Die Erben von Hammerfell - 5
Andenken nicht entweihen, wenn ich jetzt dich heiratete.«
»Ich habe sie auch geliebt«, sagte Erminie, »und wenn ich überhaupt an eine Heirat denken würde, könnte ich keinen Besseren finden als dich, mein lieber Freund. Es ist nicht leicht, all das zu vergessen, was du mir und ebenso meinem Sohn gewesen bist. Aber ich habe gelobt, solange er nicht wieder in sein Erbe…«
Stirnrunzelnd sah Valentin Hastur nach oben in die Zweige des Baumes, unter dem sie saßen, und versuchte sich über seine Gefühle klar zu werden. Alastair von Hammerfell war seiner Meinung nach ein verwöhnter junger Mann, weder seiner hohen Stellung noch der Sorge seiner Mutter würdig. Aber es hatte überhaupt keinen Sinn, dies der Mutter des Jungen zu sagen. Da er alles war, was sie besaß, konnte sie nicht den geringsten Fehler an ihm entdecken und setzte sich mit Leidenschaft für «eine Interessen ein. Valentin erkannte, daß es falsch gewesen war, über ihren Sohn zu sprechen, denn Erminie wußte, daß er, obwohl er immer freundlich zu Alastair war, ihn nicht liebte.
Im letzten Jahr hatte Alastair eine hohe Geldstrafe dafür zahlen müssen, daß er zum drittenmal mit seinem Wagen innerhalb der Stadtmauern rücksichtslos gefahren war. Das war ein bei jungen Männern seines Alters nur zu häufiges Vergehen, und unglücklicherweise betrachteten sie es gern als Ehrensache, die Vorschriften hinsichtlich des Reitens und Fahrens, die der Sicherheit dienten, zu verletzen. Diese Gecken, die sich für Zierden der Gesellschaft hielten, waren eine Schande für ihre Familien, dachte Valentin. Ihm war aber auch klar, daß das die übliche Einstellung bei Männern seines Alters war. Wurde er vielleicht einfach alt?
Die Hündin zu Erminies Füßen regte sich und hob den Kopf, und Erminie sagte voller Erleichterung: »So früh kann das kaum Alastair sein; ich habe sein Pferd auf der Straße nicht gehört. Wer mag da kommen? Sicher ist es jemand, den Juwel kennt…«
»Es ist dem Verwandter Edric«, sagte Valentin Hastur, zum Gartentor blickend. »Dann gehe ich besser…«
»Nein, Vetter. Wenn es Edric ist, handelt es sich um nichts anderes als um unsere Arbeit, da kannst du sicher sein, und wenn er nicht in deiner Anwesenheit sprechen möchte, wird er nicht zögern, dich wegzuschicken«, entgegnete Erminie lachend. Edric war der Bewahrer des ersten Kreises von Matrix-Arbeitern im Thendara-Turm und mit Erminie wie auch mit Valentin nahe verwandt.
Edric schritt durch den Garten und machte vor Valentin Hastur eine kühle, aber höfliche Verbeugung.
»Vetter«, sagte er förmlich.
Erminie begrüßte ihn offiziell mit einem Knicks. »Willkommen, Vetter. Das ist eine merkwürdige Zeit für einen Familienbesuch.«
»Ich muß dich um einen Gefallen bitten«, erklärte Edric. In der brüsken Art, die für ihn charakteristisch war, verschwendete er keine Zeit. »Und es handelt sich in der Tat um eine Familienangelegenheit. Du weißt doch, daß meine Tochter Floria nicht hier in der Stadt, sondern im Neskaya-Turm zur Überwacherin ausgebildet worden ist?«
»Ja, ich erinnere mich. Wie geht es ihr?«
»Sehr gut, Cousine, nur sieht es so aus, als gebe es für sie in Neskaya keine Dauerstelle«, antwortete Edric. »Hier jedoch ist Kendra Leynier schwanger und will zu ihrem Mann zurückkehren, bis das Kind geboren ist, und das schafft im dritten Kreis von Thendara einen Platz für Floria. Aber bis wir sicher sind, muß Floria hier in Thendara wohnen, und da wollte ich dich als die geeignetste weibliche Verwandte bitten, in der Gesellschaft als ihre Anstandsdame aufzutreten.« Florias Mutter, ebenfalls eine nahe Verwandte von Erminie, war gestorben, als das Mädchen noch ganz klein gewesen war.
»Wie alt ist Floria jetzt?« erkundigte sich Erminie.
»Siebzehn, im heiratsfähigen Alter. Doch sie möchte erst noch ein paar Jahre im Turm arbeiten«, sagte Edric.
So schnell erwachsen geworden, dachte Erminie. Mir ist, als sei es erst gestern gewesen, daß Floria und Alastair Kinder waren und hier in diesem Garten spielten.
»Ich wäre entzückt!« rief Erminie aus.
»Wirst du heute Abend Dom Gavin Dellerays Konzert besuchen?« erkundigte Edric sich.
»Ja«, antwortete Erminie. »Dom Gavin ist ein enger Freund von meinem Sohn. Als Alastair noch jünger war, haben sie zusammen Musik studiert. Ich finde, Gavin hat immer einen guten Einfluß auf ihn gehabt.«
»Möchtest du dich im Theater nicht zu mir und Floria in die Loge setzen?«
»Ich wünschte, das wäre möglich«,
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