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Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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dass sie sich oder jemand anderem etwas antut.«
    Tammo starrte sie an. »Du versuchst nur, mir Angst einzujagen!«
    Anna Christina sah ihn spöttisch an. »Ach ja? Nur weil ich als Einzige ausspreche, was die anderen sich nicht getrauen, dir zu sagen? Sie haben Clarissas Wandlung miterlebt, und ich war in Wien bei mehr als einer dabei. Wir wissen alle, was sie erwartet, und dass das nicht gerade angenehm wird.«
    Tammo wirkte nun völlig verunsichert, doch ehe Alisa sich überwinden konnte, etwas dazu zu sagen, trat Clarissa zu ihm und legte den Arm um seine Schulter.
    »Anna Christina sagt die Wahrheit. Die Verwandlung ist schrecklich und sehr schmerzhaft. Der menschliche Körper ist tot und muss erst zu etwas Neuem werden. Nicoletta wird leiden, und sie wird nicht bei Sinnen sein, um zu erkennen und zu begreifen, was vor sich geht. Aber das geht vorüber. Irgendwann lässt der Schmerz nach und die neuen Glieder gehorchen ihrem Willen. Dann kannst du sie trösten und ihr alles erklären. Dann musst du für sie da sein und ihr helfen, dass sie sich in ihrer neuen Welt zurechtfindet.«
    »Könntest du dann auch mit ihr sprechen?«, bat er zaghaft. »Du hast das alles erlebt und weißt am besten, was in ihr vorgeht.«
    Clarissa beugte sich vor und küsste ihn auf die Wange. »Natürlich, Tammo. Sind wir nicht eine Familie und immer füreinander da, egal was passiert? Nicoletta wird das wahrscheinlich sehr viel schneller verstehen als ich. Und sie wird rasch an ihrem neuen Leben in der Schönheit der ewigen Nacht Gefallen finden.« Sie lächelte ein wenig wehmütig. »Nicoletta wird begreifen, dass du ihr etwas sehr Wertvolles geschenkt hast.«
    Luciano gesellte sich zu ihnen und nahm Clarissas Hände. »Siehst du das auch so?«
    Clarissa küsste ihn. »Ja, jetzt sehe ich es auch so, und ich schwöre dir, ich werde dich niemals verlassen, ganz egal, wohin wir auch gehen und was dieses Leben noch für uns bereithält.«
    Er küsste ihre Hände, sagte aber nichts. Das Glück in seinen Augen sprach für sich.
    »Es geht los«, sagte Leo plötzlich.
    Alle Augen richteten sich auf Nicolettas toten Körper. Zuerst konnte Alisa nichts erkennen, worauf Leo seine Behauptung gründen könnte. Die Oscuro lag noch immer genauso steif und stumm in ihrem Sarg wie die vergangenen Stunden zuvor. Sie sah Leo fragend an, doch der deutete nur auf Nicoletta.
    Alisa trat einen Schritt näher. Da sah sie es. Der kleine Finger zuckte ein wenig. Dann erzitterte die ganze Hand. Tammo kniete nieder und nahm die Hand in seine, doch da wurde sie unvermittelt wieder schlaff. Dafür fing ihr linkes Bein ein paar Minuten später an zu zucken, nur um sich kurz darauf zu versteifen. Wieder verstrich die Zeit, ohne dass etwas geschah, doch es lag eine Spannung in der Luft, die Alisa glaubte, greifen zu können. Nun ballte sich Nicolettas rechte Hand zur Faust. Tammo beugte sich über sie und sprach beruhigend auf sie ein, doch Alisa bezweifelte, dass Nicoletta ihn hören konnte.
    Die Starre in ihrem Gesicht löste sich und es verzog sich schmerzhaft. Dann plötzlich riss sie die Augen auf und schrie. Tammo zuckte zusammen und stieß hart mit seinem Kopf gegen ihren, als sie sich unvermittelt aufbäumte. Ihre Fäuste schossen auf ihn zu und trafen ihn an der Schläfe und am Hals, ehe es ihm gelang, ihre Handgelenke zu umfassen.
    Nun schrie sie noch lauter. Es war ohrenbetäubend! Unbehaglich sah Alisa zur Tür. Es wohnten immer noch Leute ganz unten. Was, wenn sie das Schreien hörten? Würde jemand heraufkommen?
    »Ich habe es ja gleich gesagt«, meinte Anna Christina teilnahmslos. »Schließ den Deckel oder unterbinde diesen Lärm auf andere Weise. Das Geschrei ist ja unerträglich.«
    »Und weit zu hören«, mahnte Hindrik. Er kniete sich zu Tammo und legte Nicoletta seine Hand auf den Mund. Sie wehrte sich und versuchte, ihn zu beißen. Schließlich gab Tammo nach. Mit Gewalt drückten sie Nicoletta in den Sarg, schlossen den Deckel und setzten sich zu zweit darauf. Sie konnten spüren, wie sie sich drinnen herumwarf, so weit es die Enge zuließ. Ihr Schreien jedoch verklang. Tammo verzog das Gesicht, als würde er den Schmerz mit ihr teilen. Clarissa sprach ihm Mut zu, obgleich Nicoletta ihn nötiger gebraucht hätte.
    Es ging Stunden so weiter. Niemand konnte ihr helfen oder den Prozess beschleunigen. Endlich wurde es in der Kiste ruhig und Tammo öffnete zaghaft den Deckel. Nicoletta lag ausgestreckt da, die Augen geöffnet, und sah ihn an. Er

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