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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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herabrann. Auf seinem linken Auge sah er nichts mehr, und auch das rechte begann bereits zuzuschwellen.
    » Verflucht Seymour, wer hat dir erlaubt, dich einzumischen«, schimpfte Franz Leopold, während Malcolm ihn nur mit großen Augen anstarrte. Vielleicht hatte er noch nicht begriffen, wer der Mann mit dem eisenharten Griff war. Sein hageres Gesicht ließ sein Alter schwer schätzen, das Haar hing ihm in weißen, verfilzten Strähnen herab. Sein magerer Körper, in dem so viel Kraft steckte, wurde von einem fadenscheinigen Kittel und einer halblangen Hose verhüllt, die ihm viel zu weit waren.
    » Seid ihr jetzt vernünftig? Kann ich euch loslassen, ohne dass ihr euch gleich wieder an die Kehle geht?«
    » Das musst du den irren Dracas fragen«, stieß Malcolm hervor.
    Doch der sagte gar nichts mehr. Er verdrehte das noch halb geöffnete Auge und sackte in sich zusammen. Seymour ließ ihn zu Boden sinken und lockerte auch den Griff um Malcolms Schulter. Der Vyrad machte sich los und ließ sich auf die unterste Treppenstufe sinken.
    » Eifersüchtiger Narr«, stieß er hervor und spuckte noch einmal eine Ladung Blut aus. Dann schloss auch er die Augen und rutschte zu Boden.
    Ivy erhob sich und schüttelte ihr silbernes Gewand aus. » Gut, das war’s. Sehen wir zu, dass wir unsere Särge aufsuchen und uns zur Ruhe legen.«
    Seymour sah auf den Dracas herab, dessen Wunden zögerlich aufhörten zu bluten, und wandte sich dann seiner Schwester zu.
    » Das scheint dich ja völlig kalt zu lassen. Ivy, was ist nur mit dir los? Wohin ist dein liebenswertes Wesen verschwunden?«
    Ivy sah ihn ernst an. » Vielleicht ist es ja genau andersherum. Endlich kannst du mich erkennen, nachdem ich die Maske des lieben Mädchens abgestreift habe.«
    Seymour erwiderte nichts. Er schüttelte nur den Kopf und verzog das Gesicht, als empfinde er Schmerzen. Er beugte sich zu Franz Leopolds reglosem Körper herab, doch Ivy war schneller und zog ihn in ihre Arme.
    » Nimm du Malcolm«, wies sie ihren Bruder an. » Bring ihn hinüber zum Haus der jungen Vyrad und trage ihn in seine Kammer hinauf, aber gib acht, dass er keinen Schaden erleidet. Die Sonne steht bereits hoch, und die Schatten schwinden schnell.«
    » Danke für den Hinweis, doch ich bin lange genug in Gesellschaft von Vampiren, um zu wissen, dass sie die Sonnenstrahlen meiden müssen. Immerhin scheint dir nicht jedes Schicksal gleichgültig, was ein wenig Hoffnung in mir aufsteigen lässt.«
    Er warf sich Malcolm wie einen Sack über die Schulter und stürmte hinaus. Die Tür fiel krachend hinter ihm ins Schloss.
    » Er sollte zum Theater gehen«, murmelte Ivy scheinbar ungerührt. » Er hat so einen düsteren Sinn für Dramatik.«
    Beinahe zärtlich hob sie den Dracas auf und trug ihn die Treppe hoch. Vincent brachte Alisa in ihren Sarg, schloss den Deckel und folgte dann Ivy eine weitere Treppe hoch, wo die Kammern der jungen Vampire lagen. Er wartete an der Tür, bis Ivy ihre Last abgelegt hatte.
    » Kommst du?«
    » Ja.« Doch sie rührte sich nicht von der Stelle. Die Hand an den offenen Deckel gelegt, sah sie auf das malträtierte Gesicht herab, das im Augenblick seine berückende Schönheit nahezu eingebüßt hatte. Ihre Miene veränderte sich nicht, nur ihre Augen schimmerten, als wären sie feucht. Dann schlug sie den Deckel mit einem Knall zu und stürmte zur Tür, um ihren eigenen Sarg aufzusuchen. Vincent brachte sie noch bis zu ihrem Zimmer, dort verbeugte er sich und machte sich dann auf den Weg zu seinem eigenen Quartier. Er musste dazu zwar den halben Temple Inn Court durchqueren, doch er wusste, welchen Weg er nehmen musste, um stets im Schatten bleiben zu können. Und während sich Lord Milton und einige seiner Barrister in ihren schwarzen Umhängen und grauen Perücken zum Old Bailey aufmachten, um einem wichtigen Prozess beizuwohnen, legte sich ein sehr nachdenklicher Vincent in seinen Sarg und dachte noch lange über diesen Morgen nach, bis er es endlich zuließ, dass auch ihn die Starre übermannte und seinen Geist zur Ruhe brachte.

Alisas Zorn
    Alisa machte sich wie jeden Abend auf den Weg zur Middle Temple Hall, als sie in der Eingangshalle auf Malcolm stieß. Sie starrte ihm ins Gesicht, das im flackernden Licht der Lampen zu beiden Seiten einfach nur grotesk wirkte.
    » Was bei allen Dämonen der Hölle ist dir denn zugestoßen?«
    Sie packte ihn am Arm und schob ihn näher ins Licht, um die verkrusteten Risse und grün unterlaufenen Schwellungen

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