Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben der Schöpfung

Die Erben der Schöpfung

Titel: Die Erben der Schöpfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Anderson
Vom Netzwerk:
man ein Signal vernimmt, so ist es ein kurzer, hörbarer Impuls im Abstand von einer Sekunde. Man muss die Antenne langsam um dreihundertsechzig Grad herumschwenken, um ein optimales Signal zu bekommen und sich ihm zu nähern.« Er demonstrierte einen ganz langsamen Rundumschwenk. »Die Antenne soll möglichst parallel zum Boden gehalten werden. Die Vorwärts-Rückwärts-Achse ist stark polarisiert, und man braucht sie nicht zu rotieren.« Er klappte die Antenne wieder zusammen und reichte sie Jamie.
    Paulo sah die anderen an. »Noch irgendwelche Fragen?« Niemand sagte etwas.
    Diego sah sich mit einer Hand am Steuer um. »Wahrscheinlich brauchen wir noch eine Stunde, um erst mal den Anlegeplatz des Affen zu erreichen. Das Signalfeuer der Fähre ist noch ein gutes Stück flussabwärts.« Diego war in der Nacht, als die Schimpansen ausgebrochen waren, mit Mercer im Schnellboot losgefahren und hatte erkundet, wo die Fähre angelegt hatte. Seinem Bericht zufolge war das Signalfeuer intakt.
    Die anderen Passagiere richteten sich darauf ein, länger zu warten. Jeremy trat an den Rand des Boots und sah hinaus. Paulo breitete eine Landkarte des Gebiets vor sich aus und vertiefte sich in sie. Mercer schloss die Augen und saß regungslos da. Er schwitzte und hatte bereits auffallend schlecht ausgesehen, als das Boot ablegte. Stiles streckte die Arme aus, legte die Beine übereinander und sah auf den braunen Fluss hinaus.
    Nach ein paar Minuten richtete Stiles sich auf. Er wandte sich zu Sameer um und sprach ihn so laut an, dass es Jamie mitbekommen musste. »Schauen Sie mal da rüber. Was sehen Sie?«
    Jamie folgte Sameers Blick über den ruhigen Fluss. Sogleich erklang ein klatschendes Geräusch, und ein Delfin sprang in hohem Bogen aus dem Wasser. »Ist das ein Delfin? Im Fluss?«, fragte Sameer.
    »Ein Flussdelfin«, antwortete Stiles. »Die sind hier heimisch. Einer der wenigen Orte auf der Welt, wo man sie findet. Erstaunliche Kreaturen. Womöglich sogar schlauer als unser kleiner Kenji junior. Man weiß es nicht genau.«
    »Mag ja sein, dass er schlau ist, aber ich glaube nicht, dass er mit unserem Schimpansen mithalten kann.«
    Stiles Stimme klang traumverloren. »Stellen Sie sich ein Wesen vor, dessen ganze Welt aus Spiel, Beziehungen zu anderen ähnlichen Wesen und Selbstbeobachtung besteht. Es gibt Nahrung im Überfluss, die fast mühelos zu beschaffen ist. Stellen Sie sich ein Wesen ohne natürliche Feinde vor, das in seinem angestammten Lebensraum nichts anderes fürchten muss als den Menschen. Dieses Wesen hat eine so hoch entwickelte Sprache, dass es mithilfe von Ultraschall exakte Abbildungen dreidimensionaler Objekte direkt ins Gehirn seiner Artgenossen übermitteln kann. Es verbringt den lieben langen Tag damit, sich in einem Wasserparadies zu amüsieren und Sex zu haben. Jetzt sagen Sie mir, wer hier der Schlaukopf ist.«
    Jamie sah Stiles an und ergriff das Wort. »Das ist eine sehr romantisierte Sicht der Dinge. Ich glaube kaum, dass sich die Delfine in ihrer Freizeit mit Differenzialgleichungen vergnügen. Manchmal sitzt man da und denkt, und manchmal sitzt man einfach nur da.«
    Stiles zuckte die Achseln. »Wenn man das Gewicht des Gehirns zum Körpergewicht oder zur Körperfläche in Beziehung setzt, sind zwei Lebewesen deckungsgleich:
    Mensch und Delfin. Primaten landen weit abgeschlagen auf dem dritten Platz. Delfine haben sogar eine komplexere Gehirnfaltung als Menschen und widmen vermutlich einen ebenso großen Anteil ihrer Gehirne dem abstrakten Denken wie Menschen. Es muss gar nicht so weit hergeholt sein, wie Sie glauben. Nur weil wir nicht mit ihnen kommunizieren können, bedeutet das nicht, dass wir wissen, was sie nicht denken.«
    »Jedenfalls wissen wir, dass unser Schimpanse intelligent ist«, warf Sameer ein. »Und ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht so harmlos ist wie diese Delfine. Hoffentlich ist unseren furchtlosen Führern klar, dass bei dieser Jagd womöglich der Schimpanse das Heft in der Hand hat. Schließlich dringen wir in seinen Hinterhof ein, und ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass er besonders erfreut darüber sein wird, uns wiederzusehen.«
    Jamie nickte und blickte über Paulos Schulter auf die Landkarte, die er gerade studierte. »Dürfte für eine Verfolgung recht unproblematisch sein«, sagte Paulo und wandte sich um. »Die ersten fünfzehn Kilometer landeinwärts sind überwiegend ebenes Gelände. Wahrscheinlich ziemlich dichter Wald, aber machbar. Ich wette, sie

Weitere Kostenlose Bücher