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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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erzählt sich, dass Bricassart über hundert Jahre alt sein soll. Und weiter heißt es, dass jeder, der sich ihm anschließt, seine Seele verliert.«
    »Abergläubisches Geschwätz, nichts weiter.«
    »Und das sagst gerade du? Ich habe selten einen abergläubischeren Menschen erlebt als dich, Joe. Nur dein Hass auf Nick Flanagan ist noch größer.«
    »So ist es. Und deshalb werde ich nach Jamaica gehen und mich Bricassart anschließen. Wie steht es, McCabe? Willst du mich nich’ begleiten? ’ne Menge Rum und reiche Beute winken.«
    »Was soll die dämliche Frage? Glaubst du, ich würde Nick im Stich lassen? Er ist mein Käpt’n.«
    »Du bist ein Schwachkopf, McCabe«, seufzte Cutlass Joe, »genau wie alle anderen. Aber ich will dich nich’ zu deinem Glück zwingen. Bleib bei Flanagan, bei seinen Niggern und Rothäuten und alldem anderen Gesindel, das er angeschleppt hat. Wenn wir uns das nächste Mal begegnen, wird es auf hoher See sein – und dann, Kamerad, werden wir die Klingen kreuzen.«
    Damit leerte der Rothaarige seinen Krug bis auf den Grund und sprang so ungestüm auf, dass sein Stuhl geräuschvoll umfiel. Grölend stimmte Cutlass Joe ein Lied an und wankte durch den überfüllten Schankraum. Irgendjemand stieß ihn an, und er stürzte. Fluchend raffte er sich wieder auf, torkelte und pöbelte sich weiter dem Ausgang entgegen.
    Nachdenklich sah McCabe ihn in der Menge verschwinden – und er hatte kein gutes Gefühl dabei.

6.
    D ie Luft in dem niedrigen Kellergewölbe war feucht und stickig, getränkt von Moder, Exkrementen und salzigem Schweiß; eine beißende Mischung, die Carlos de Navarro schon bei vielen Gelegenheiten gerochen hatte – der Ekel erregende Odem von Todesangst.
    Ungerührt blickte der Conde auf die blasse Gestalt, die vorihm auf der Streckbank lag. Gewöhnlich bedeckte ein Uniformrock der Armada de Barlavento die nackte Brust, auf der sich kleine Schweißperlen gebildet hatten, während Sehnen und Muskeln zum Zerreißen gespannt waren.
    »Nun, Capitán Cuzo?«, erkundigte sich Navarro mit unheilvoller Stimme. »Wie geht es Euch?«
    »I-ich bedauere zutiefst, was geschehen ist«, drang es flüsternd aus dem Mund des Gefolterten. »Glaubt mir, Exzellenz, wenn ich es hätte verhindern können …«
    »Wer hätte es verhindern können, wenn nicht Ihr, Capitán?«, fragte Navarro lauernd. »Hatte ich Euch nicht den Schutz meines Hauses und meiner Familie übertragen? Hatte ich Euch nicht gebeten, ein Auge auf meine Tochter zu haben, während ich außerhalb der Stadt weile? Und was geschieht stattdessen? Ihr erlaubt es dahergelaufenen Räubern und Piraten, die Festung zu stürmen und meine Elena zu entführen! Ihr habt mein Vertrauen missbraucht, Capitán.«
    Er nickte den beiden Folterknechten zu, die mit sadistischem Grinsen am Stellrad drehten – einen königlichen Offizier bekamen sie schließlich nicht alle Tage auf die Folterbank. Es knackte, als sich die Seile um Cuzos Hand- und Fußgelenke weiter spannten. Die Gesichtszüge des Capitán wurden noch blasser und nahmen einen flehenden Ausdruck an.
    »Bitte, Exzellenz«, presste er mühsam hervor. »Ihr müsst mir glauben, dass ich alles Menschenmögliche unternommen habe. Aber die Piraten waren in der Überzahl …«
    »In der Überzahl?«, fragte Navarro, seine Wut nur mühsam beherrschend. »Mir wurde erzählt, dass es nur eine Hand voll Männer gewesen seien und dass einer ganz allein Elena aus ihrem Gemach entführt habe – ein gewisser Nick Flanagan. Sagt Euch dieser Name etwas, Capitán?«
    »Es tut mir Leid, Exzellenz …«
    »Ob Euch dieser Name etwas sagt, wünsche ich zu wissen!« Wie ein Unwetter entluden sich Navarros Wut, seine Frustration und die Sorge um seine Tochter über dem unglückseligen Offizier. »Hatte ich Euch nicht erst vor wenigen Tagen aufgetragen, Nick Flanagan zu fangen und unschädlich zu machen? Hatte ich Euch nicht erklärt, aus welchem Grund ich seinen Tod wünsche? Aber Ihr habt meine Warnungen leichtfertig in den Wind geschlagen, und nun seht, was geschehen ist! Das Sklavenlager niedergebrannt, acht Wächter tot und sämtliche Gefangenen geflohen. Und meine einzige Tochter von Piraten entführt. Wie wollt Ihr mir das erklären, Capitán?«
    Seine Stimme wurde von der niederen Decke zurückgeworfen, dröhnte wie Donnerhall in den Ohren des Offiziers, dessen Gesicht daraufhin einen geradezu jämmerlichen Ausdruck annahm.
    »Verzeiht, Exzellenz«, flehte er. »Ich habe versagt, aber ich versichere

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