Die Erben des Terrors (German Edition)
erinnerte sich. Zehn Komma vier Grad in Nischnjaja Tura. Oder minus zehn Komma vier Grad. „Da gab es mehrere?“
„Dutzende. Aber wie gesagt, ich weiß nichts Spezifisches. Sind Sie bereit für einen Außeneinsatz?“
Elena glühte innerlich auf. Sie war nicht zur CIA gegangen, um an einem Computer zu sitzen, sondern wegen der Aufregung, die ihr der Recruiter, M ichael, versprochen hatte. Und nun saß sie seit zwei Jahren an einem Computer und las schlecht übersetzte russische Meldungen. „Natürlich“, sagte sie.
07 . August 2013
13° 44’ 11.61” Nord, 60° 57’ 01.86” West
Flughafen Hewanorra, Vieux Fort, Sankt Lucia
„Zweck ihres Aufenthaltes, Miss West?“, fragte der Grenzbeamte, trotz der g efühlten dreißig Grad im Terminalgebäude sichtlich fröstelnd.
Elena, der der Schweiß vom kurzen Weg vom Flugzeug zum schlecht klimat isierten Bus und anschließend durch das noch schlechter klimatisierte Terminal noch auf der Stirn stand, antwortete: „Geschäftlich.“
Der Beamte sah sie kurz an und stempelte dann lustlos ihren Reisepass, übe rgab ihn aber mit einem strahlenden Lächeln seiner klischeehaft weißen Zähne, die sie aus dem dunkeln Gesicht anstrahlten. „Vielen Dank“, sagte sie, und ging in Richtung Ausgang, einen kleinen Reisetrolley hinter sich herziehend. Ein attraktiver Mann, weit über die Fünfzig hinaus, sprach sie auf halbem Weg an. „Sind Sie mit dem Flug aus London gekommen?“, fragte er mit deutlichem britischen Akzent.
Elena war von Dulles nach Miami und dann direkt nach St. Lucia geflogen, mit einer betagten, aber von gutem Service begleiteten Maschine der American Airlines. „Der Flug aus London hat Verspätung, fast sechs Stunden“, sagte sie, obwohl das nicht stimmte. „So ein Mist“, sagte der Mann, „dürfte ich mir kurz Ihr Handy leihen?“
Elena gab ihm ein uraltes Mobiltelefon aus ihrer Handtasche. „Tolles Modell, g enau das gleiche habe ich auch, nur mein Akku ist leer“, sagte der Mann und gab ihr sein identisches Modell.
Sie gingen zusammen auf den Ausgang zu. „Elena“, stellte sie sich vor. „James“, sagte ihr neuer Bekannter, was bei Elena zu einem Schmunzeln führte. James warf Elenas Telefon in den Mülleimer neben der Ausgangstür. Sie blieb kurz stehen, sah das Telefon in ihrer Hand an und warf es hinterher.
„Ich war leider auf dem Flug aus London, und er hatte zwei Stunden Ve rspätung“, sagte James. „Der MI6 hat hier niemanden stationiert, warum auch?“, erklärte er. Vor der Tür wartete ein rotes Auto älteren Baujahres, daran lehnend stand ein Mann Mitte zwanzig, deutlich über zwei Meter groß, die Haut so schwarz wie bei fast allen Einheimischen hier. Er hatte ein Schild in der Hand „East & West Yachting Co. Ltd.“
„Euch ist nichts Besseres eingefallen als „East & West“ als Nachnamen?“, fragte Elena den Briten.
„Das war die Idee von irgendeinem Scherzbold bei der CIA.“
„Wir haben noch gut zwei Stunden, bis die Sonne untergeht, ich würde mir gerne kurz die Marina ansehen.“
James ging um das Auto herum, während der Fahrer die Koffer der beiden einlud und ihnen erklärte, dass es eine gute Stunde dauern würde, zur Marina zu kommen. Elena hatte die Insel kleiner eingeschätzt. Aber das war bevor sie die Straßen kannte.
Zur gleichen Zeit
14° 04’ 36.25” Nord, 60° 56’ 56.28” West
Rodney Bay Marina, Gros Islet, Sankt Lucia
„India sechzehn“, schrie Dreyer dem mit einem weißen Poloshirt und blauen Bermudashorts bekleideten Marinero zu, der mit seinem gut gepolsterten Schlauchboot neben ihm herfuhr. Der Liegeplatz war riesig, bemerkte er erfreut. Er hatte mit dem schweren Boot in kleinen Häfen auch nach acht Wochen noch zeitweise Probleme. Aber so groß, das war ungewöhnlich. Auch eine doppelt so große Yacht hätte hier locker Platz, beschloss er und legte die Hope nahezu perfekt an den Schwimmsteg, auf dem ein identisch gekleideter Marinero ihm seine Achterleine abnahm. Der Marinero aus dem Boot war vor seinem Bug auf den seitlichen Steg gesprungen und gestikulierte ihm zu, die Vorleine herunterzuwerfen. Dreyer ging nach vorne und übergab die bereitgelegte, zu einem sauberen Ring gefädelte Leine fast zwei Meter nach unten.
„Mooring?“, fragte er, um auch den Steuerbordbug festmachen zu können.
„An der Klampe auf dem Steg ist eine blaue Boje, an der ist das Führungsseil festgemacht.“
„Perfekt, danke!“
Dreyer ging nach achtern, nahm die steuerbordseitige
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