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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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wenn die Mehrheit gegen dich ist, kannst du überstimmt werden.«
    Cutlass Joe schnaubte hörbar und mahlte mit den Zähnen, doch er widersprach nicht. Auch er achtete die besondere Stellung, die der Mönch an Bord der Seadragon genoss.
    »Also, Männer«, wandte sich O’Rorke an die Mannschaft, die neugierig auf Deck zusammengeströmt war – Nick zählte insgesamt achtzehn Mann, die alle gleich verwildert aussahen. »Wie steht es? Wollt ihr den Rat eures Käpt’ns befolgen und diese beiden Männer kaltblütig umbringen? Oder wollt ihr ihnen die Gelegenheit geben, in diese Mannschaft aufgenommen und eure Kameraden zu werden? Wer dafür ist, ihr Leben zu schonen, der hebe die Hand.«
    McCabe war der Erste, der seine fleischige Rechte in die Höhe schnellen ließ. Der Grieche und der Chinese gesellten sich hinzu, und auch der Hagere vom Achterdeck. Dadurch ermutigt, hoben noch mehr Besatzungsmitglieder die Hände, sodass sich schließlich siebzehn Arme in den sattblauen Himmel reckten – nur jener von Cutlass Joe nicht.
    »Damit ist es entschieden«, verkündete O’Rorke sichtlich erleichtert. »Die beiden werden nicht über die Planke geschickt, sondern können sich an Bord bewähren.«
    »Von mir aus«, schnappte Joe beleidigt. »Sollen die beiden halt bleiben. Aber sollten sie auch nur einen einzigen Fehler machenoder wir ihretwegen Schwierigkeiten mit den Spaniern bekommen, werde ich sie beide an der obersten Rah aufknüpfen lassen, ist das klar?«
    »Aye«, erwiderte McCabe grinsend, und als wäre nichts geschehen, gingen die Männer wieder an ihre Arbeit. Der Pater jedoch blieb und half Nick auf die Beine.
    »Alles in Ordnung, Sohn?«
    »Ja, Sir«, sagte Nick. »Schätze, wir sind Euch zu großem Dank verpflichtet. Ohne Eure Hilfe wären wir dran gewesen.«
    »Danke mir nicht zu früh. Ihr seid am Leben, aber ihr befindet euch auf unheiligem Boden.«
    »Wovon sprecht ihr?«
    Der Pater lächelte müde. »Von einem finsteren Schicksal, mein Junge. Ihr seid unter Piraten und Räuber geraten, unter Vogelfreie, die von Briten wie Spaniern gleichermaßen gejagt werden.«
    »Vogelfrei?« Jim setzte ein verwegenes Grinsen auf. »In meinen Ohren hört sich das viel versprechend an. Was kann einem Sklaven wohl Besseres widerfahren?«
    »Deine Worte sind unbedacht, Freund«, erwiderte O’Rorke mit freudlosem Lächeln. »Euer Schicksal hat euch auf ein Schiff verschlagen, das unter keinem guten Stern segelt, und seine Besatzung mit ihm. Dennoch magst du vielleicht Recht haben, denn man weiß nie, auf welch seltsamen Wegen der Herr das Schicksal lenkt.«
    Während er dies sagte, bedachte er Nick mit einem prüfenden Blick, den dieser nicht recht zu deuten vermochte. Nick dachte daran, dass der Mönch die Frau auf dem Bild gekannt zu haben schien, und er beschloss, ihn bei Gelegenheit danach zu fragen.
    Vorerst aber wollte er nichts anderes tun, als frische Seeluftzu atmen und die neu gewonnene Freiheit zu genießen. Über schwankende Planken trat er ans Schanzkleid und sog die salzige Luft tief ein, genoss das Kreischen der Möwen, die über der Seadragon kreisten und auf Abfälle aus waren, die ins Meer geworfen wurden.
    Freiheit.
    So lange hatte er von ihr geträumt, hatte sie herbeigesehnt wie nichts zuvor in seinem Leben – nun endlich hatte er sie erlangt.
    In seiner Euphorie bemerkte er nicht die prüfenden Blicke, mit denen O’Rorke ihn bedachte.

5.
    Karibische See
40 Seemeilen südöstlich von Hispaniola
     
    D er Name des Schiffes war San Felipe .
    Seit dem frühen Morgen war es unterwegs, es hatte den Hafen von Maracaibo kurz vor Sonnenaufgang verlassen. Der breite, ausladende Rumpf der spanischen Galeone teilte die Wellen, ihre Segel blähten sich im Wind. Obwohl sie schwer geladen hatte und entsprechenden Tiefgang besaß, kam die San Felipe rasch voran. Der Capitán hatte die Mastbacken ausfahren und die Beisegel setzen lassen; er wollte den günstigen Wind nutzen, um möglichst rasch das Ziel zu erreichen, das östlich von Hispaniola lag – ein geheimer Schatzhafen, in dem die Galeonen der Silberflotte sich sammelten, um im geschützten Verband die Reise nach Spanien anzutreten.
    Da die Luvpassage und die umliegenden Gewässer seit Jahrzehnten das Gebiet skrupelloser Piraten und Freibeuter waren, die sich auch nicht scheuten, befestigte Häfen und Siedlungen anzugreifen, war der Vizekönig auf den Gedanken verfallen, geheime Stützpunkte einzurichten, in denen das Gold und Silber der Neuen Welt

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