Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Rechten drehten sich ebenfalls um. Ihre Augen waren von dicken Schichten blauen und lavendelfarbenen Make-ups eingerahmt.
»Schon okay«, sagte Paige, während sie kaute. Dann kniff sie die Augen zusammen. »Was ist denn mit deinem Hals los?« Irgendwie klang es fast abwertend, als wäre mein Verband ein modischer Fauxpas.
»Ist passiert, als ich beinahe ertrunken wäre«, murmelte ich und dachte noch, dass ich mich nicht dafür zu schämen brauchte, tat es aber dennoch.
Die drei Füchse steckten ihre Köpfe zusammen. Dann warf das Mädchen neben Paige mir einen kurzen Blick zu. Sie hatte schwarzes Haar mit glitzernden blaugrünen Strähnen, das sie mit zwei Nadeln hochgesteckt hatte.
Wieder Getuschel, dann brachen sie in Gelächter aus. Ich hätte ja gern etwas Abstand zwischen sie und mich gebracht, aber wir standen viel zu dicht gedrängt.
Die Mädchen wandten sich mir wieder zu. Paige studierte mich von Kopf bis Fuß. »Also, ich weiß nicht …«
»Was?«, fragte ich.
»Mina findet dich PN «, sagte Paige. Gekicher machte die Runde. »Ich bin mir da noch nicht sicher, aber vielleicht …«
»Der?«, rief Leech von weiter hinten. »Das ist doch die Schildkröte!«
»Du bist so gemein!«, fuhr Paige ihn an und schlug ihm auf die Schulter, lächelte aber dabei. Von da an drehte sich wieder alles nur um sie und ihn, und ich hatte mein Plätzchen an der Wand wieder für mich – und keine Ahnung, was sie eigentlich gemeint hatte.
» PN heißt ›potenziell niedlich‹«, erklärte Xane.
»Oh«, sagte ich.
»Glückspilz«, fügte er hinzu.
Das machte mich nur noch nervöser, und ich fühlte, wie ich rot wurde. Was tat man, wenn man PN war? Wurde etwas Bestimmtes von einem erwartet? Sollte ich irgendwas sagen? Versuchen, mich zu RN , »richtig niedlich« hochzuarbeiten? Wieder etwas, worüber ich mir den Kopf zerbrach – irgendwie war es fast leichter gewesen, einfach unsichtbar zu sein.
Blendend helles Licht stach durch die Fenster, als wir an einer Phalanx SafeSun-Leuchte vorbeifuhren: zehn riesige Kugeln, um die man die Hitze flimmern sah.
Darüber wurde es wieder dunkler. Wir waren jetzt dicht unter der Kuppeldecke und konnten die riesigen, dreieckigen Paneele und das Zickzackmuster der Träger erkennen. Unter uns waren die Wolken, und den Boden konnten wir schon nicht mehr sehen. Das Licht hier oben wirkte blass und elektrisch und erinnerte mich fast ein bisschen an daheim.
Der Fahrstuhl wurde langsamer und hielt dann an. Sobald die Türen sich öffneten, traten wir in einen metallverkleideten Raum hinaus. Rechter Hand, hinter transparenten Türen, hielt gerade eine kleine Bahn. Wir stiegen ein, und die Bahn schoss los. Durch das Vorderfenster der Kabine konnte ich das schmale Gleis erkennen, das durch eine von der Kuppeldecke hängende Stahlröhre verlief.
»Eden West wurde 2056 fertiggestellt«, sagte Paul und zeigte aus dem Fenster, klang aber etwas gelangweilt dabei. »Die Bauzeit betrug fünfzehn Jahre. Ein kolossaler Aufwand – als wären wir die alten Ägypter und bauten eine Pyramide. Aber alles ist möglich, wenn Menschen um ihr Überleben kämpfen …« Da klang er jetzt schon interessierter. »… und man einen Verwaltungsrat mit einer Vision hat.«
»Wie groß ist die Kuppel?«, fragte Noah.
»Sechs Kilometer im Durchmesser. Sie bietet zweihunderttausend Menschen ein Zuhause. Dazu kommen noch die aus unserem Existenzsicherungsprogramm.«
Ich fragte mich gerade, was das sein sollte, als Leech es auch schon erklärte: »Wenn man in Eden schwer krank wird, kann man sich einfrieren lassen, bis sie eine Möglichkeit finden, alle Krankheiten zu heilen und ewig zu leben und so.«
Wieder musste ich an daheim denken. Im Hub wurde man einfach verbrannt, wenn man starb. Die Asche spendete man entweder den Gärten, die immer dankbar dafür waren, oder ließ sie bei Vollmond am Rand der Caldera verstreuen.
Angeblich betrug die Lebenserwartung in Eden und oben in der Bewohnbaren Zone immer noch gut neunzig Jahre, wenn man dort geboren wurde. Im Hub lag sie bei etwa fünfundfünfzig, und das war immer noch besser als der weltweite Durchschnitt, der um die fünfundvierzig lag. Teilweise lag das an den fehlenden Behandlungsmög lichkeiten für Krebs, teilweise auch an der hohen Kindersterblichkeit, der Unterernährung, den Giftstoffen, die manchmal in die Wasserversorgung gelangten, und den neuen, resistenten Krankheitserregern, die alle zehn Jahre die Runde machten und die Ältesten,
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