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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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ersinnen.«
    »Was Ihr nicht sagt«, erwiderte Navarro tonlos, während er sich fragte, wie ein dahergelaufener Piratenhäuptling all dies erfahren haben konnte. Es stimmte – seinen Posten in Maracaibo hatte er tatsächlich einer Intrige bei Hofe zu verdanken, die er zu spät bemerkt hatte und der er zum Opfer gefallen war. Allerdings wusste dies kaum jemand, denn Navarro hatte es stets verstanden, selbst Niederlagen noch als Siege zu präsentieren. Schon kurz nach seiner Ankunft in der Kolonie hatte er sich eine neue Machtbasis geschaffen und damit begonnen, im Geheimen an seinem großen Plan zu arbeiten – seinem Plan, die Kolonien zu übernehmen und Carlos vom Thron zu stoßen, der in seinen Augen ein schändlicher Verräter war.
    Wenn Bricassart davon zu wissen vorgab, dann bedeutete das, dass das Oberhaupt der Piratenbruderschaft entweder ein guter Menschenkenner war und einfach nur trefflich geraten hatte; oder aber – und dieser Gedanke erschreckte Navarro – er verfügte über weit mehr Mittel und Möglichkeiten, als er ihm jemals zugetraut hätte. Hatte Navarro seinen Verbündeten etwa unterschätzt …?
    »Ich sehe es Euch an, Navarro«, sagte Bricassart, während er am Knochen nagte wie ein Hund und dabei lautstark schmatzte. »Ihr fragt Euch, wie ich an all dies Wissen gelangt sein kann. Aber tröstet Euch – Ihr seid nicht der erste Mann, der den Fehler begangen hat, mich zu unterschätzen. Allerdings seid Ihr der Erste, der davon noch erzählen kann.« Wieder lachte der Commodore, und wieder stimmte sein Gefolge das geistlose Blöken an, wie eine Herde, die keine Wahl hat, als dem Leittier zu folgen.
    Navarro und seine Offiziere tauschten nervöse Blicke. Dieses Gespräch nahm einen ungünstigen Verlauf, und aus dem Augenwinkel konnte der Conde sehen, dass die Türen des Saales geschlossen wurden. Es war offensichtlich, dass Bricassart etwas plante, und Navarro beschloss, die Flucht nach vorn anzutreten.
    »Was wollt Ihr von mir, Bricassart?«, fragte er rundheraus. »Ich dachte, wir hätten ein Abkommen zu beiderseitigem Vorteil.«
    »Zu beiderseitigem Vorteil?« Die Stirn des Piraten furchte sich. »Ist es Euer Schiff, das in See sticht, um die Silbertransporte abzufangen? Ist es Euer Sohn, der dabei Leib und Leben riskiert?«
    »Ich trage durchaus meinen Teil des Risikos«, verteidigte sich Navarro. »Oder was glaubt Ihr, was geschieht, falls der Vizekönig von unserem Bündnis erfährt?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand Bricassart grinsend. »Vielleicht sollten wir es auf einen Versuch ankommen lassen.«
    Forschend blickte Navarro in das verbliebene Auge des Commodore, glaubte jetzt zu wissen, worauf der Pirat hinauswollte. »Wollt Ihr mich erpressen?«, fragte er. »Wollt Ihr meinen Anteil an der Beute? Ich warne Euch, Bricassart, treibt es nicht zu weit.«
    »Ihr warnt mich?« Das feiste Grinsen wurde noch breiter. »Ihr seid zu Gast in meinem Haus, und Ihr warnt mich? Ihr seid meinen Leuten zahlenmäßig weit unterlegen, und Ihr wagt es, mir zu drohen? Genau das ist es, was mir an unserem Bündnis nicht gefällt, Navarro. Ihr blickt auf mich herab. Ihr seht mich nur als Mittel zum Zweck, als notwendiges Übel, um Eure Ziele zu erreichen.«
    »Aber nein, Bricassart. Ihr missversteht meine Absichten. Es ging mir nie darum, Euch zu …«
    »Mich zu hintergehen?« Der Commodore bleckte die hässlichen Zähne. »Wenn Ihr wüsstet, Navarro. Ihr glaubt Euch imVorteil, wähnt Euch mir überlegen. Dabei wart nicht Ihr es, der die ganze Zeit über die Regeln dieses Spiels bestimmt hat, sondern ich. Nicht Ihr habt mich benutzt, sondern ich habe Euch dazu benutzt, mich in eine Position zu bringen, die es mir erlaubt, meine Ziele und Pläne zu verwirklichen – und ich kann Euch versichern, werter Conde, dass diese Pläne sich nicht darin erschöpfen, die Schatzkammern dieser Festung bis unter den Rand mit Gold und Silber zu füllen.«
    »Nein?« Navarro war merklich blasser geworden. Er hielt das Bratenstück noch in der Hand, aber er biss nicht mehr davon ab. Sein Appetit war in Anbetracht der Tischgesellschaft ohnehin nicht übermäßig gewesen. Inzwischen war er ihm ganz vergangen.
    »Keineswegs. Aber hätte ich Euch von Beginn an verraten, was meine Ziele sind, so wärt Ihr wohl schwerlich das Bündnis mit mir eingegangen. Und ich brauchte Eure Hilfe, ebenso wie ich das Silber Eurer Galeonen brauchte.«
    »Um was damit zu tun?«
    »Um Waffen zu kaufen«, erklärte Bricassart unverwandt. »Um ein

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