auf diesem Gräberfeld verbrennen lassen?
    Sie blickte sich kurz um und versuchte, sich zu orientieren. Alles sah gleich aus. Die rote Backsteinmauer zu allen Seiten, Gräber und Zypressen. Doch halt, da lugte die Spitze des Kirchturms hervor. Dort musste sich der Kreuzgang mit dem Kolumbarium befinden, in dem ihre Särge standen.
    Clarissa raffte ihre Röcke und rannte los. Sie fühlte, wie sich die Sonne an den Horizont heranschob, gerade als sie den größeren der beiden Kreuzgänge betrat. Sie hätte auf der Stelle niedersinken und die Augen schließen mögen, doch sie biss die Zähne zusammen und wankte in den rettenden dunklen Raum. Sie stolperte über ihren Sarg, fiel hinein und spürte noch, wie der Deckel über ihr zuklappte.
    D ER VERFLUCHTE P ALAZZO
    Luciano kehrte erst in der nächsten Nacht zur Friedhofsinsel zurück. Er entschuldigte sich viele Male und küsste Clarissa, bis sie sich endlich beruhigte.
    »Ich dachte, du kommst nie wieder, und ich bin dazu verdammt, eingeschlossen von Wasser, den Rest der Ewigkeit hier auf diesem Friedhof zu fristen«, klagte sie.
    »Es tut mir leid«, versicherte er ihr. »Ich habe nicht gleich gefunden, was ich suchte, und dann war es schon zu spät, um sich noch gefahrlos auf den Rückweg zu machen. Ich wollte nicht riskieren, im Boot von der aufgehenden Sonne überrascht zu werden.«
    »Du hast ja recht, es wäre dumm gewesen, so kurz vor Sonnenaufgang loszufahren«, gab Clarissa zu. »Ich hab mir einfach Sorgen gemacht hier ganz allein.«
    Sie überlegte. Etwas lauerte in ihrem Gedächtnis verborgen und wartete darauf, hervorgeholt zu werden, doch sie konnte es nicht greifen. War da nicht irgendetwas gewesen? Wenn ja, was? Und warum hatte sie es dann so schnell vergessen?
    Es konnte nichts Wichtiges sein, beschloss sie. Vermutlich vernebelte ihr der Blutdurst die Sinne.
    »Luciano, ich habe solchen Hunger«, sagte sie leise und presste sich die Handflächen gegen den Leib.
    Luciano sah ein wenig schuldbewusst drein. Er hatte in der vergangenen Nacht Blut getrunken und sich gestärkt.
    »Ich weiß, das ist unangenehm, aber zumindest schadet es nicht. Wir Vampire werden zwar mit der Zeit langsamer und schwächer ohne frisches Blut, aber ein paar Nächte machen uns wirklich nichts aus.«
    Clarissa nickte tapfer. Luciano nahm sie in die Arme.
    »Ich verspreche dir, noch heute Nacht rudern wir in die Stadt hinüber, und du kannst dich nach Herzenslust satt trinken. Und dann zeige ich dir unser Haus.«
    »Ein Haus nur für uns beide?« Clarissa strahlte. »Wie schön!«
    »Ja, allerdings werden wir keine Servienten haben,

Weitere Kostenlose Bücher