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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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unvorsichtigen Piraten das Leben kostete. Ein anderer Seeräuber gab aus seiner Steinschlosspistole Feuer, und Nick und seine Gefährten konnten das Blei vorbeipfeifen hören, das sie nur um Haaresbreite verfehlte. Unbeirrt pullten sie enger an den Turm heran – und hatten einen Herzschlag später den aus groben Steinen gemauerten Kranz erreicht.
    Nick war der Erste, der aus dem Netz springen wollte. Unvermittelt sah er sich einem Piraten gegenüber, der unter heiserem Geschrei seine Muskete auf ihn anlegte. Die trichterförmige Mündung zielte auf Nick und wollte bleiernen Tod auf ihn spucken – aber Nick griff an seinen Gürtel, zog den Dolch und schleuderte ihn aus dem Handgelenk.
    Die Klinge zuckte vor und bohrte sich in die Kehle des Schützen, dessen Schrei jäh erstarb. Mit zusammengebissenen Zähnen setzte Nick auf den Turm über und stürzte sich auf den Getroffenen, der unter ihm zu Boden ging. Schon hatte Nick nach der schussbereiten Muskete gegriffen und richtete sie auf den Schatten, den er aus dem Augenwinkel wahrnahm. Der Schuss krachte, und ein weiterer Pirat, der eine schreiend rote Schärpe über seinem nackten Oberkörper trug, sank getroffen nieder.
    Mit einem Kampfschrei setzte auch Nobody Jim über die Zinnen, den blanken Dolch zwischen den Zähnen, und stürzte sich auf den nächsten Gegner. Der letzte verbliebene Schütze wollteseine Waffe auf ihn abfeuern, aber ein gefiederter Schaft steckte in seiner Brust, noch ehe er dazu kam. Der Pirat taumelte zurück und stieß gegen die Brüstung, kippte zwischen zwei Zinnen hindurch und verschwand in der Tiefe.
    Nick wollte Nobody Jim zu Hilfe kommen, aber der hatte sein blutiges Handwerk schon verrichtet und die Klinge zwischen den Rippen eines Gegners versenkt. Unquatl und der Chinese halfen dem verletzten Pater dabei, aus dem Netz zu klettern, während die durchlöcherte Seidenhülle des Fliegenden Drachen im Wind flatterte wie ein losgeschlagenes Segel. Von der Bugflamme in Brand gesteckt, fing der Flugkörper Feuer, und kaum hatten Unquatl und der Chinese O’Rorke auf die Turmplattform gezogen, sackte das Luftschiff ab und stürzte in die Tiefe, lodernde Flammen hinter sich herziehend.
    Nick, der sich rasch mit dem Säbel und der Pistole eines Gefallenen bewaffnet hatte, eilte zu dem Mönch, dessen Kutte am linken Arm blutdurchtränkt war. Das gütige Lächeln war aus O’Rorkes Zügen verschwunden, und er war merklich blass geworden – den Humor hatte er trotzdem nicht verloren. »Tut mir Leid, Junge«, presste er mühsam hervor. »Ich war der Kugel im Weg.«
    »Was ist passiert, Pater?«, fragte Nick, während er den Ärmel der Kutte aufriss und die Wunde in Augenschein nahm – es war ein glatter Durchschuss, der den Knochen verfehlt hatte, aber höllischen Schmerz bereiten musste. »Hat der Herr Euch diesmal im Stich gelassen?«
    »Keineswegs, Sohn – die Kugel hätte mich auch mitten ins Herz treffen können …«
    Nick riss einen Ärmel seines Hemdes ab und nahm ihn, um die Wunde notdürftig zu verbinden.
    »Wird es gehen?«, fragte er besorgt.
    »Natürlich. Ich habe nicht vor, hier auf dem Turm zu bleiben. Außerdem brauche ich Gewissheit …«
    Nick kam nicht dazu, den Mönch zu fragen, worüber er Gewissheit haben wollte. Stattdessen half er ihm auf die Beine und wandte sich den anderen zu, die sich ebenfalls mit erbeuteten Waffen eingedeckt hatten – nur Unquatl war bei Pfeil und Bogen geblieben, denen er mehr vertraute als den Donnerbüchsen des Weißen Mannes. Jim hatte bereits die Falltür angehoben, die ins Innere des Turmes führte. Über eine steile Holzleiter ging es in die Tiefe.
    »Vorwärts«, drängte Nick und stieg als Erster hinab, »wir haben keine Zeit zu verlieren. Am besten, wir teilen uns auf – ich werde mich um Bricassart kümmern, während ihr nach Elena sucht.«
    Die Kameraden widersprachen nicht und folgten ihm die Treppe hinunter in eine Turmkammer, die als Messe für die Wachen diente und in der es einen grob gezimmerten Tisch und einige Stühle gab, dazu einen Waffenständer an der Wand. Von hier aus führte eine steinerne Wendeltreppe weiter in die Tiefe, die Nick und seine Gefährten eilig hinabliefen. Dabei hatten sie das Gefühl, in ein Verlies zu steigen; die Fenster und Schießscharten waren allesamt verhüllt, weder Mondlicht noch der Widerschein der Flammen drang herein.
    Die Bukaniere nahmen sich Fackeln aus den Wandhalterungen und beleuchteten damit ihren Weg. Innerhalb der steinernen Röhre,

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