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Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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wartete bereits am Steg. Ein Schild verkündete die Fahrtroute des Schiffes, das hier als eine Art Omnibus oder Straßenbahn auf dem Kanal fungierte. Es würde durch den Canal Grande mit Halt am Rialtomarkt gehen, weiter nach San Marco und dann zum Arsenal und bis zur Venedig vorgelagerten Lidoinsel.
    »Sieh nur, diese Schiffe sind ganz neu. Sie werden mit Dampf betrieben wie die großen Frachter der Lloyd in Hamburg. Ich finde das höchst interessant.« Ihre Augen leuchteten.
    Leo schüttelte mit einem amüsierten Lächeln den Kopf. »Was du immer an den Erfindungen der Menschen findest.«
    Er folgte ihr und löste zwei Billetts bis zum Markusplatz.
    Der Gondoliere sah ihnen nach und spuckte ins Wasser. Seine Miene verriet, was er von den neumodischen Gefährten hielt, die ihm das Geschäft mit den Reisenden streitig machten.
    »Vaporetto«, stieß er abfällig hervor und ließ dem Begriff einen Schwall von Worten folgen, den Leo und Alisa nicht verstanden, bei dem es sich aber ganz sicher um kraftvolle Flüche handelte.
    ***
    »Ich würde Ihnen zu gern einen Guten Abend wünschen  … «
    Wieder diese angenehme Stimme, die in ihren Gedanken schwang, seit sie sie zum ersten Mal vernommen hatte. Und wieder hatte sie sein Eindringen in den Palazzo nicht bemerkt. Erst als er seine Stimme erhob, spürte sie ein Zittern, das ihren ganzen Körper erfasste. Langsam wandte sich Clarissa um und hoffte, verbergen zu können, dass sie überrascht war. Er sollte nicht wissen, dass es ihm noch einmal gelungen war, sie zu überrumpeln.
    »Aber ich wünsche Ihnen einen guten Abend, auch wenn ich Sie rügen muss. Sagte ich Ihnen nicht erst vorgestern, dass es unhöflich ist, in ein Haus einzudringen?«
    »Und sagte ich Ihnen nicht, dass es wichtig ist, meine Worte sehr ernst zu nehmen? Haben Sie meine Nachricht nicht an den Herrn Gemahl weitergeleitet?«
    Clarissa sah zu ihm auf. Dieser Blick verwirrte sie. War nicht sie es, die seinen Blick fesseln und dem ihren untertan machen sollte? Wie leicht war ihr das bei dem Schneidermädchen gefallen, doch hier hatte sie wohl ihren Meister gefunden. Es kostete sie alle Anstrengung, die Augen nicht niederzuschlagen.
    »Doch, das habe ich.«
    »Und dennoch sind Sie noch hier«, sagte er, und es klang fast ein wenig traurig.
    »Ja. Luciano wollte nicht an Ihre Existenz glauben.«
    »Er hat Ihre Worte in Zweifel gezogen?«
    »Er vertraut lieber seinen Sinnen und seiner Witterung, und diese sagten ihm, dass niemand außer mir hier gewesen sei.«
    Die einladenden Lippen unter der Maske öffneten sich zu einem breiten Lächeln. »Erstaunlich, nicht wahr?«
    Clarissa nickte. »Ja, ich zerbreche mir schon seit Stunden den Kopf darüber, wie Ihnen dies gelingen konnte. Wir können die Spur jedes Menschen wittern!«
    Sie war erstaunt über sich selbst, dass sie vor einem Fremden so offen aussprach, was ihr in den Sinn kam, doch sie konnte nicht anders.
    Er neigte nur stumm den Kopf, so als ziehe er dies nicht in Zweifel.
    »Sind Sie also kein Mensch? Was sind Sie dann?«
    Er zog es vor, die Frage unbeantwortet zu lassen.
    »Wollen Sie mir wenigstens Ihren Namen verraten? Ich heiße Clarissa, Clarissa de Nosferas.«
    Sie war fast ein wenig erstaunt, dass er einen eleganten Kratzfuß vollführte, seinen Dreispitz schwang und sich ebenfalls vorstellte.
    »Leone Oscuro«
    »Leone«, wiederholte sie mit träumerischer Stimme. »Der Löwe von Venedig. Und auch Oscuro scheint mir ein passender Name zu sein, denn offensichtlich maskieren Sie sich gern. Der finstere Löwe von Venedig.«
    Der Mann lächelte unter seiner Maske, trat noch einen Schritt vor und nahm ihre Hand. Sie ließ es geschehen und wehrte sich nicht, als er sie an seine Lippen hob.
    »Ja, so könnte man sagen. Ihr Name dagegen verrät mir nicht, wer Sie wirklich sind  – oder soll ich sagen, was Sie wirklich sind?«
    Er trat ein Stück zurück und betrachtete sie aufmerksam. Dann ging er einmal um sie herum, ohne sie aus den Augen zu lassen. In ihrem Rücken prickelte es unangenehm, als sein Blick über sie strich.
    »So rein und weiß Ihre Haut und doch so kalt, dass die Berührung Ihrer Hand mich schaudern lässt. Auch müsste ich mich fragen, warum Sie keine Kerzen entzündet haben und hier im Dunkeln zu leben scheinen.«
    »Sie scheinen das Licht auch nicht zu vermissen«, gab Clarissa zurück.
    Er lachte leise. »Ja, wie seltsam, nicht? Zwei Wesen der Nacht, und doch, fürchte ich, haben wir sonst nichts gemein. Die Menschen hier in

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