Die Erben der Schöpfung
kaum hörbare gutturale Töne aus.
Carlos näherte sich den Gefrierschränken an der anderen Wand. Im ersten fand er reihenweise kleine Phiolen, Fläschchen und Röhrchen, allesamt akkurat mit alphanumerischen Kodierungen versehen. Er versuchte, den zweiten zu öffnen, doch die Tür gab nicht nach. Rasch machte er sich mit seinem Werkzeug darüber her, bis sie aufschwang und den Blick auf vier Schubladen freigab.
Er öffnete die erste. Darin lagen Schachteln mit Aufschriften wie 203d, 214d und 225d. Er nahm die mit 203d etikettierte Schachtel heraus und legte sie auf einen Tisch daneben. Von der extremen Kälte stachen ihm die Finger. Er schob den Deckel der Schachtel beiseite und musterte den Inhalt. Der obere Einsatz enthielt mehrere Reihen von Mikroskop-Objektträgern mit blauen, roten und grünen Umrissen von Gewebeproben. Neben den Objektträgern lagen mehrere Behälter mit Formaldehyd, in denen rosafarbene Gewebeproben schwammen.
Carlos nahm den oberen Einsatz ab und schnappte nach Luft, als er sah, was sich darunter verbarg. Unwillkürlich machte er einen Satz nach hinten und ließ alles fallen. Mit lautem Krachen zerschellten die Objektträger auf dem Boden. Die Schimpansen begannen zu kreischen, und einer nach dem anderen sprang auf und schlug gegen die Käfigwand.
Auf dem Boden neben der Schachtel lag die unverwechselbare Form eines menschlichen Fetus, allerdings mit chirurgisch entferntem Kopf. Neben dem winzigen, gut erhaltenen Körper rollte ein winziger Schädel vor und zurück, ehe er auf dem kreisrunden Loch zum Stillstand kam, das hinten in die Schädeldecke gesägt worden war. Plötzlich klopfte es energisch gegen die Tür zu Nakamuras Büro. »He, ist da drinnen alles in Ordnung?«, rief jemand.
Carlos erschrak und sah sich nach beiden Seiten um. Rasch schaufelte er die Objektträger in die Schachtel zurück und schnitt sich dabei in den Finger. Er knallte den Einsatz obendrauf, machte die Schachtel zu und stellte sie in den Gefrierschrank zurück. Da erklang die Stimme erneut, und auch das Klopfen wurde lauter. »Ist da jemand?« Er hörte, wie die Tür zu Nakamuras Büro aufschlossen wurde.
Hastig lief er an das Schränkchen, schnappte sich den Schlüsselring und machte sich am Schloss des ersten Affenkäfigs in der mittleren Reihe zu schaffen, während der Schimpanse direkt neben ihm gegen die Stäbe schlug. Der erste Schlüssel passte ebenso wenig wie der zweite. Carlos hörte die Schritte immer näher kommen.
Seine Finger zitterten. Der dritte Schlüssel passte, und Carlos riss die Käfigtür so heftig auf, dass sie gegen die Stäbe knallte. Der aufgeschreckte Affe warf einen verblüfften Blick auf die Freiheit, ehe er in den Laborraum hinauskletterte. Carlos duckte sich hinter den Gefrierschrank, als die Tür zum Labor aufging, hielt den Atem an und wartete.
Die Schritte kamen noch ein Stück näher und stoppten abrupt, als die Tür aufging. »Ach du Scheiße!«, rief jemand. »Rühr dich nicht vom Fleck!« Die Schritte entfernten sich rasch, und die Tür flog ins Schloss. Carlos atmete aus.
Die Schimpansen aus den hinteren beiden Reihen taten nun etwas völlig Unerwartetes. Sie begannen alle auf einmal zu schnattern, jedoch nicht wild durcheinander, sondern strukturiert und beängstigend. Es klang, als machte jeder Schimpanse dasselbe Geräusch. Carlos konnte immer wieder einzelne Silben ausmachen, die synchron aus den beiden Reihen ertönten. Auf einmal kam der freigelassene Affe langsam auf Carlos zu.
Carlos versuchte, einen Haken zu schlagen und rasch zur Tür zu gelangen, doch der Schimpanse war zu schnell und schnitt ihm den Weg ab. Der Affe drängte ihn gegen die Wand, indem er einen Arm in die Höhe hielt und ihn drohend anknurrte. Die andere Hand hielt er ihm mit offener Handfläche ausgestreckt entgegen, als bäte er um etwas. Carlos konnte sich nicht bewegen. Der Schimpanse gestikulierte mit der ausgestreckten Hand und zeigte auf Carlos’ Faust. Der Schlüssel. Er wollte den Schlüssel.
Carlos warf den Schlüssel hinter den Affen und rannte zur Tür, als das Tier sich danach bückte. Er riss die Tür auf und warf sie hinter sich wieder ins Schloss. Dann durchquerte er Nakamuras Büro, stellte sich hinter die Tür zum Flur und lauschte. Er hörte leises Klirren von Metall und das Geschrei der Affen, das nun lauter und völlig synchron war und einem Sprechchor ähnelte.
Carlos lief zurück zum Schreibtisch, warf Nakamuras Namensschild in die Schublade und verließ den
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