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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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und schlaft euren Rausch aus, Mateys«, befahl er ihnen knurrend. »Ich werde vergessen, dass dieses Gespräch je stattgefunden hat, und ihr werdet mich auch nicht daran erinnern. Habt ihr mich verstanden?«
    »Aye, Sir.«
    McCabe nickte und wandte sich zum Gehen – die Lust auf Rum war ihm vergangen. Mürrisch brummend stampfte er durch den Schankraum, der um diese späte Stunde von Kerlen mit glasigen Blicken bevölkert war, die mehr tot als lebendig wirkten – von denen, die bereits unter den Tischen lagen, ganz zu schweigen. Wütend stieß der Schotte die Tür nach draußen auf, um sein erregtes Gemüt mit ein wenig frischer Nachtluft zu beruhigen. Auf der Schwelle begegnete er Nobody Jim und Unquatl.
    »Ahoi, McCabe«, begrüßte Jim ihn wie immer gut gelaunt. »Alles in Ordnung?«
    »Aye«, erwiderte der Schotte mit einer Stimme, als hätte er soeben vom drohenden Weltuntergang erfahren. »Alles in Ordnung …«
     
     
     
    Nicht nur die Bukaniere waren in den letzten Tagen unruhig geworden – auch Elena de Navarro verspürte wachsende Furcht.
    Wie es hieß, war das Lösegeld ihres Vaters noch immer nicht eingetroffen. Was mochte das nur bedeuten?
    Wieder und wieder hatte Doña Elena nachgedacht und war auf wenigstens drei mögliche Antworten gekommen. Entweder, ihre Entführer belogen sie und hatten die Summe in Wahrheit längst kassiert, dachten aber nicht daran, sie freizulassen. Oder die Nachricht von der Entführung seiner Tochter hatte den Conde noch immer nicht erreicht.
    Oder aber – und diese Möglichkeit gefiel Elena amallerwenigsten – er hatte sie bekommen, dachte jedoch nicht daran, sein Geld dahergelaufenen Piraten in den Rachen zu werfen. Anfangs hatte Elena geleugnet, dass diese Möglichkeit durchaus in Betracht zu ziehen war, hätte Stein und Bein geschworen, dass ihr Vater alles unternehmen würde, um sie aus der Gefangenschaft der Seeräuber auszulösen. Aber mit jedem Tag, der verstrich, ohne dass Kunde aus Maracaibo eintraf, schmolz ihre Zuversicht. Sollte ihr Vater seine Prinzipien tatsächlich über das Wohl seiner Tochter stellen?
    Elena wusste, dass der Conde nichts übrig hatte für Freibeuter und Piraten, ob sie nun unter der Flagge einer fremden Krone segelten oder unter ihrer eigenen. Anfangs hatte sie noch gehofft, dass er die Armada aussenden würde, um sie zu befreien, aber inzwischen hatte die Grafentochter eingesehen, dass die Soldaten keine Chance hatten, sie zu finden. Und was mit ihr geschah, wenn die Armada de Barlavento Tortuga tatsächlich angriff, wollte sie sich lieber erst gar nicht ausmalen.
    Bislang hatte Nick Flanagan Wort gehalten. Er hatte sie beschützt und dafür gesorgt, dass sie anständig behandelt wurde. Sie bekam dreimal am Tag zu essen, durfte einmal pro Woche ein Bad nehmen und bekam regelmäßig frische Kleidung. Dass sie die Kammer in der schäbigen albergue nicht mehr verlassen durfte, hatte sie sich selbst zuzuschreiben, denn sie hatte ausdrücklich danach verlangt, wie eine Gefangene behandelt zu werden, und Nick Flanagan hatte ihrem Wunsch entsprochen. Aber je mehr Zeit verstrich, desto stärker wurde ihr Verlangen, wieder einmal frische Luft zu atmen und unter freiem Himmel zu wandeln.
    Stundenlang stand sie am Fenster, dessen Vorhang sie nicht beiseite ziehen durfte – tat sie es dennoch, wurden ihre Essensrationen gekürzt. Durch die Löcher im schmutzigen Leder erhaschte sie hier und dort einen Blick auf die schmalen Gassen undwindschiefen Dächer der Stadt, jenseits derer sich das türkisblaue Meer erstreckte. In diesen Stunden bekam sie eine leise Ahnung davon, was Nick Flanagan in all den Jahren empfunden haben musste, die er als Sklave verbracht hatte.
    Elena fühlte, wie ihre Abneigung gegen den jungen Kapitän der Bukaniere zu schwinden begann, was nicht zuletzt auch mit dem zusammenhing, was Pater O’Rorke ihr über Nick Flanagan berichtet hatte. Anfangs hatte sie sich geweigert zu glauben, dass ihr Entführer, den sie stets für einen schmutzigen Piraten gehalten hatte, von nicht weniger vornehmer Herkunft sein sollte als sie selbst. Andererseits erklärte es seinen Mut und seine Unerschrockenheit, denn wahren Adel, davon war Elena überzeugt, konnte auch jahrelanges Dasein als Sklave und Pirat nicht beflecken. Überdies war Pater O’Rorke Priester der katholischen Kirche und der Wahrheit verpflichtet, und Elena ertappte sich dabei, dass sie seinen Worten zunehmend Glauben schenkte.
    Es war am dreiundzwanzigsten Tag ihrer

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