Die Erben von Hammerfell - 5
doch noch nicht!« antwortete Erminie entrüstet. Aber dann kam sie noch mal auf Valentin. »Was du auch von ihm halten magst, mein Sohn, Valentin hat etwas sehr Vernünftiges gesagt.«
»Und was war das, Mutter?«
»Er sagte, du seist ein Mann, und wenn du Hammerfell zurückgewinnen wolltest, müßtest du das selbst bewerkstelligen.«
Alastair nickte. »Darüber habe ich in den letzten drei Jahren viel nachgedacht, Mutter. Doch ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Schließlich kann ich nicht nach Stornhöhe reiten und den alten Lord Storn – oder wer auch immer heute auf seinem Platz sitzen mag – bitten, mir die Schlüssel zu geben. Mir ist nun folgender Gedanke gekommen: Wenn diese Hastur-Lords die Gerechtigkeit so hochhalten, wie sie sagen, könnten sie bereit sein, mir Bewaffnete zu leihen, um Hammerfell zurückzuerobern, oder zumindest könnten sie öffentlich anerkennen, daß Hammerfell mir gehört und Storn es unrechtmäßig in Besitz hat. Meinst du, unser Verwandter Valentin würde mir eine Audienz beim König vermitteln?«
»Davon bin ich überzeugt.« Erminie hörte mit Freuden, daß ihr Sohn über die Angelegenheit nachgedacht hatte. Bisher hatte er noch keinen richtigen Plan, aber wenn er bereit war, sich Rat bei älteren und klügeren Köpfen zu holen, war das schon einmal ein guter Anfang.
»Du hast doch sicher nicht vergessen, daß wir heute abend ins Konzert gehen wollen, Mutter?«
»Natürlich nicht«, antwortete sie. Aus irgendeinem Grund wollte sie nicht davon sprechen, daß der heutige Konzertbesuch eine besondere Bedeutung für sie hatte.
Erminie suchte ihre Räume auf und rief ihre Gesellschafterin, um sich für das Konzert ankleiden zu lassen. Sie hatte eine seltsame Vorahnung, als werde dieser Abend schicksalhaft sein, doch sie konnte nicht ergründen, warum.
In einem Gewand aus rostfarbenem Atlas, das ihr glänzendes Haar bis zur Perfektion hervorhob, eine Kette aus grünen Steinen um den schlanken Hals, so begab sie sich nach unten zu ihrem Sohn.
»Wie fein du heute abend aussiehst, Mutter«, bemerkte Alastair. »Ich fürchtete schon, du würdest darauf bestehen, deine Turmrobe zu tragen. Aber du hast dich gekleidet, wie es sich für unsere Stellung ziemt, und ich bin stolz auf dich.«
»So? Na, dann bin ich froh, daß ich mir heute die Mühe mit dem Anziehen gemacht habe.«
Alastair trug Jacke und Kniehosen aus Goldsatin, zu dem dunkelgelbe Ärmel und die schwarze Verschnürung der Jacke einen Kontrast bildeten. Um den Hals hatte er einen Anhänger aus geschnitztem Bernstein. Sein rotes Haar fiel in kunstvollen Locken fast bis auf die Schultern. Er glich ihrem Spielgefährten Alaric derart, daß es Erminie noch nach so vielen Jahren die Kehle zuschnürte. Nun, er war schließlich Alarics Halbbruder. Dieses Band zu ihrem toten Verwandten war einer der Gründe, wenn auch nicht der wichtigste, gewesen, die sie bewegen hatten, Rascard von Hammerfell zu heiraten.
»Du bist heute abend auch schön, mein lieber Sohn«, sagte sie und dachte: Er wird nicht mehr lange willens sein, seine Mutter zu solchen Anlässen zu begleiten. Ich sollte seine Gesellschaft genießen, solange ich sie noch habe.
Alastair ging nach draußen, um für seine Mutter eine Sänfte, das üblichste öffentliche Verkehrsmittel in den Straßen Thendaras, zu rufen. Kurz darauf ritt er neben ihr zu dem palastartigen Gebäude, das im letzten Jahr für Konzerte und ähnliche Darbietungen an dem großen Markt von Thendara gebaut worden war.
Auf dem Platz drängten sich die Sänften, in der Mehrzahl die schmucklos schwarzen Mietsänften, doch ein paar fielen durch kostbare Vorhänge und gestickte oder in Edelsteinen eingelegte Wappen auf.
Alastair übergab sein Pferd einem Knecht des öffentlichen Stalles und half dann seiner Mutter beim Aussteigen. »Wir sollten eine eigene Sänfte haben, Mutter, damit du nicht jedesmal, wenn du ausgehen willst, eine Mietsänfte rufen mußt. Unsere sollte das Wappen von Hammerfell tragen. Es wäre der Würde deiner Position angemessener – die Leute würden es sehen und wissen, daß du die Herzogin von Hammerfell bist.«
»Wer, ich?« Der Gedanke brachte Erminie zum Lachen, aber dann sah sie das Gesicht ihres Sohnes und erkannte, daß sie seine Gefühle verletzt hatte.
»Solche äußeren Zeichen der Würde brauche ich nicht, mein Junge. Mir genügt es, eine Turm-Arbeiterin, eine Technikerin zu sein. Weißt du überhaupt, was das bedeutet?« fragte sie mit einer Spur von Schärfe.
Und
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