Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad
Ivy ist etwas ganz Besonderes und schon sehr alt. Sie kann mehr als wir alle.«
» Könnte ich das auch lernen?«, verlangte Clarissa zu wissen.
Nun mischte sich Karl Philipp ein. » Wir werden den Teufel tun, einer Unreinen solche Fähigkeiten beizubringen! Du solltest endlich lernen, den Platz einzunehmen, der dir zusteht. Du bist nicht mehr als ein Dienstmädchen, egal was…«
» Karl Philipp, halt den Mund«, riefen Franz Leopold und Luciano gleichzeitig, wobei der Dracas den Nosferas am Arm packte, um zu verhindern, dass er mit Karl Philipp eine Schlägerei auf offener Straße anfing. Erstens schickte sich das nicht, zweitens würde Luciano in diesem Fall sicher den Kürzeren ziehen, was ihn in Clarissas Ansehen nicht steigen lassen würde, und drittens könnte das die Aufmerksamkeit der Wachen auf sie lenken, was sie zu einem übereilten Rückzug zwingen würde.
» Also wandeln wir uns in Fledermäuse und fliegen erst einmal in den Hof hinüber«, nahm Mervyn den Faden wieder auf. » Clarissa muss halt hier auf uns warten. Das dürfte doch kein Problem sein, oder?«
Leo las die Furcht in ihrem Geist, der sich noch zu gut an ihr Leben als Mensch erinnerte. Dies war keine Gegend, in der sich ein Mädchen aus gutem Haus nachts alleine aufhalten sollte. Ja, die kein weibliches Mitglied der guten Gesellschaft überhaupt aufsuchte. Vermutlich hatte sie noch nie etwas Derartiges gesehen. Sie schluckte ihre Angst herunter und sah Luciano bittend an. Der verstand natürlich wieder einmal gar nichts.
» Es tut mir leid. Es wird nicht lange dauern, und dann berichte ich dir jede Einzelheit, die wir herausgefunden haben.«
» Sie sorgt sich nicht um das Abenteuer, das ihr entgehen könnte. Sie fürchtet sich!«
Luciano sah erst Franz Leopold, dann Clarissa ungläubig an. » Was? Wieso denn? Das kann nicht sein. Nur weil du ein paar Minuten alleine bist?«
Franz Leopold schmunzelte. » Vielleicht muss sie erst lernen, dass Vampire sich nicht vor der Dunkelheit fürchten? Und auch nicht vor bösen Männern, die in der Nacht hinter einer Ecke lauern könnten.«
Luciano konnte es noch immer nicht glauben.
» Nimmst du mich auf den Arm, Leo?«, erkundigte er sich misstrauisch.
» Nein, ich verfüge nur über mehr Einfühlungsvermögen in das weibliche Gemüt«, gab Leo zurück.
Luciano schnaubte abfällig. » Ausgerechnet du!«
» Ich mache diesen Blödsinn mit den Fledermäusen nicht mit«, ließ Karl Philipp verlauten.
» Warum denn nicht? Hast du einen besseren Vorschlag?«, wollte Mervyn wissen.
» Vielleicht die Wachen niederschlagen und dann durch das Tor spazieren«, lästerte Luciano.
» Warum nicht?«, gab Karl Philipp zurück.
» Weil es zu viel Aufsehen erregt und die beiden vermutlich nicht einmal einen Torschlüssel bei sich haben«, vermutete Luciano.
Leo unterbrach die Auseinandersetzung. » Mein verehrter Vetter kann diesen › Blödsinn ‹ nicht mitmachen, aus dem einfachen Grund, weil er es ohne fremde Hilfe nicht schafft, sich in eine Fledermaus zu verwandeln.«
Obgleich Karl Philipp entrüstet widersprach, war allen klar, dass Franz Leopold die Wahrheit gesagt hatte. Er hatte sich in Irland nie sonderlich bemüht und danach sicher nicht weiter geübt. Auch die Vyrad hatte sich mit dieser Fähigkeit schwergetan. Rowena war diejenige unter ihnen, der es am leichtesten gefallen war. Doch auch sie musste zugeben, es lange nicht mehr versucht zu haben.
» Ich hatte einfach keine Gelegenheit, diese Fähigkeit einzusetzen«, verteidigte sie sich. » Aber wenn Mervyn mir hilft, schaffe ich es ganz sicher.« Sie sah ihn fragend an. Der Lycana nickte.
» Das bekommen wir hin. Notfalls muss Ivy ein wenig nachhelfen. Unter ihren Fittichen kann sich selbst ein Stein in eine Fledermaus verwandeln.«
» Übertreibe nicht so«, wehrte Ivy ab, die wie Leo die Hoffnung in Clarissas Blick aufblitzen sah.
Am Ende entschieden sie, dass Luciano, Franz Leopold, Mervyn und Rowena hinüberfliegen sollten, während Ivy, Seymour, Karl Philipp und Clarissa zurückblieben. Schließlich konnte auch der Werwolf nicht mit über die Mauer. Außerdem waren die Freunde zuversichtlich, dass es Ivy gelingen würde, Karl Philipp im Zaum zu halten und zu verhindern, dass er Clarissa gegenüber ausfällig wurde.
Vier Fledermäuse stoben davon und landeten kurz darauf hinter der Mauer im Gefängnishof. In einer verborgenen Ecke nahmen sie wieder ihre normale Gestalt ein.
» Leo, kannst du dafür sorgen, dass uns keiner
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