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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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war vergittert, und aus der Ferne waren grässliche, angstvolle Schreie zu hören,die Nick nur allzu klar machten, wo er sich befand: in Navarros Kerker, tief unter den Mauern und Türmen der Festung Maracaibo.
    Die einzige Beleuchtung war eine blakende Fackel, die in einem Wandhalter steckte und Nick erkennen ließ, dass er nicht allein war in seinem düsteren Gefängnis: Der alte Angus kauerte neben ihm, angekettet wie er, aber immerhin am Leben. Die Augen hatte er geschlossen, sein Atem ging leise und keuchend.
    »Vater!«
    Nick erschrak beim Klang seiner eigenen Stimme, die sich dünn und brüchig anhörte. Angus, dessen Züge im Fackelschein gespenstisch bleich wirkten, regte sich und schlug die Augen auf.
    »Junge?«, fragte er mit tonloser Stimme.
    »Ich bin hier, Vater. Gottlob bist du am Leben. Ich fürchtete schon …«
    Angus gab einen verächtlichen Laut von sich. »Zu sterben wäre besser gewesen, als in diesem finsteren Loch zu enden. Törichter Junge, was hast du nur getan?«
    »Verzeih, Vater«, gab Nick zurück. »Ich konnte nicht einfach zusehen, wie San Guijuela dich erschlagen wollte.«
    »San Guijuela«, echote der Alte, als erinnere er sich erst jetzt an den grausamen Aufseher. »Wo ist er geblieben?«
    »Dort, wo er so viele andere hingeschickt hat«, erwiderte Nick grimmig. »Der Blutegel wird niemanden mehr quälen.«
    »Er … er ist tot?«
    »Das nehme ich an.«
    »Verdammt.« Angus biss sich auf die schmalen Lippen. »Was hast du nur getan? Du hast alles zerstört … alle Hoffnung, die du jemals hattest.«
    »Zerstört?« Nick hob die Brauen. »Was meinst du, Vater? Wovon redest du?«
    Angus schenkte ihm einen undeutbaren Blick. Dann holte er keuchend Luft und hob zu einer Erklärung an – als von außerhalb der Zelle laute Schritte hörbar wurden und das Klirren von Waffen und Rüstungen. Bedrohliche Schatten wuchsen an der Stollenwand jenseits der Gittertür empor, und mehrere Männer erschienen.
    Nick und sein Vater waren nicht wenig erstaunt, als sie erkannten, wer sie in ihrer Kerkerzelle aufsuchte: Graf Navarro persönlich, der Conde von Maracaibo, in Begleitung einiger Soldaten, die spanische Helme und Brustpanzer trugen. Ein verschlagen aussehender Mann in abgetragener Kleidung war bei ihnen, den Nick als einen der Sklaventreiber erkannte.
    »Das sind die beiden Aufrührer?«, erkundigte sich Navarro herrisch.
    »Ja, Exzellenz.« Der Aufseher beugte unterwürfig das Haupt.
    »Welcher von beiden hat Ramirez getötet?«, erkundigte sich Navarro, und so erfuhr Nick auf diese Weise den wirklichen Namen des Mannes, den sie alle nur als den »Blutegel« gekannt hatten.
    »Dieser da.« Der Aufseher deutete auf Nick. Daraufhin zeigte sich Befremden in den Zügen des Conde.
    »Kenne ich dich nicht?«, fragte er. »Bist du nicht der freche Bursche, der es gewagt hat, meine Tochter anzustarren?«
    Nick erwiderte nichts. Er hatte nicht den Eindruck, dass er seine Lage dadurch verbessern würde, also schwieg er.
    »Gewöhnlich«, fuhr Navarro fort, »mische ich mich nicht in die Belange von euch Sklaven. Der Conde von Maracaibo ist ein zu mächtiger und zu wichtiger Mann, als dass er Zeit hätte, sich mit Abschaum wie euch zu befassen. Aber wenn ein Sklave revoltiert und einen Aufseher tötet, so ist das ein Vorfall, der meine persönliche Aufmerksamkeit erfordert – und meine ganzeHärte.« Navarro grinste – ein hinterhältiges, gemeines Grinsen, wie Nick fand. Er zweifelte nicht daran, dass der Graf die Todesstrafe über ihn verhängen würde.
    »Bitte, Exzellenz«, ließ sich jetzt der alte Angus vernehmen, »Ihr müsst mich anhören.«
    »Wer bist du?«
    »Ich bin der Vater dieses Jungen«, erklärte der Alte mit brüchiger Stimme. »Was er getan hat, tat er nur, um mir zu helfen. Keinen anderen als mich trifft also die Schuld an dem, was geschehen ist.«
    »Ist das wahr?«, wandte sich Navarro an Nick.
    »Nein.« Nick schüttelte entschieden den Kopf. »Ich bat Ramirez, meinen Vater zu schonen, weil er alt ist und krank. Aber Ramirez wollte nichts davon wissen. Auf dem Rückweg zur Stadt brach mein Vater zusammen, und Ramirez wollte ihn zu Tode prügeln. Das konnte ich nicht zulassen.«
    »Also hast du Ramirez getötet.«
    »Es war nicht meine Absicht, ihn zu töten.«
    »Dennoch hast du es getan – und damit fast eine Revolte ausgelöst. Die Aufseher hatten alle Hände voll zu tun, einen Aufstand zu verhindern. Weißt du, welche Strafe aufständischen Sklaven droht?«
    »Ich kann es

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