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Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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nahm ihre Hände und drückte sie an seine Wangen.
    »Es tut mir so leid, dass es nicht einfacher geht«, sagte er.
    »Ist es jetzt vorbei?«, erkundigte sie sich. Ihre Stimme klang ein wenig gepresst, doch nichts ließ vermuten, welche Qualen sie in den vergangenen Stunden erlitten hatte. Tammo sah zu den anderen auf.
    Hindrik verzog das Gesicht zu einem schiefen Lächeln. »Ich würde sagen, das Schlimmste hast du hinter dir. Es wird in den nächsten Nächten noch ein paar Nachwehen geben, doch das schaffst du sicher auch.«
    Nicoletta schnitt eine Grimasse. »Es bleibt mir ja nichts anderes übrig.«
    Unbeholfen versuchte sie, sich zu erheben und aus dem Sarg zu klettern. Tammo half ihr und stützte sie, als sie schwankte.
    Sie sah sich auf dem Dachboden um, der ihr bekannt und doch auch fremd erscheinen musste, nun da sie alles mit dem Blick eines Vampirs betrachtete. Dann wandte sie sich Tammo zu. Ihre Augen glommen rot auf.
    »Ich habe Durst«, sagte sie und verbesserte sich dann: »Hunger auf Blut!«
    Hindrik lachte auf. »Das können wir wohl als gutes Zeichen werten, doch noch lassen wir dich nicht hinaus. Wir werden dir Blut besorgen, das dich stärkt und am Leben erhält. Auf den Reiz der Jagd musst du leider noch verzichten, bis du gelernt hast, deine Gier zu zügeln und mit deinen neuen Instinkten kontrolliert umzugehen.«
    Zusammen mit Alisa und Leo zog er los, um Nahrung für die neue Vamalia zu besorgen.
    ***
    »Ich verstehe nicht, warum wir noch einmal nach San Clemente müssen«, beschwerte sich Nicoletta.
    Einige Nächte waren vergangen. Die Krämpfe hatten aufgehört und sie hatte sich durch Tierblut gestärkt. In Begleitung der anderen Vampire unternahm sie ihre ersten Ausflüge durch die Gassen Venedigs. Allerdings machten sie einen Bogen um den Palazzo Dario, in dem ihr Vater noch immer mit seinem gebrochenen Bein lag. Alisa versorgte ihn mit Essen und Trinken und kontrollierte seine Wunden, die gut zu verheilen schienen. Von den Oscuri hatte sich seit der Nacht des Überfalls auf den Dogenpalast keiner im Palazzo Dario blicken lassen, und das war den Vampiren auch ganz recht. Sie legten keinen Wert auf eine weitere Konfrontation. Tammo hatte herausbekommen, dass der Verräter Alessandro im Gefängnis saß und auf seinen Prozess wartete. Bisher zumindest hatten die Oscuri nicht versucht, ihn zu befreien.
    »Es bleibt abzuwarten, auf welche Seite sie sich schlagen, wenn Calvino zu ihnen zurückkehrt«, meinte Nicoletta. »Ich denke, sie halten meinem Vater die Treue und überlassen Alessandro seiner gerechten Strafe. Verrat wurde in Venedig von jeher hart geahndet!«
    Der Tag der Abreise rückte näher. Das war allen bewusst, auch wenn sie nicht darüber sprachen. Vielleicht, weil sie nicht wussten, wie es weitergehen sollte. Die Vamalia und Leo würden nach Hamburg zurückkehren, aber Luciano und Clarissa? Sollten sie mit ihnen fahren und Dame Elina bitten, sie aufzunehmen? Selbst Anna Christina schien es nicht eilig zu haben, heimzufahren.
    An diesem Abend also hatte Clarissa entschieden, dass Nicoletta bereit wäre, nach San Clemente zurückzukehren. Sie warteten, bis die Gezeiten günstig standen, ehe sie aufbrachen. Nun stand Nicoletta dicht neben Tammo auf dem Steg, so als suche sie seinen Schutz. Sie fühlte sich vermutlich noch unsicher in ihrer neuen Gestalt oder kannte eine Oscuro solche Gefühle nicht?
    Nein, keine Oscuro, verbesserte sich Clarissa in Gedanken. Sie war jetzt eine Vamalia, eine Unreine, ein Vampir, so wie sie selbst.
    Die anderen hielten ein wenig Abstand. Auch sie waren aus dem Boot gestiegen. Luciano, Leo, Alisa, Hindrik und selbst Anna Christina hatten darauf bestanden, mitzukommen. Vor allem Luciano wollte Clarissa am liebsten keinen Augenblick mehr aus den Augen lassen.
    »Wartet hier!«, sagte Clarissa, ohne auf die fragenden Blicke einzugehen.
    Vielleicht hätte sie es Nicoletta schon viel früher sagen sollen, doch irgendwie schien nie der passende Zeitpunkt gewesen zu sein. Man konnte nicht zwischen Tür und Angel sagen: »Ach weißt du schon, Nicoletta, deine richtige Mutter, von der du bis vor ein paar Tagen noch gar nichts wusstest, wurde an deinem zweiten Geburtstag entführt und hier in die Frauenanstalt von San Clemente gebracht, wo man sie in eine Zelle sperrte, um sie zu vergessen.«
    Clarissa hatte es Nacht für Nacht hinausgeschoben. Hatte auf den perfekten Moment gewartet, und nun war es fast zu spät für diese Enthüllung. Es gab keine Tochter

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