Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
Großmast gespalten worden.
    Wie durch ein Wunder war Cesar unverletzt geblieben, aber es gab keinen Grund, sich darüber zu freuen. Denn inzwischen war die Pinasse der Piraten längsseits gegangen, und auf dem Schanzkleid und in den Wanten erblickte der Capitán schreckenerregende Gestalten, die blanke Säbel und Entermesser schwangen.
    »Klar zum Gefecht!«, brüllte Cesar aus Leibeskräften und hob sein Rapier, und wo sich unter den Trümmern auf Deck etwas regte, dort wurde auf seinen Befehl reagiert. Ein paar Soldaten waren noch auf den Beinen, und durch den Niedergang kamen einige Matrosen herauf, die unter Deck Zuflucht gesucht hatten. Mit Messern und Pistolen bewaffnet, erwarteten sie den Feind, der ihnen an Stärke und Zahl weit überlegen war. Die Piraten an Bord der Pinasse verfielen in wütendes, schauriges Gebrüll, das die spanischen Seeleute nur noch mehr in Panik versetzte, und im nächsten Augenblick wurden auch schon die Enterhaken geworfen.
    Unter wüstem Gebrüll und mit ausdruckslosen Gesichtern gingen die Piraten an Bord der San Felipe. Die Verteidiger gaben Feuer, und einige der Seeräuber wurden getroffen und stürzten kopfüber in die See. Ihre Kumpane ließen sich dadurch nicht beirren, sie schienen weder Tod noch Teufel zu fürchten. Ihr Anblick erschreckte Cesar; diese Männer hatten etwas an sich, das ihm unheimlich war. Etwas Fremdes, Unmenschliches, das er nicht begreifen konnte.
    Schon stürmten zwei von ihnen die in Trümmern liegende Treppe zum Achterdeck herauf. Der Capitán stellte sich ihnen entgegen. Den ersten durchbohrte er mit dem Rapier, demzweiten schickte er eine Kugel in die Brust. Zum Triumph war jedoch kein Anlass, denn gleichzeitig fiel eine ganze Meute blutrünstiger Piraten über Cesars Leute her und metzelte sie mit blanken Waffen nieder.
    Todesmutig sprang der Capitán auf das Oberdeck, wollte seinen Männern zu Hilfe kommen, um gemeinsam mit ihnen den Kampf gegen die Piraten aufzunehmen – aber diese ließen es nicht dazu kommen. Mit gleichgültigen Mienen verstellten sie Cesar den Weg, sodass sein wütender Sturmlauf schon nach wenigen Schritten endete. Auf den von Blut und Wasser glitschigen Planken glitt der Capitán aus und schlug zu Boden; er fand sich inmitten blutiger, verstümmelter Körper wieder, ehe grobe Pranken ihn packten und wieder auf die Beine stellten. Von seinen Leuten war nichts mehr zu hören – die Piraten hatten alle umgebracht, Gnade hatten sie keine gewährt.
    Gefasst wartete Cesar darauf, dass einer der groben, in stinkende Lumpen gehüllten Kerle auch ihm den Todesstoß versetzen würde, aber nichts dergleichen geschah. Stattdessen teilten sich die Reihen der Piraten, und ein Mann trat auf ihn zu, der zweifellos der Kapitän der Mordbande war und eine eindrucksvolle Erscheinung bot.
    Seine Beine steckten in langen schwarzen Stiefeln, die ihm bis weit über die Knie reichten, Hemd und Waffenrock waren gleichfalls in tiefstem Schwarz gehalten. Überraschend war das Alter des Mannes: Der Kommandant des Piratenschiffes mochte nur an die zwanzig Sommer gesehen haben. Kurzes blondes Haar umrahmte ein fein geschnittenes, blasses Gesicht. Zwei kalte Augen starrten daraus, die den Capitán an die eines Haifischs erinnerten.
    »Seid Ihr der capitaine dieses Schiffes?«, erkundigte sich der Pirat mit unverkennbar französischem Akzent, und Cesarwusste augenblicklich, mit wem er es zu tun hatte: mit dem »Franzosen«, einem überaus gefürchteten und blutrünstigen Piraten, der schon seit Jahrzehnten die Kolonien terrorisierte. Nur – hätte der Franzose nicht um vieles älter sein müssen? Die Gerüchte, denen zufolge er mit unheimlichen Mächten paktierte, die ihm seine Jugend erhalten hatten, schienen also wahr zu sein …
    Der Capitán merkte, wie eisige Furcht ihn ergriff. »Si, Senõr«, erwiderte er eingeschüchtert und versuchte, so viel Würde zu bewahren, wie ihm möglich war. Seinem Stand als capitán de guerra entsprechend, hätte er vor dem Mordbrenner ausspucken und sich weigern müssen, mit ihm auch nur ein Wort zu wechseln – stattdessen klammerte er sich von Entsetzen geschüttelt an die Hoffnung, dass der Pirat ihn schonen werde, wenn er ihn nur respektvoll und höflich behandelte. Wie es das Zeremoniell unter Seeoffizieren verlangte, übergab er dem Kapitän sein Rapier und verbeugte sich dabei, sich der Gunst des siegreichen Feindes ausliefernd.
    »Nehmt meine Kapitulation entgegen, Senõr«, sagte er dazu und erwartete bebend

Weitere Kostenlose Bücher