Die Erben von Hammerfell - 5
sagte Erminie, »aber ich habe für diese Saison selbst eine Loge abonniert, teilweise wegen Gavins Konzert heute abend.« Nun klang ihre Stimme wehmütig. »Oh, Edric, es fällt mir so schwer, mir Floria als Siebzehnjährige vorzustellen. Als ich sie das letzte Mal sah, war sie erst elf. Sie trug ein kurzes Röckchen und das Haar in Locken. Ich weiß noch, daß Alastair sie immer schrecklich ärgerte – jagte sie mit Spinnen und Schlangen durch den Garten, bis ich versuchte, dem ein Ende zu machen, indem ich sie beide zum Abendessen hereinrief. Aber auch dann hörte er nicht auf, sie zu ärgern, und stahl ihr den Kuchen und die Süßigkeiten. Er hat von seiner Kinderfrau für dieses Betragen oft Schläge bekommen.«
»Nun, Floria ist ein ganzes Stück gewachsen; ich bezweifle, daß ihr Vetter sie wiedererkennen wird«, sagte Edric lächelnd. »Sie hat nichts mehr von dem Wildfang an sich, der sie früher war. Trotzdem wird es ihr immer noch gut tun, wenn du ihr durch dem Beispiel zeigst, was damenhaft ist.«
»Das hoffe ich«, meinte Erminie. »Ich war noch sehr jung, als Alastair geboren wurde, nicht viel älter, als Floria jetzt ist. Das ist der Brauch in den Bergen. Heute frage ich mich, ob es nicht falsch ist. Wie kann eine so junge Frau eine kluge Mutter sein, und haben die Kinder nicht darunter zu leiden, wenn es der Mutter an Reife fehlt?«
»Das möchte ich nicht unbedingt sagen«, erwiderte Edric. »Ich finde, du bist eine sehr gute Mutter gewesen, und ich denke nicht schlecht von Alastair. Ist Floria erst noch ein bißchen älter…« Er hielt kurz inne und fuhr dann fort: »Es tat mir nur leid, daß du mit Kindern belastet wurdest, obwohl du selbst noch ein Kind warst. Ich sehe ein junges Mädchen lieber frei von Sorgen…«
»Ja, ich weiß«, unterbrach ihn Erminie. »Meine Verwandten wollten nicht, daß ich Rascard heiratete, aber ich habe es nie bereut. Ich kann nur Gutes von ihm sagen, und ich bin froh, daß ich meine Söhne bekam, als ich noch jung genug war, um Spaß an Babys im Haus zu haben.« Mit dem gewohnten Schmerz dachte sie an Conn, der bei der Flucht aus Hammerfell ums Leben gekommen war. Aber das lag weit zurück. Vielleicht sollte sie Valentin doch heiraten, solange sie noch jung genug war, weitere Kinder zu bekommen. Valentin fing den Gedanken auf – sie hatte nicht darauf geachtet, ihn abzuschirmen – und lächelte ihr liebevoll zu. Sie schlug die Augen nieder.
»Sei es, wie es wolle«, nahm Edric den Faden wieder auf, und Erminie hätte gern gewußt, ob auch er den Gedanken mitbekommen hatte – selbstverständlich würde er niemals etwas gegen ihre Einheirat in den mächtigen und prominenten Hastur-Clan einwenden -, »ich würde mich jedenfalls freuen, wenn du heute abend in der Pause zu uns in die Loge kämst. Floria wird glücklich sein, dich wiederzusehen – du bist immer ihre liebste weibliche Verwandte gewesen, weil du noch so jung warst und Spaß am Spielen hattest.«
»Ich hoffe, ich bin auch jetzt noch jung genug, um ihr eher eine ältere Schwester und Freundin als eine Anstandsdame zu sein«, sagte Erminie. »Ich habe ihre Mutter beneidet – ich habe mir immer eine Tochter gewünscht.«
Als Edric sich zum Gehen wandte, berührte sie seinen Arm. »Edric, da ist noch etwas – ein Traum, den ich schon oft hatte und letzte Nacht wieder.«
»Dieser Traum von Alastair?«
»Ich weiß nicht recht, ob es Alastair war«, gestand Erminie. »Ich befand mich im Turm, im Kreis, und Alastair kam herein – ich glaube, es war Alastair. Nur trug er in meinem Traum – du weißt doch, wie untadelig er sich immer kleidet – ärmliche Sachen in der Art der Bergbewohner. Und er sprach zu mir durch den Sternenstein…« Ihre Stimme schwankte. Sie berührte das Matrix-Juwel.
»Du hast diesen Traum schon früher gehabt…«
»Das ganze Jahr über«, bestätigte Erminie. »Er kommt mir wie eine Vision der Zukunft vor, und doch – du selbst hast ja Alastair getestet…«
»So ist es, und ich sagte dir damals, was ich dir heute wieder sage: Alastair hat nur wenig laran, nicht genug, daß es der Mühe wert wäre, ihn auszubilden«, erklärte Edric. »Bestimmt reicht es nicht für einen Turm-Arbeiter. Aber dein Traum verrät mir, daß du meine Entscheidung noch nicht akzeptiert hast. Bedeutet es dir so viel, Erminie?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Traum so einfach ist. Denn als ich aufwachte, glühte mein Sternenstein, als sei er berührt worden.«
»Ich wüßte nicht, was es sonst
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