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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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einschlugen. Unentwegt flammten die Stückpforten der drei Schiffe auf, schickten Kugeln und Kartätschen auf den Weg, die verheerende Schäden anrichteten. Einige der Schiffe, die wehrlos in der Bucht vor Anker lagen, verwandelten sich in schwelende Wracks, noch ehe ihre Kanonen auch nur einen Schuss abgegeben hatten. Gefällte Masten gingen unter wüstem Getöse nieder, Aufbauten fingen Feuer. Sowohl auf den Decks als auch entlang des Ufers rannten Menschen lebenden Fackeln gleich umher, um sich schreiend in die Fluten zu stürzen, während der Beschuss durch die Angreifer erbarmungslos weiterging.
    Die Stückmannschaften und ihre Kommandanten arbeiteten mit äußerster Disziplin. In dichter Folge ließen sie die Geschütze sprechen, nahmen das Ufer und die Festung unter Feuer. Ein gewaltiger Schlag ließ die Bastion erzittern, als eine Kartätsche in das grobe Mauerwerk klatschte. Gesteinsbrocken wurden davongeschleudert, die Anlage in ihren Grundfesten erschüttert.
    Kopflos und völlig überrascht von dem unerwarteten Angriff, eilten die Festungswachen auf die Wehrgänge – um von weiteren Kugeln, die dicht hintereinander einschlugen, hinweggefegt zu werden. Hier wurde die Brüstung getroffen und eine fünf Yards breite Kerbe hineingerissen, dort zerbarst ein Wachturm unter einem direkten Treffer. Der Lärm über dem Innenhof der Festung war dabei unbeschreiblich: Der ferne Kanonendonner, die wuchtigen Einschläge und das Geschrei der entsetzten Männer vereinten sich zu beängstigendem Getöse, in das sich der metallische Klang der Alarmglocke mischte. Unter lauten Rufen wurden die Geschützmannschaften auf ihre Posten gerufen, um die Attacke zu beantworten, und ein Unterführer wurde zu Commodore Bricassart geschickt, um ihm die unfassbare Nachricht zu überbringen.
    Port Royal wurde angegriffen.
     
     
     
    Die heidnische Zeremonie, in der Elena de Navarro zu Elena Bricassart werden sollte, hatte begonnen.
    Unter Zauberformeln und Beschwörungen hatte der Schamane das Brautpaar umtanzt und Opfergaben dargebracht, die er vor dem grausigen Schrein platzierte. Der monotone Klang der Trommeln hatte sich dabei noch verstärkt, war zu einem Tosen angeschwollen, das Elenas Magen erbeben ließ. Ihr wurde übel, während sie wie in Trance auf den Schamanen starrte und sich immer wieder einredete, dass auch diese Demütigung irgendwann zu Ende gehen würde. Nur ihren Körper konnten sie zwingen, nicht ihren Geist – mit diesem Credo, das sie sich wieder und wieder vorsagte, versuchte die junge Frau, ihren Verstand gegen den Wahnsinn abzuschirmen, der Bricassart bereits erfasst hatte.
    Hohnlachend saß das Oberhaupt der Piratenbruderschaft auf seinem Thron, stimmte in die wüsten Gesänge und Beschwörungsformeln ein und rief Dambaala an, die Schlangengottheit, die sein Kult verehrte. Sein massiger Körper bewegte sich dabei im Rhythmus der Congas und erinnerte an eine Qualle, die an Land gespült worden war. Auch Elenas Bräutigam und ihr Vater, der Conde, waren ganz der Zeremonie verfallen und lauschten verzückt dem Trommelschlag, der den Audienzsaal erfüllte und jedes Geräusch von außen übertönte.
    So geschah es, dass der beginnende Angriff auf Port Royal den Bricassarts zunächst verborgen blieb. Erst als die Kartätsche in die Festungsmauer einschlug, wurden sie aufmerksam.
    Die Erschütterung war so heftig, dass der steinerne Boden erzitterte und die Kadaver an den Ketten hin und her baumelten. Für einen Augenblick glaubte Elena, nur sie spüre die Erschütterungen, und tat sie als Sinnestäuschung ab – doch als unter den Piraten aufgeregtes Geschrei ausbrach, wurde ihr klar, dass es sich nicht so verhielt. Jäh setzten die Trommeln aus, und Bricassarts totenbleiche Miene verfinsterte sich.
    »Was geht da vor sich?«, fragte er, während weitere Einschläge folgten, jeder heftiger als der zuvor. Selbst durch die verschlossenen Fenster waren das Krachen von Explosionen und die gellenden Schreie Verwundeter zu hören.
    Damian Bricassart begriff noch vor seinem schwerfälligen Vater, was die Stunde geschlagen hatte. Seine Braut und die Hochzeitsfeier im Stich lassend, zog er die Klinge und wollte zur Tür, als diese von außen aufgerissen wurde und ein Unterführer erschien, dem das Entsetzen in seine schweißglänzenden Züge geschrieben stand.
    »Angriff!«, stieß er zwischen keuchenden Atemzügen hervor. »Wir werden angegriffen!«
    Einen Augenblick war es totenstill im Audienzsaal, nur ferner

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