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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Glücksrittern und Galgenvögeln aus der ganzen Welt, die es irgendwie in die Karibik verschlagen hatte. So hatte sich Nick das Schiff, mit dem er in die Freiheit segeln würde, ganz sicher nicht vorgestellt, aber wie die Dinge lagen, konnte er wohl nicht wählerisch sein. Seine anfängliche Enttäuschung schlug jedoch in Verwunderung um, als er die hölzerne Galionsfigur erblickte, die sich um den Bugspriet des Schiffes rankte: Es war das Abbild eines sich windenden Drachen, der den Rachen weit aufgerissen hatte und seine Flügel spreizte. Er erinnerte Nick an die Gravur auf dem Medaillon, das er nun um den Hals trug.
    War dies purer Zufall, eine Laune des Schicksals? Oder wollte eine höhere Macht ihm sagen, dass er auf dem richtigen Weg war und dieses Schiff ihn seiner Bestimmung näher brachte? Nick wusste es nicht zu sagen, aber der Anblick des Drachen bestärkte ihn in seinem Vorhaben, nach seinen Wurzeln zu suchen und sich dabei auch von einer Hand voll dahergelaufener Piraten nicht aufhalten zu lassen.
    Die Schaluppe ging längsseits, und über eine Jakobsleiter, die herabgelassen wurde, enterte die Besatzung auf. Kaum hatte Nick seinen Fuß auf die schmutzigen Planken gesetzt, stieg ihm schon der strenge Geruch in die Nase, der an Deck herrschte – eine eigentümliche Mischung aus fauligem Fleisch, Schweiß und Teer, in die sich das süßliche Aroma von frisch gebranntem Rum mischte.
    Die Seeleute auf dem Oberdeck unterbrachen ihre Arbeit, blickten auf und starrten die Besucher neugierig an.
    »Arh, McCabe«, rief ein hagerer Kerl vom Vordeck herab, »was hast du denn da mitgebracht?«
    »Zwei entlaufene Sklaven«, gab der Schotte grinsend zurück. »Wir haben sie ein paar gefräßigen Alligatoren vom Teller gefischt.«
    »Du hättest sie den Alligatoren lassen sollen – es gibt so schon nicht genug zu schlucken auf diesem Kahn. Nicht wahr, Mateys?« Der Hagere blickte sich um, und seine Kameraden bekundeten lauthals ihre Zustimmung.
    »Verdammt, was ist das für ein Lärm?«, scholl es vom Achterdeck herüber. »Ihr sollt arbeiten, ihr Bilgeratten, hört ihr nicht? Muss ich euch erst die Hammelbeine lang ziehen?«
    Nick wandte sich um.
    Auf dem Achterdeck stand ein Mann, der nicht weniger heruntergekommen war als die übrigen Besatzungsmitglieder. Er war barfüßig wie die meisten, seine Beine steckten in gestreiften Hosen. Darüber trug er ein fleckiges Hemd mit weiten Ärmeln und eine bunte Weste; an seinem Gürtel hing ein klobiger Säbel. Der Schädel des Mannes war dürftig von glattem, rotblondem Haar bedeckt, seine Nase kantig und hervorspringend; mit kleinen Schweinsaugen starrte er die beiden Neuankömmlinge durchdringend an. Rein äußerlich mochte der Mann sich nicht vom Rest der Besatzung unterscheiden, aber aus seinem herrischen Gestus schloss Nick, dass es sich um den Kapitän des Schiffes handeln musste.
    Den Blick noch immer auf die Besucher geheftet, stieg der Rothaarige aufs Oberdeck herunter. »So«, sagte er dabei, »entlaufene Sklaven seid ihr also.«
    »Aye, Sir«, erklärte Nick. »Aus Maracaibo.«
    »Spanische Sklaven.« Der Rothaarige machte ein Gesicht, als hätte er bittere Galle gekostet. »Diese eitlen Pfauen sindnachtragend, wenn es um ihr Eigentum geht. Verdammt, McCabe, was hast du mir da angeschleppt? Du hättest die beiden in den Sümpfen lassen sollen.«
    »Da wären sie vor die Hunde gegangen, Käpt’n«, wandte der Schotte ein. »Außerdem könnten sie uns vielleicht nützlich sein. Der Weiße scheint was von Schiffen zu verstehen, und der Schwarze könnte unseren Smutje ersetzen, den wir verloren haben.«
    Nick hatte das Gefühl, als durchbohre ihn der Blick des Kapitäns. »Du verstehst etwas von Schiffen?«
    »Ein wenig, Sir. Genug, um zu wissen, wie man einen leck geschlagenen Kahn wieder instand setzt.«
    »Glaubst du, dazu brauchen wir dich?« Der Rothaarige schnaubte. »Du scheinst mir ziemlich vorlaut zu sein. Und ehrlich gesagt gefällt mir deine Visage nicht.«
    »Tut mir Leid, Sir, ich habe keine andere«, erwiderte Nick trocken, worauf McCabe und der Grieche schallend lachten, sehr zum Verdruss ihres Kapitäns.
    »Wir brauchen keine dahergelaufenen Fremden an Bord«, zischte dieser aufgebracht. »Weißt du nicht, wer ich bin?«
    »Nein, Sir.«
    »Mein wirklicher Name tut nichts zur Sache. Von hier bis hinauf zu den Carolinas kennt man mich nur als Cutlass Joe, den berüchtigten Bukanier. Hast du noch nie von mir gehört?«
    »Nein«, gab Nick

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