Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
darüber denke, McCabe. Ich denke, dass dieser Flanagan ein verdammter Aufschneider is’. Ein Betrüger, auf den ihr alle hereingefallen seid. Er ist nie und nimmer Graydons Erbe.«
    »Erbe oder nich’«, konterte McCabe, »in den wenigen Wochen unter seinem Befehl haben wir mehr Beute gemacht als in all der Zeit unter deinem Kommando. Er ist ein kluger Junge und weiß, was er tut. Und er weiß auch, was nötig ist, um seine Leute bei Laune zu halten.«
    Damit nahm er seinen Krug zur Hand und genehmigte sich einen tiefen Schluck; er genoss es, das feurige Gesöff seine Kehle hinabrinnen zu spüren. Tortugas Rum war weithin berühmt. Nicht nur, dass das Zeug auf der Zunge wie Feuer brannte – wenn einem das Petroleum ausging, konnte man es auch problemlos als Brennstoff verwenden …
    »Naah«, machte Cutlass, schnäuzte sich geräuschvoll in die Hand und wischte die üppige Ausbeute an der Tischplatte ab. »Ich behaupte ja nich’, dass der Junge nichts im Kopf hätte. Aber er is’ zu weich und zu nachgiebig.«
    »Das sagst gerade du? Zweimal hätte er dir das Lebenslicht ausblasen können, Joe. Aber er hat es nicht getan, weil er Mitleid mit dir hatte.«
    »Genau davon rede ich. Flanagan is’ zu weich. Auch ihr werdet das noch merken, aber dann wird es zu spät sein. Und er is’n verdammter Verräter.«
    »Nein«, widersprach McCabe mit vom Alkohol schwerer Zunge. »Der Verräter bist du. Du warst es, der sich gegen seinen Befehl in die Kajüte geschlichen hat und über die spanische Ladyhergefallen is’. Was dann geschah, hast du dir selbst zuzuschreiben.«
    »Und wenn schon. Er hatte kein Recht, mich aus der Mannschaft auszuschließen. Nich’ wegen eines verdammten Weibsstücks, und wenn sie die Tochter des Königs wär’.«
    »Er hatte jedes Recht dazu, Matey. Er is’ der Käpt’n.«
    »Aye, aber ihr hättet ihn nicht dabei unterstützen dürfen. Ihr seid Verräter wie er.«
    »Sei vorsichtig, was du sagst, Matey«, warnte McCabe und griff nach dem Breitschwert an seinem Gürtel, von dem er sich auch bei Landgang nicht trennte. Vor allem bei Nacht waren die Gassen Tortugas ein gefährliches Pflaster.
    »Was willst du tun? Mich zum Duell fordern? Mich erschlagen?« Der Rothaarige kicherte nur. »Nur zu, McCabe. Bring zu Ende, was dein großartiger Käpt’n nich’ fertig gebracht hat. Aber auch du wirst es nich’ fertig bringen, weil du genauso feige bist wie er.«
    McCabe verzog das Gesicht. Als Schotte war er leicht zu beleidigen, daran änderte auch der Rum nichts. Seine Hand umfasste den Griff des Schwertes, aber er zog es nicht blank. Nicht, dass er die Folgen gefürchtet hätte – Keilereien waren hier in Tortuga an der Tagesordnung. Die Kerle schlugen sich um Beute, um Frauen oder einfach nur aus purem Übermut, und oft genug floss dabei Blut. Da es keine Autoritäten gab, scherte sich niemand darum. Das Blut wurde aufgewischt, die Toten ins Meer geworfen, und das war es. Niemand hätte McCabe daran gehindert, Cutlass Joes Lästermaul zu stopfen, aber er zog die Klinge dennoch nicht. Immerhin waren sie einst Kameraden gewesen, hatten gemeinsam einen Treueid geleistet. McCabe würde ihn auch jetzt nicht brechen. Wutschnaubend ließ er seine Waffe stecken.
    »Hab ich es nich’ gesagt?« Cutlass lachte gackernd. »Was istnur los mit euch? Seid ihr alle weich geworden? Hat Flanagan euch das bisschen Hirn vergiftet?«
    »Mein Verstand arbeitet ausgezeichnet«, versicherte McCabe. »Und er sagt mir, dass du dich davonmachen solltest, ehe du auf jemanden triffst, der weniger geduldig is’ als ich.«
    »Keine Sorge«, versicherte Cutlass grinsend. »Ich bin schon so gut wie weg. Mit dem nächsten Schiff, das von hier ablegt, stech ich in See.«
    »Wo willst du hin?«
    »Jamaica«, antwortete Cutlass nur.
    »Port Royal?«, fragte McCabe. »Du willst zu Bricassart?«
    »Ich hätte es längst tun sollen, anstatt meine Zeit mit euch verdammten Landratten zu verschwenden. Bricassart ist ein Pirat, wie er im Buche steht. Sein Jolly Roger ist weithin gefürchtet, und er ist bekannt dafür, kein Federlesens zu machen.«
    »Und du glaubst, er würde dich in seinen Haufen aufnehmen?«
    »Einen tüchtigen Maat kann er sicher brauchen. Und wer weiß? Vielleicht habe ich ja schon bald wieder mein eigenes Schiff.«
    »Du weißt, was man erzählt, Joe. Es heißt, Bricassart sei ein Geist, der ruhelos umherirrt. Eine verfluchte Seele, die nicht sterben kann.«
    »Und so was glaubst du?«
    »Du etwa nich’? Man

Weitere Kostenlose Bücher