Die Erben der Schöpfung
sprechen. »Ich bin hier in St. Louis im Haus von Christa und Jerry Thompson, den stolzen und übermüdeten Eltern von gerade mal sechs Wochen alten Fünflingen. Mrs. Thompson, wie ist es denn, endlich auch das letzte Ihrer Kinder zu Hause zu…«
Ihre letzten Worte wurden von einem lauten Krachen aus dem Nebenraum übertönt. Zwei Säuglinge auf einer Decke begannen zu brüllen. »Laaa, laaa, laaa!«
Jerry kam mühsam auf die Beine. »Jetzt reicht’s! Taylor, was zum Henker treibst du denn schon wieder?«
Christa Thompson, auf jedem Arm einen Säugling, zeigte verlegen auf das Aufnahmegerät. »Jerry! Lass gut sein!«, zischte sie.
Jerry beachtete sie nicht und stapfte in die Küche. »Mann, Taylor. Die ganze Dose Reis? Feg das mal ganz schnell zusammen! Hey! Wo ist dein Hemd?« Aus der Küche erklang das Tappen schneller Patschfüßchen, ehe ein kleines Kind im Eiltempo durchs Wohnzimmer sauste und in der Toilette auf der anderen Seite verschwand.
Peinlich berührt, marschierte Jerry zur Toilettentür und riss sie auf. Kaum hatte er sie offen, da kam der Kleine schon herausgerannt, hinter sich eine lange Schlange mit rasch abrollendem Toilettenpapier. Der Kleine drehte eine Runde ums Sofa, wo er das lose Ende des Toilettenpapiers fallen ließ, ehe er auf eine offene Treppe auf der anderen Seite des Raums losstürmte.
Er fasste nach unten, streifte geschickt seine Windel ab, brüllte mit Piepsstimme »Hass! Hass! Hass!« und trampelte schließlich die Treppe hinauf, so schnell es sein kleiner Körper erlaubte, wobei er alle paar Stufen ins Stolpern kam.
Christa lief leuchtend rot an. »Entschuldigen Sie«, sagte sie leise. »Das ist das schlimmste Wort, das er kennt. Er buhlt um unsere Aufmerksamkeit. Sie wissen ja, wie Zweijährige sind.« Sie wandte sich ihrem übergewichtigen Gatten zu. »Jerry, der Arzt hat doch gesagt, wir sollen seine Wutanfälle einfach ignorieren.«
Jerry ließ sich völlig entnervt auf einen Stuhl sinken, der seiner Leibesfülle kaum gewachsen schien. In der Zwischenzeit war Christa aufgestanden, um die beiden Babys auf ihren Armen gegen die zwei weinenden Exemplare auf der Decke auszutauschen, während sie einen nervösen Seitenblick auf das schlafende Kind in seinem Wippsitz warf.
Susan stand auf, als wollte sie helfen, besann sich dann jedoch eines Besseren und machte das Aufnahmegerät aus. »Also, Mr. und Mrs. Thompson, ich glaube, wir haben genug Material, um ein kleinen Beitrag zusammenzuschneiden. Haben Sie vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft.« Jerry sah schwer geknickt drein.
Christa murmelte irgendetwas wie »gern geschehen«, während sie zwei Babys sachte wiegte und eines nach dem anderen kurz anhob, um an seinen Windeln zu schnüffeln.
In diesem Moment ertönte ein schrilles Klingeln aus Susans Handtasche. Sie fasste hinein und zog ein kleines Mobiltelefon heraus. Während sie mit Gesten andeutete, dass sie hinausginge, schnappte sie sich ihr Aufnahmegerät und trat seufzend vor die Haustür. »Ich rufe Sie an, wenn wir den Beitrag senden«, sagte sie, winkte zum Abschied und schüttelte dann doch noch beiden kurz die Hand.
Rasch schritt sie ein Stück weit den Gehsteig entlang, ehe sie das Telefon aufklappte und sich meldete. »Susan.«
»Ms. Archer-Bentham?« Die Männerstimme am anderen Ende war ihr völlig fremd.
Sie antwortete, nun schon etwas weniger gereizt. »Ja, das bin ich.«
»Ms. Archer-Bentham, ich habe eine Geschichte für Sie.«
»Ich höre, aber ich hoffe schwer, dass es etwas Besseres ist als ein Interview mit brüllenden Fünflingen.«
Der Mann ignorierte ihren Versuch, witzig zu sein. »Was würden Sie davon halten, das erste Exklusivinterview mit einem intelligenten Alien in der Geschichte des Journalismus zu führen?«
»Ach, Herrgott noch mal. Jack, bist du das? Diesen Quatsch kann ich jetzt wirklich nicht gebrauchen.«
»Wie wär’s dann mit einer Geschichte über das erste Menschenkind, das von nichtmenschlichen Eltern empfangen wurde?«
»Hören Sie, ich habe jetzt keine Zeit für dumme Scherze. Wer sind Sie überhaupt?«
»Ich verstehe Ihre Skepsis, Ms. Archer-Bentham, aber dies ist kein Scherz, sondern mein voller Ernst. Können Sie die Anonymität Ihrer Quellen garantieren?«
»Aber natürlich. Sogar die der Spinner. Wollen Sie mir jetzt vielleicht erzählen, worum es geht?«
»Ich brauche die Zusicherung, dass im Austausch gegen einen Hinweis auf die Geschichte des Jahrhunderts meine Identität geheim bleibt.«
Susans
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