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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Auftrieb noch aus, um die Festungsmauern von Süden her zu überfliegen, während die Aufmerksamkeit der Mauerposten und Kanoniere nach Westen gerichtet war, in Richtung der Bucht.
    Auf den Geschützplattformen und Wehrgängen war die Hölle los; Befehle wurden gebrüllt, Posten liefen in heilloser Verwirrung umher, in unkoordinierter Folge donnerten die Kanonen. Der Angriff hatte die Piraten völlig überrascht – die Frage war allerdings,wie lange die Überraschung andauern würde. Wurde die Verteidigung von Stadt und Festung erst wirkungsvoll organisiert, hatte Scarboroughs Einheit nicht die geringste Chance – es sei denn, Nick und seine Gefährten kamen noch dazu, ihre Mission auszuführen. Ihre Erfolgsaussichten waren allerdings rapide gesunken, denn jetzt, wo Bricassart gewarnt war, würde es nahezu unmöglich sein, an ihn heranzukommen.
    Wäre es nur um Scarborough selbst gegangen, hätte Nick die Sache abgeblasen; er verspürte kein Verlangen, der Steigbügelhalter eines Mannes zu sein, der nur an seinen eigenen Ruhm dachte und Nick und seine Kameraden schmählich verraten hatte. Aber er musste auch an die Mannschaften auf den Schiffen denken, brave Seeleute, die es nicht verdient hatten, für die Dummheit ihres Befehlshabers mit dem Leben zu bezahlen. Und an Elena, die irgendwo auf dieser Festung gefangen gehalten wurde …
    Noch immer war das seltsame Objekt am Himmel nicht entdeckt worden, und jetzt sorgte der aufsteigende Pulverdampf dafür, dass Nick und seine Freunde zusätzliche Deckung erhielten. Der Turm über dem alten Gouverneurspalast kam in Sicht. Das Luftschiff flog hoch genug, um ihn zu erreichen, aber es war abzusehen, dass es ihn weit verfehlen würde – und auf ein weiteres Wunder wollte Nick nicht warten.
    »Unquatl!«, rief er – und der Indianer wusste, was zu tun war.
    Ursprünglich hatte sein Geschick im Umgang mit Pfeil und Bogen dafür sorgen sollen, dass der Fliegende Drachen sein Ziel erreichte – nun hing ihrer aller Leben von Unquatls Treffsicherheit ab. Während das Luftschiff von den Kräften des Windes hin und her geschleudert wurde, zog der Indianer einen für diesen Zweck vorgesehenen metallenen Pfeil aus dem Köcher, dessen Ende mit einer Öse bestückt war. Um diese war ein dünnes, aber starkes Tau geknotet.
    Unquatl legte den Pfeil auf den Bogen und zog die Sehne zurück, zielte auf den Turm – dessen Besatzung in diesem Augenblick auf das eigenartige Objekt aufmerksam wurde, das mit loderndem Schlund auf sie zugeflogen kam. Die Männer, die nicht wussten, was sich ihnen da näherte, verfielen in entsetztes Gebrüll. Nur einer zeigte sich beherzter als seine Kameraden. Mit beiden Händen wuchtete er die schwere Muskete auf die Brüstung, zielte auf den Fliegenden Drachen und steckte die Lunte in Brand.
    »Jetzt!«, brüllte Nick – und Unquatl ließ den metallenen Pfeil von der Sehne schnellen.
    Wie ein Blitz überwand das Geschoss die kurze Distanz, das Tau nach sich ziehend, und traf den Turmposten in die Brust.
    Die Lunte an der Muskete brannte noch, als der Mann zwischen den Zinnen verschwand und seine klobige Waffe mit ihm. Noch im Fallen zündete die Ladung. Es krachte infernalisch, aber der Schuss verpuffte wirkungslos am Nachthimmel.
    »Tau einholen!«, befahl Nick – und schon gingen Jim, der Chinese und Pater O’Rorke daran, in fliegendem Wechsel an dem Seil zu ziehen, das sich, mit dem Leichnam des Turmpostens als Gegengewicht, sofort straffte. Nun, da es wieder eine Führung besaß, stemmte sich das gebeutelte Luftschiff gegen den Wind und richtete sich aus. Mit flatterndem Schweif und von der Bugflamme getragen, erlebte der Fliegende Drachen einen letzten Augenblick der Glorie – ehe er von den Kugeln durchsiebt wurde, die die verbliebenen Turmwachen herüberschickten.
    O’Rorke ließ einen heiseren Schrei vernehmen, als ein Stück Blei in seinen Arm fuhr und seine Kutte zerfetzte.
    »Pater!«
    Mit einem Hechtsprung setzte Nick auf die andere Seite des Netzes, zog den verwundeten Mönch aus der Schusslinie undlegte selbst Hand an das Seil, um das Luftschiff an den Turm heranzuziehen. Eine Feuerpause trat ein, als die Schützen in Deckung gingen, um Pulver und Blei in die Läufe ihrer Musketen zu stopfen.
    Der Drachen gewann dadurch wertvolle Zeit. Er hatte den Turm bis auf wenige Yards erreicht, als die Schützen erneut hinter den Zinnen auftauchten.
    Unquatl hatte nur darauf gewartet und schickte einen zweiten Pfeil auf Reisen, der einen

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