Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
Piraten dem Schamanen den Befehl, die Folter zu beenden.
    Der kleine Mann gehorchte augenblicklich. Bereitwillig nahm er die Puppe aus der Flamme, verbeugte sich vor seinem Anführer und verschwand so unvermittelt, wie er aufgetaucht war.
    Navarros Geschrei brach ab.
    Stöhnend wand sich der Conde von Maracaibo auf dem schmutzigen Boden. Äußerlich war er unversehrt, aber dieErinnerung an die Folter hatte sich unauslöschlich in sein Bewusstsein eingebrannt und tiefe Narben hinterlassen. Zitternd versuchte er, sich auf die Beine zu raffen, aber es gelang ihm nicht.
    » Alors, werter Freund«, höhnte Bricassart von oben herab, »ich bin sicher, Ihr werdet es Euch noch einmal überlegen, was unsere weitere Zusammenarbeit betrifft – und ich denke auch, dass Ihr nunmehr in die Verbindung unserer beider Familien einwilligen werdet, n’est-ce pas? «

2.
    Gewässer westlich von Hispaniola
21. Mai 1692
     
    A n Bord einer Ketsch, die sie im Schutz der Nacht vom Steg eines Fischerdorfes gestohlen hatten, hatten Nick und seine Kameraden Tortuga verlassen. Da das Fischerboot mit der typischen Takelung, die aus einem Rahmast vorn und einem Treibermast achtern bestand, nicht für den Einsatz auf hoher See gedacht war, hielten sie sich zunächst in Sichtweite der Küste. Als Fischer getarnt, brauchten sie nicht zu fürchten, entdeckt zu werden – eine Ketsch, die das offene Meer befuhr, war ungleich auffälliger.
    Auf südwestlichem Kurs umrundeten sie die nördliche Halbinsel Hispaniolas. Nicks Plan sah vor, der Küste bis zur Südhalbinsel zu folgen und dort noch einmal an Land zu gehen, ehe sie die lange Überfahrt nach Jamaica wagen wollten. Auf diese Weise hielten sie sich abseits aller Schifffahrtswege und außerReichweite der Piraten, die zwischen den Inseln ihr Unwesen trieben.
    Einen ganzen Tag lang segelte die Ketsch an der Küste entlang; Nick und Pater O’Rorke wechselten sich darin ab, die Ruderpinne zu bedienen, während sich Nobody Jim, Unquatl und der Chinese als Mannschaft des kleinen Seglers betätigten. Ihre Waffen hatten die Bukaniere in ein Fischernetz gewickelt und im Kielraum des Bootes verstaut – ein besseres Versteck war ihnen auf die Schnelle nicht eingefallen. Gewiss würde es einige Augenblicke in Anspruch nehmen, im Notfall zu den Waffen zu greifen. Aber noch ungleich gefährlicher war es, wenn sie als angebliche Fischer mit Waffen in den Händen gesichtet wurden.
    Wegen der gestohlenen Ketsch plagten Nick Skrupel, und er gestand sich ein, dass er einen lausigen Piraten abgab. Die schäbigen kleinen Boote, die an den Stegen der Fischerdörfer vertäut lagen, waren oft der ganze Besitz dieser bettelarmen Leute. Diesen zu rauben, bedeutete, ihnen die Existenzgrundlage zu nehmen und keinen Deut besser zu sein als die Spanier, die sich als Herren der Welt gerierten und sich einfach nahmen, wonach ihnen der Sinn stand.
    Der Zweck musste in diesem Fall die Mittel heiligen, denn für Elena de Navarro ging es um Leben und Tod. Aber Nick schwor sich, dass er, so der Allmächtige es wollte, zurückkehren und den Fischern ihren Schaden ersetzen würde.
    »Aye«, ließ sich Jim vernehmen, der die Rah erklommen hatte und Ausschau hielt, »der Wind steht günstig. Wenn wir weiter so gute Fahrt machen, werden wir die Südhalbinsel morgen Mittag erreichen. Vielleicht ergibt sich dort Gelegenheit, ein größeres Boot zu klauen.«
    »Nein«, lehnte Nick rundheraus ab. »Keine gestohlenenBoote mehr. Wir sind keine Diebe, sondern Bukaniere. Unsere Feinde sind Bricassart und Navarro. Mit den einfachen Leuten haben wir keinen Streit, egal, ob es sich um Franzosen, Spanier oder Holländer handelt.«
    »Was immer du sagst, Käpt’n. Aber hast du wirklich vor, die Passage nach Jamaica in dieser Nussschale zu machen? Da könnten wir ebenso gut versuchen, in einem Fass überzusetzen.«
    »Keine schlechte Idee«, versetzte Nick trocken. »Willst du es ausprobieren? Nur zu, hier im Boot ist es ziemlich eng.«
    Unquatl und der Chinese prusteten los, und nachdem Nobody Jim kurz eine beleidigte Miene gezogen hatte, stimmte auch er in das Gelächter ein, während sich Pater O’Rorke mit einem Schmunzeln begnügte. Seit dem Überfall auf Cayenne hatte keiner von ihnen mehr herzlich gelacht, und auch jetzt hatten sie eigentlich keinen Grund dazu. Sie waren nur fünf Mann – vier abgewrackte Bukaniere und ein vogelfreier Pater gegen eine ganze Armee blutrünstiger Piraten, die in Port Royal auf sie wartete. Aber in

Weitere Kostenlose Bücher