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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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schien lichterloh zu brennen. Nick konnte nur hoffen, dass seine Leute alle entkommen waren.
    Doña Elena protestierte energisch, aber mehr als ein angestrengtes »Hmmm« kam nicht über ihre Lippen. Nick achtete gar nicht darauf – er musste zusehen, dass sie entkamen. Durch den Innenhof stürmten Soldaten herbei, die der Schuss alarmiert hatte. Wenn Nick nicht innerhalb von Augenblicken verschwand, war er verloren.
    Mit raschen Handgriffen nahm er die Waffe ab, die er am Riemen über der Schulter trug. McCabe hatte sie ihm gegeben; es war ein Gerät, das die Schotten blunderbuss nannten. Im Grunde war es nicht mehr als eine Muskete mit abgeschnittenem Lauf, in dem ein Dreifachhaken steckte. Dieser war über ein langes Seil mit dem Knauf der Pistole verbunden. Kurz entschlossen visierte Nick die gegenüberliegende Mauer an, die an die dreißig Yards entfernt sein mochte und auf deren anderer Seite der rettende Dschungel lockte. Viel Zeit zum Zielen blieb ihm nicht, denn schon waren auf dem Gang trampelnde Schritte zu hören.
    Ein Stoßgebet auf den Lippen, drückte Nick ab. Das Steinschloss zündete, und unter mächtigem Rückstoß flog das eigentümliche Geschoss aus dem Lauf, überquerte in hohem Bogen den Innenhof und traf die Mauer, verfing sich zwischen den Zinnen.
    Mit einem Ruck zog Nick das Seil auf Spannung und schlang das Ende samt der Waffe um einen der Kerzenhalter, die in die Wand eingelassen waren. Die noch immer protestierende Doñalud er sich auf den Rücken, indem er ihre gefesselten Arme um seinen Hals legte. So stieg er auf das Fensterbrett – und gerade in dem Augenblick, als die Soldaten unter wüstem Gebrüll in das Gemach ihrer Herrin stürmten, stürzte sich Nick todesmutig nach draußen, die wertvolle Last auf dem Rücken.
    Ursprünglich hatte er vorgehabt, an dem Seil entlangzuklettern, aber dazu blieb keine Zeit. Da die Mauerbrüstung tiefer lag als das Fenster, war Nick auf die Idee verfallen, daran einfach hinabzugleiten. Und indem er den Lauf seiner Pistole beidhändig umklammerte und als Laufrolle benutzte, flitzte er das Seil hinab, hoch über die Köpfe der Spanier hinweg.
    Die Soldaten, die gerade noch rechtzeitig gekommen waren, um seinem waghalsigen Manöver beizuwohnen, schäumten vor Wut. Schießen konnten sie nicht, weil die Gefahr, Doña Elena dabei zu treffen, zu groß war. Auch das Seil zu kappen, barg zu viele Risiken – niemand wollte dem Conde gegenübertreten mit der Nachricht, dass sich seine Tochter bei einem missglückten Befreiungsversuch das Genick gebrochen hatte. So blieb ihnen nichts, als Nick bittere Flüche hinterherzuschicken und ihre Kameraden auf dem Innenhof lauthals anzuweisen, ihn abzufangen.
    Mit atemberaubender Geschwindigkeit schoss Nick in die Tiefe und langte noch vor den Soldaten auf dem Wehrgang an. Die Landung war hart, sowohl für ihn als auch für seine Geisel, die sich mit dumpfen Protesten beschwerte. Nick ignorierte es, sprang auf und winkte in der Hoffnung, dass seine Kameraden an der vereinbarten Stelle warteten – und tatsächlich flog von außerhalb der Festung plötzlich ein Haken heran, der sich zwischen den Zinnen verfing.
    Erleichtert wollte Nick danach greifen, um sich von der Mauer zu schwingen, als die Soldaten den Wehrgang erreichten. Mit gezückten Rapieren und gesenkten Hellebarden stürmten sie aufNick zu, ihn dabei wüst beschimpfend – aber sie erreichten ihn nicht. Schüsse fielen, und die Männer in vorderster Reihe brachen getroffen zusammen und stürzten vom Wehrgang in die Tiefe. Ihre Kameraden gingen eingeschüchtert in Deckung, und Nick blieb Zeit, die Zinnen zu überwinden und an dem Seil in die Tiefe zu gleiten, seine protestierende Beute über der Schulter.
    »Nick! Hierher!«
    Vom nahen Waldrand riefen seine Kameraden herüber, und Nick lief ihnen entgegen, so schnell er konnte. Die Wachen oben auf den Zinnen tobten – zu schießen wagten sie jedoch auch diesmal nicht aus Sorge um Navarros Tochter.
    »Du hast es geschafft«, stellte Cutlass Joe verblüfft fest, als Nick das Dickicht erreichte, wo seine Leute wie vereinbart warteten. »Du verdammter Bastard hast es tatsächlich geschafft.«
    »Hast du etwa daran gezweifelt?«, fragte Nick grinsend. Dann ergriffen sie auch schon die Flucht und rannten durch das dichte Unterholz zurück zum Grat, über den sie gekommen waren.
    Um sie besser tragen zu können, lud Nick sich Doña Elena über die Schulter wie einen jener Silbersäcke, die er jahrelang geschleppt

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