Die Erben der Schöpfung
Gesicht in einer Kapuze blickte ins Zelt herein. »David, ist alles in Ordnung? Sie sehen schrecklich aus.« Der Kopf war patschnass und tropfte aus einer grünen Regenhaut. Er selbst war genauso nass. Sein Kopf dampfte, und seine Haare waren ebenso feucht wie sein restlicher Körper. Regnete es auch im Zelt? Er rang darum, sich zu erinnern.
Jamies Gesicht wurde deutlicher, nachdem sich Mercer den Schweiß aus den Augen gewischt hatte und dabei unter dem Schmerz zusammengezuckt war. Wie spät war es? Sie mussten doch los. Offenbar hatte er verschlafen. Und warum war er so nass? Mühsam kam er auf die Knie, während sein Körper unter jeder Bewegung vor Schmerz ächzte. »Ich komme gleich«, stieß er heiser hervor. Der Kopf verschwand. Draußen beratschlagten zwei Stimmen.
»Zuerst dachte ich, er braucht nur mehr Schlaf, aber er sieht ziemlich schlecht aus«, sagte die Frau.
Die andere Stimme war weniger nachsichtig. »Es ist schon nach zehn. Wir müssen los. Ist er krank?«
»Keine Ahnung. Er hat gesagt, er kommt gleich.«
Mercer richtete sich unter dem niedrigen Zeltdach gebückt auf. Das Zelt begann sich um ihn zu drehen, und er fiel zu Boden. Kurz darauf sah er wieder klar und versuchte erneut aufzustehen. Schwerfällig stolperte er aus dem Zelt in ein schmerzhaft strahlendes Licht. Eigentlich war das Licht ziemlich gedämpft, doch ein paar Sonnenstrahlen hatten es geschafft, die dunklen Wolken und die wenigen Zweige über der kleinen Lichtung zu durchdringen, in der sie ihr Lager aufgeschlagen hatten.
»David, Sie werden ja ganz nass. Wo haben Sie denn Ihre Jacke?«, fragte Jamie.
Er wusste es nicht. Das Einzige, was er wusste, war, dass ihm alles wehtat. »Tut mir leid«, sagte er kraftlos. »Mir geht’s nicht gut.« Jamie kam herüber und nahm seinen Arm, ehe sie ihm eine Hand auf die Stirn legte.
»Sie glühen ja«, sagte sie ruhig. »Gehen Sie lieber wieder rein.« Sie brachte ihn ins Zelt zurück und kam selbst mit hinein. Auch Jeremy steckte den Kopf herein.
»Seit wann fühlen Sie sich schon krank?«, fragte Jamie.
»Keine Ahnung. Erst seit jetzt, glaube ich.«
»Und was spüren Sie?«
»Schmerzen. Vor allem hinter den Augen, aber auch überall sonst. Und ich bin müde. Völlig erschöpft.«
Jeremy und Jamie wechselten Blicke.
Nun stellte Jeremy ein paar Fragen. »Haben Sie vor dem gestrigen Tag schon mal das Firmengelände verlassen?«
»Ich habe vor vier Tagen die Umgebung ausgekundschaftet, als die Schimpansen gerade geflohen waren. Hab mich darum gekümmert, dass das Signalfeuer an der Fähre funktioniert.« Langsam konnte er wieder klarer denken.
»Haben Sie irgendetwas gegessen oder in den Mund gesteckt, seit wir hier sind?«
»Nein.«
»Erinnern Sie sich an irgendwelche Stiche von Moskitos oder anderen Insekten?«, hakte Jeremy nach.
»Wann hätte ich mal keine Stiche gehabt, seit ich hier bin?«
»Haben Sie das Mefloquin genommen?«, wollte Jamie wissen.
Die meisten Malariastämme im Amazonasbecken waren resistent gegen Primaquin, sprachen jedoch nach wie vor auf Mefloquin an, und so nahmen sie es alle prophylaktisch ein.
»Ja.«
»Hatten Sie solche Symptome schon einmal?«
»Ich hatte vor drei Jahren mal Dengue-Fieber, das war so ähnlich, aber nicht so schlimm.« Mercer erinnerte sich an die Episode wie an einen bösen Traum.
Jamie stützte den Kopf in die Hände und rieb sich die Augen, ehe sie sich an Jeremy wandte. »Ich weiß nicht recht. Es könnte Malaria sein, aber auch irgendetwas anderes. Ich bin keine Ärztin, und ich habe nur ein paar Medikamente dabei. Wir könnten ihm Doxycyclin und Paracetamol geben, aber wahrscheinlich sollten wir ihn lieber zum Firmengelände zurückbringen, wo ihn sich jemand anschauen kann.« Sie wandte sich erneut an Mercer. »Können Sie gehen?«
»Ja, keine Sorge. Ich fühle mich schon besser. Gehen wir. Ich will diesen Schimpansen haben.«
»Kommt nicht infrage. Sie müssen umkehren. Jemand begleitet Sie. Ich rufe mal in unserem Basislager an.« Jamie verließ das Zelt und kramte in ihrem Rucksack, bis sie einen kleinen Frischhaltebeutel fand. Sie nahm ein paar Pillen heraus und kehrte ins Zelt zurück.
»Hier, nehmen Sie die«, sagte sie und drückte Mercer zwei Pillen in die Hand. Er schluckte sie langsam, eine nach der anderen.
Jamie verließ erneut das Zelt, beugte sich weit vor, um den Regen abzuhalten, und drückte ein paar Tasten an ihrem Satellitentelefon. Sie wartete und wählte erneut. Diesmal sprach sie kurz, ehe
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