Die Erben der Schöpfung
dessen Inhalt durchwühlte. Sie zog den Reißverschluss wieder zu und durchsuchte die beiden großen Seitentaschen.
Sie stellte den Rucksack zurück, richtete sich auf und musterte die Umgebung. Nichts regte sich. Ayala untersuchte den zweiten Rucksack. An der einen Seitenwand steckte eine längliche Segeltuchhülle, die sie zur Kontrolle herauszog. Beim Auspacken wurde sie von Stimmen unterbrochen, die zuerst fern klangen, jedoch rasch näher kamen. Sie inspizierte die kleine Pfeilpistole in der Segeltuchhülle, ehe sie sie eilig wieder einwickelte und in den Rucksack schob. Sie machte den Rucksack zu und ging zum dritten weiter.
Die Stimmen waren nun laut genug, dass sie zwei davon unterscheiden konnte. »Sofort stehen bleiben! Security!«, zischte die eine Stimme atemlos. »Sieht okay aus, Boss«, erwiderte der zweite Mann ruhiger. Ayalas Finger gruben sich in den Inhalt des Rucksacks, während sie jeden Gegenstand musterte. Sie nahm eine rechteckige Metallschachtel heraus, zog den Reißverschluss des Hauptfachs zu und ließ den Rucksack gegen das Bullauge sinken. Der Strahl einer Taschenlampe schwenkte über die Backbordseite des Schiffsrumpfs, und Ayala ließ sich bäuchlings auf den Boden fallen.
»Diego, ich habe meine Anweisungen. Nicht einfach wie ein Affe alles nachmachen.« Die Stimme spuckte die Sätze förmlich aus und holte dazwischen immer wieder Luft. »Morgen ist Mercer weg – dann können wir schlafen.« Der Mann war nur noch wenige Meter vom Anlegeplatz entfernt.
Ayala schnappte sich die Segeltuchhülle mit der Metallschachtel und schlich auf allen vieren zum Bug. Mit einer geschmeidigen Bewegung glitt ihre schwarze Gestalt über die Reling, und schon hing sie an einem Arm außen am Boot, während sie mit dem anderen ihre Beute an sich drückte. Sowie der erste der beiden Männer das Boot betrat, ließ sie los und glitt ins Wasser, ohne dabei ein lauteres Geräusch zu verursachen als die Strömung, die sich am Bug brach.
Mit einem einzigen Scherenschlag bremste sie ihren Fall, ohne unterzutauchen und schaffte es, die Gegenstände über Wasser zu halten. Sie zog sich unter den Schiffsrumpf, und sowie die beiden Männer an Bord kamen, war das Einzige, was sich von Ayala noch über Wasser befand, die Spitze ihres schwarzen Schnorchels und die behandschuhte Hand mit der Schachtel in der Segeltuchhülle, die sie fest gegen die Außenwand des Boots drückte.
Die Sirene verstummte schlagartig. »Na gut – offenbar war es nur eine größere Welle oder so. Trotzdem, Diego, ich wäre gottfroh, wenn schon morgen früh wäre. Ich habe mir mit dieser Geschichte schon genug Ärger eingehandelt. Dabei ist es doch weiter nichts als ein Haufen Affen. Als ob wir davon nicht schon genug hätten. Gehen wir.«
Diego spähte direkt oberhalb von Ayalas Schnorchel über den Bootsrand, ehe er den Kopf zurückzog und wieder auf den Steg hinaustrat. Die Schritte auf den Planken wurden leiser und verstummten schließlich ganz. Fast unsichtbar in ihrem Neoprenanzug, entfernte sich Ayala vom Boot, während sie die entwendeten Sachen mit einer Hand über Wasser hielt und in Seitenlage davonschwamm.
Susan Archer-Bentham schlief auf der einen Seite des Fischerboots und schreckte unsanft hoch, als Ayala tropfnass hineinsprang. Während Susan sich erst sammeln musste, schob Carlos lediglich seinen Hut zurück und musterte Ayala.
Ayala wiederum studierte schweigend den Inhalt der Metallschachtel, bis klickend eine Sprungfeder einrastete und sie einen pistolenförmigen Griff mit drei metallenen Querstreben in der Hand hielt, die zu jeder Seite einen guten Meter weit hinausragten.
»Was ist das?«, fragte Susan ratlos.
»Das«, antwortete Ayala und wies auf die Digitalanzeige am Griff, »ist die Frequenz Ihres Schimpansen.« Sie schlang sich die Segeltuchtasche über die Schulter. »Und jetzt, glaube ich, müssen wir dringend los.«
21
Jamie streckte sich in einem Liegestuhl aus, sodass ihr die Morgensonne Ausschnitt und Arme bräunte. Der Regenwald schlief nie, und das Summen der Insekten, das Jamie stets zu beachten gelernt hatte, hatte sie kurz nach Sonnenaufgang begrüßt, als die Expedition sich am Boot getroffen hatte. Nun schaute sie träge über die Mangroven, die auf beiden Seiten des Anlegestegs den Fluss säumten. Obwohl sie die Expedition drei anstrengende Tage lang bis ins kleinste Detail geplant hatte, kam sie sich seltsamerweise vor wie eine Touristin, die zu einer Kreuzfahrt durch den Dschungel
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