Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad
anerkennend zu. » Ja, du hast die Fäden richtig verknüpft. Dracula ist gekommen, um die Überreste seiner geliebten Erzsébet zu holen und sie noch einmal mit dem Elixier der Finsternis zu einem Dämon der Nacht zu erwecken.«
» Aber wie hat er herausbekommen, wo sie verborgen liegt? Keiner der Vyrad hat je darüber gesprochen!«
Ivy musterte ihn kühl. » Ich habe es ihm gesagt.«
Ein Aufschrei ging durch die Reihen der Erben, vor allem der Vyrad. Aber nicht alle waren sich der Tragweite dieser Worte sofort bewusst.
» Warum?«, stotterte Malcolm fassungslos. » Warum hast du das getan?«
» Weil es hier und jetzt ein Ende haben muss«, gab Ivy zurück. » Er wird nicht ruhen, ehe er einen Weg gefunden hat, die verlorene Macht über seine Kinder zurückzugewinnen– oder sie zu vernichten und neue Nachkommen zu zeugen.«
» Mit deinem Blut«, fügte Alisa leise hinzu.
Ivy nickte. » Ja, und dazu lasse ich es nicht kommen. Ich will mich nicht in alle Ewigkeit in Acht nehmen und fürchten müssen, dass er mich irgendwann doch noch in seine Gewalt bekommt. Nein, ich nehme lieber selbst die Fäden in die Hand und bin der Puppenspieler, nicht die Marionette.«
» Du hast es ihm verraten, um ihn hierher zu locken«, schloss Franz Leopold.
» So ähnlich. Er wird zu meiner Zeit und unter meinen Bedingungen an dem Ort mit mir zusammentreffen, den ich gewählt und für die Begegnung vorbereitet habe.«
» Er tappt in eine Falle!«, rief Luciano.
» Vielleicht, wenn Ivys Einschätzung richtig ist«, dämpfte Leo seine Begeisterung. » Es ist Dracula schon einmal gelungen, ihren Geist zu lähmen und sie zu entführen.«
» Und es ist euch gelungen, ihn zu besiegen und mich zu befreien«, fügte Ivy an.
» Ihn abzulenken, nicht zu besiegen«, berichtigte der Dracas.
» Dieses Mal wird es ein Sieg sein. Ein endgültiger Sieg«, sagte Ivy leise, und die Erben konnten sich eines Erschauderns nicht erwehren, als ihnen klar wurde, was sie damit meinte.
» Du willst Dracula vernichten? Den großen Meister? Den Vater aller Clans?«, keuchte Alisa.
Ivys Miene war hart. » Ja, entweder er oder irgendwann ihr alle und eure Clans!«
» Und du glaubst, du könntest das bewerkstelligen?«, mischte sich Karl Philipp ein. Seine Stimme troff vor Verachtung, doch Ivy antwortete ihm ruhig:
» Ja, das glaube ich. Mit eurer Hilfe.«
Karl Philipp betrachtete sie mit zusammengekniffenen Augen. » Und wie soll die aussehen? Du hältst dich im Hintergrund und wir erledigen die Drecksarbeit für dich? Es könnte ja sein, dass einige dabei für immer zerstört werden. Die Kräfte des Meisters sollte man nicht unterschätzen, nicht wahr?«
» Rede nicht so einen Blödsinn«, herrschte ihn Luciano an, aber Ivy brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
» Nein, ihr werdet euch im Hintergrund halten, damit keinem von euch etwas zustößt. Ich bin der Dirigent, der vorne in der Mitte steht, alle Aufmerksamkeit auf sich zieht und jedem Instrument seinen Einsatz gibt.«
» Und wie hast du das Ganze eingefädelt? Ihm eine Einladungskarte nach Transsilvanien geschickt?«, wollte Karl Philipp wissen. Noch immer sprach er mit abfälliger Miene, doch Alisa glaubte auch Neugier in seiner Stimme ausmachen zu können.
Ivy schüttelte den Kopf. » Nein, ich habe ihn nicht eingeladen. Ganz im Gegenteil, der Wunsch schlummerte seit langer Zeit in ihm. Ich habe ihn lediglich geweckt, die Sehnsucht angeheizt und ihm dann den richtigen Weg gezeigt– ohne dass es ihm bewusst wurde.«
» Du kannst also in seine Gedanken eindringen?«, hakte Luciano nach.
» Mehr noch, du kannst seinen Geist und sein Handeln beeinflussen, ohne dass er es bemerkt?«, fügte Alisa hinzu.
» Ja«, sagte Ivy schlicht. » In Transsilvanien war es ihm gelungen, meinen Geist zu beherrschen. Doch nach meiner Befreiung fand ich mich unvermittelt in seinem Geist wieder. Das geschah immer wieder, ich sah und hörte, was um ihn vor sich ging, und empfing seine Gefühle, die die meinen mit sich rissen. Mir wurde klar, dass eine Verbindung zurückgeblieben war, von der er bis heute nichts ahnt. Das war erst einmal sehr unangenehm, das könnt ihr mir glauben. Ich empfand plötzlich Hass und Verachtung oder auch tiefe Verzweiflung, die genauso wenig zu mir gehörten wie der Triumph, wenn er wieder einmal ein Opfer gejagt und am Ende ausweglos in eine Ecke gedrängt hatte. Und so begann ich mich dagegen zu wehren. Ich konzentrierte mich auf meine eigenen Empfindungen und
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