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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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funktionieren könnte, der hebt die Hand.«
    Wütend stieß er selbst die Rechte in die Höhe – und bliebdamit allein. Augenblicke lang regte sich nichts, alle starrten nur auf Nick, der es wagte, sich offen gegen den Kapitän zu stellen. Dann hob sich zaghaft eine zweite Hand, die Nobody Jim gehörte. Nick schickte seinem Freund ein dankbares Lächeln, das dieser erwiderte – ihr Streit von vorhin war vergessen.
    »Seht ihr?«, fragte Cutlass Joe triumphierend. »Ich habe euch gesagt, dass diese beiden Kerle unser Verderben wollen. Wer außer einer ausgemachten Landratte käme schon auf die Idee …« Er verstummte plötzlich, als auch McCabe die Hand hob, gefolgt von Demetrios und dem Chinesen.
    »Was soll das werden?«, fragte er entrüstet. »Eine Meuterei?«
    »Nein, Joe. Aber wir finden, dass der Junge Recht hat. Wir haben zu lange die Hände in den Schoß gelegt. Es wird Zeit, den Spaniern mal wieder einzuheizen.«
    »Und ihr anderen?«, wandte sich Joe an den Rest der Mannschaft. »Denkt ihr ebenso? Wollt ihr am Galgen baumeln, nur weil dieser törichte Knabe hier den Hals nicht voll kriegen kann?«
    Die Männer waren unentschlossen. Einigen von ihnen war anzusehen, dass sie sich Nick am liebsten angeschlossen hätten, aber sie fürchteten den Zorn ihres Kapitäns. Andere wandten den Blick ab und starrten betreten auf die Planken. Was den abergläubischen Seeleuten fehlte, war ein Zeichen. Ein Hinweis, wessen Rat sie folgen sollten – dem ihres Kapitäns oder dem eines unerfahrenen jungen Mannes, der erst wenige Wochen unter ihnen weilte.
    Nick sah ein, dass die Chancen gegen ihn standen. Er atmete tief durch, um sich zu beruhigen, und wollte sich schon enttäuscht abwenden – als ihm eine frische Brise ins Gesicht wehte.
    »Beim Klabautermann«, hörte er McCabe sagen, »was …?«
    Ein Rauschen fuhr durch die Takelage der Brigantine, als sich die Segel plötzlich wieder blähten. Die Oberfläche der See, die eben noch spiegelglatt dagelegen hatte, kräuselte sich unter dem Wind, der darüber strich – und im nächsten Augenblick war die Flaute vorbei, die die Seadragon zwei Tage lang in trägen Klauen gehalten hatte.
    »So etwas nennt man wohl ein Zeichen«, meinte Pater O’Rorke mit weisem Lächeln, der dem Disput schweigend beigewohnt hatte. »Der Herr meint es gut mit unserem Nick.«
    »Aye, die Flaute ist vorbei«, stellte McCabe fest und nickte. »Gefaulenzt haben wir lange genug, Mateys. Es wird Zeit, diesen spanischen Pfauen ihr Silber abzujagen.«
    Jim und der Grieche bekundeten lautstark ihre Zustimmung, und nach und nach fiel auch der Rest der Mannschaft ein. Das plötzliche Ende der Flaute bedeutete in ihren Augen, dass Nicks Vorhaben unter günstigen Vorzeichen stand – sehr zum Verdruss von Cutlass Joe, der mit verdrießlicher Miene dabeistand.
    »Macht, was ihr wollt«, murrte er. »Aber beschwert euch nicht, wenn ihr am Galgen baumelt. Wir hätten zu Bricassart gehen sollen, denkt an meine Worte.«
    »Du weißt, was man munkelt, Joe«, sagte O’Rorke. »Dass der Franzose ein Phantom sei, ein ruheloser Geist. Und dass man ihm seine Seele verkaufen müsse, um Mitglied seines Haufens zu werden. Dazu ist die Mannschaft offenbar nicht bereit. Sie will ihr Glück mit Nick versuchen, das solltest du akzeptieren.«
    Zustimmende Rufe schollen aus einem Dutzend Kehlen, die auch die letzten Zweifel beseitigten und den Kapitän der Seadragon nur noch finsterer dreinblicken ließen. Zum zweiten Mal hintereinander hatte der junge Flanagan die Mannschaft gegen ihn aufgebracht und dafür gesorgt, dass er allein stand. Cutlass Joe schwor sich, dass er dies nicht auf sich sitzen lassen würde.»Macht, was ihr wollt«, blaffte er noch einmal und stampfte wutschnaubend nach achtern.
    »Du hast es geschafft, Nick Flanagan«, raunte Pater O’Rorke Nick lächelnd zu. »Die Mannschaft folgt deinem Plan.«
    »Weil es ein guter Plan ist«, sagte Nick überzeugt.
    »Bist du dir da auch sicher? Oder willst du all das nur, um deiner Lust nach Rache zu genügen?« Mit einem Mal war das Lächeln von den Zügen des Mönchs verschwunden, sein Blick wurde starr und prüfend.
    »Was meint Ihr, Pater?«
    »Du hast die Hoffnungen dieser Männer geweckt und trägst nun für sie Verantwortung, Sohn. Nicht nur um deiner selbst willen handelst du, sondern auch in ihrem Namen. Dessen sei dir bewusst.«
    »Wovon sprecht Ihr? Ich habe nur einen Vorschlag gemacht, nichts weiter. Ich bin nicht der Kapitän dieses

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