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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Sohn zu. »Lass die Leviathan sofort zum Auslaufen klarmachen.«
    »Oui« , bestätigte der Jüngere, verbeugte sich und ging.
    »Und was ist mit mir?«, verlangte Cutlass Joe zu wissen. »Bekomme ich jetzt mein eigenes Kommando?«
    »Das dürfte wohl kaum nötig sein«, erwiderte der alte Bricassart.
    »Weshalb nicht?«
    »Weil du freiwillig darauf verzichten wirst.«
    »Ich soll freiwillig darauf verzichten?« Joe lachte auf. »Was ist mit Euch? Habt Ihr zu viel getrunken?«
    »Keineswegs. Aber mein Gefühl sagt mir, dass du schon in Kürze nicht mehr an ein eigenes Kommando denken wirst. Du wirst glücklich und zufrieden damit sein, mir treu zu dienen bis in den Tod.«
    »Bis in den Tod?« Cutlass schüttelte seine Mähne. »Immer langsam, Meister. Wir wollen nichts überstürzen. Schließlich hatten wir eine Abmachung, und ich werde nicht …«
    Er unterbrach sich, als plötzlich ein Geräusch erklang. Es war der gleichförmige Schlag von Conga-Trommeln, der unheimlich von der hohen Decke widerhallte.
    »Was, bei allen Seeteufeln …?«, knurrte Cutlass Joe, wandte sich um – und erblickte einen kleinwüchsigen Mann mit dunkler Haut, der einen Putz aus Federn trug und Joe fiebernd anstarrte. Dabei murmelte er undeutliche Worte in einer fremden Sprache. Gleichzeitig stimmten Bricassart und seine Leute einen monotonen Gesang an.
    Von ihren Stimmen begleitet, sprang der Schamane um Cutlass Joe herum und vollführte dabei wilde Zuckungen. Und obwohl der Bukanier nicht wusste, was das alles zu bedeuten hatte, beschlich ihn eine unheilvolle Ahnung. Der Schamane blieb nicht allein. Junge Frauen mit langem schwarzem Haar gesellten sich zu ihm, die weite Kutten trugen. Auch sie begannen, um Cutlass im Kreis zu tanzen, und je lauter und rhythmischer die Trommelschläge wurden, desto wilder und ekstatischer wurden ihre Bewegungen.
    Schweiß trat auf Cutlass Joes Stirn, als ihm dämmerte, dass er den Bogen überspannt hatte. Er musste an das denken, was O’Rorke und auch McCabe gesagt hatten – dass Bricassartfinsteren Mächten frönte und man ihm seine Seele verkaufen musste, wenn man der Bruderschaft der Toten beitreten wollte. Cutlass hatte nie etwas auf solches Gerede gegeben, aber als die Congas immer lauter und drängender klangen und die Frauen und der Schamane in keifendes Geschrei verfielen, da ging ihm auf, dass er sich wohl geirrt hatte.
    Ein Tier wurde hereingetragen, ein Hahn, der mit den Flügeln schlug und sich kreischend wehrte – bis der Schamane ihm mit einem einzigen Streich den Kopf vom Rumpf trennte. Den noch flatternden Kadaver hoch über dem Kopf haltend und sich und alles um sich herum mit Blut besudelnd, sprang der kleine Mann umher, während Cutlass Joe, der vor Entsetzen wie erstarrt war, von kräftigen Händen gepackt und in Fesseln gelegt wurde.
    »Was soll das?«, brüllte er über den Gesang und das Geschrei hinweg. Die Frauen rissen sich die Kutten vom Leib, während sie in ekstatischen Bewegungen weitertanzten. Flackernde Schatten huschten über ihre halb nackten Leiber.
    Joe erhielt keine Antwort.
    Mit ausdruckslosen Blicken verfolgten Bricassarts Piraten das Geschehen, frönten weiter ihrem dumpfen Gesang. Keinen von ihnen schien zu kümmern, was vor sich ging, von ihnen hatte Joe keine Hilfe zu erwarten. Und von ihrem feisten Befehlshaber, der auf seinem scheußlichen Podium thronte und jetzt in brüllendes Gelächter verfiel, erst recht nicht.
    »Nimm deine Belohnung entgegen, Verräter!«, rief er Cutlass Joe zu, und plötzlich hielt der Schamane ein längliches Gefäß in der Hand, das aus Schlangenhaut gefertigt war. Der dampfende Inhalt verbreitete ätzenden Gestank, der Joe den Magen umdrehte. Aber Bricassart und sein Gefolge kannten keine Gnade.
    »Dambaala! Dambaala!«, riefen sie, während das Behältnis an Joes Lippen gesetzt wurde und man ihn zwang, daraus zu trinken.Den ersten Schluck verweigerte Cutlass Joe, spie das heiße, gallebittere Gesöff wieder aus. Aber dann packten und würgten sie ihn, und er musste trinken, um nicht zu ersticken. Schluck für Schluck nahm er die dampfende Flüssigkeit in sich auf, die ihm Mund und Rachen verbrühte und ihn von innen heraus zu verzehren schien.
    Dann kam das Vergessen.

7.
    Cayenne, Tortuga
14. Mai 1692
     
    S chon drei Wochen sind vergangen, und noch immer keine Spur von dem verdammten Lösegeld.«
    »Ich sage Euch, Mateys, das geht nicht mit rechten Dingen zu.«
    »Navarro führt etwas im Schilde, das kann ich deutlich

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