Die Erben von Hammerfell - 5
sengende Sonne verdeckten und Regen brachten – herrlichen Regen! Tatsächlich war im Süden ein flockiges Wölkchen zu erkennen. Alastair malte sich aus, es wachse, werde dunkler, rücke näher…
Und es wuchs und breitete sich aus, es wurde dunkler und schwerer, und ihm folgte eine kühle Brise. Voller Verwunderung und Entzücken dachte Alastair: Habe ich das fertiggebracht? Er experimentierte kurz, bis er sicher war, daß er recht hatte. Irgendwie kontrollierten seine Gedanken die Wolke und bauten sie höher und höher auf, bis ihre phantastischen Burgen und Gipfel mehr als die Hälfte des Himmels bedeckten!
War dies ein neues laran, und hatte man nur nicht daran gedacht, ihn daraufhin zu testen? Das ließ sich nicht sagen. Die Wolke hatte ihm Kühlung gebracht. Pflichtschuldig machte er sich wieder mit seiner Hacke an die Arbeit, doch dann fuhr es ihm durch den Sinn: Ob ich Regen machen könnte? Könnte ich dieses Feuer auslöschen und uns allen eine Menge Arbeit ersparen? Das Problem war, daß er zwar bewirken konnte, daß die Wolke immer höher und dunkler wurde, aber nicht recht wußte, was eine Wolke zum Abregnen brachte. Er hätte seiner Mutter aufmerksamer zuhören sollen, als sie versuchte, ihm etwas über die einfacheren Anwendungsmöglichkeiten von laran beizubringen. Wie schade, daß ich nicht so in Conns Kopf hineinsehen kann wie er anscheinend in den meinen, um etwas über diese Kunst von ihm zu lernen.
So viel Zeit war mit seinem Versuch, Wolken zu beeinflussen, vergangen, daß die Mädchen und Jungen, die als Wasserträger arbeiteten, ihre Runden von neuem machten. Alastair sah Lenisa unter ihnen, diesmal in beträchtlicher Entfernung. Hatte man sie zu einer anderen Reihe versetzt? Ihm kam zu Bewußtsein, daß er eifersüchtig auf den Mann war, der Wasser aus ihren Händen empfangen würde… eifersüchtiger als auf Conn, der in Thendara bei Floria war. Natürlich weiß mein Bruder Conn so wenig vom Stadtleben, daß er eine Frau, die einem anderen gehört, nicht einmal ansehen, geschweige denn verführen würde.
Für einen kurzen Augenblick schämte Alastair sich seiner Überheblichkeit. Conns ehrenhafte Einstellung ist kein Grund, auf ihn herabzusehen. Aber sollen die Moralvorstellungen dieses Jungen vom Lande etwa auch für mich gelten?
Der Himmel war nun so dunkel von Wolken, daß ein feuchter Wind sich erhob. Alastair hatte mit nacktem Oberkörper gearbeitet; jetzt erschauerte er und griff nach dem Hemd, das er sich um die Taille gebunden hatte. Es war naß vom Schweiß – nein, das waren Regentropfen, dick und weich und bisher noch in großen Abständen fallend … aber er stellte sich vor, wie sie schneller und schneller fielen…
Wieder ertönten Jubelrufe von den Reihen der Männer, Es begann so heftig zu regnen, daß sich Dampfwolken am Rand des brennenden Waldes erhoben. Alastair legte seine Hacke hin und sah erleichtert und befriedigt zum Himmel hinauf.
»Achtung!« brüllte jemand. Alastair drehte sich erschrocken um und sah, daß ein durchgebrannter Baum sich neigte und zu stürzen begann, und zu seinem Entsetzen schleppte Lenisa wenige Meter davon entfernt ihren Wassereimer. Noch ehe er wußte, was er tat, rannte Alastair durch die Feuerschneise. Er packte das Mädchen und riß es aus dem Bereich des fallenden Baumes… Aber nicht schnell genug. Der Baum krachte mit einem Lärm zu Boden, als sei das Ende der Welt gekommen, und riß eine Menge kleinerer Bäume und Unterholz mit sich. Lenisa und Alastair wurden darunter begraben. Er warf sich mit dem Mädchen in seinen Armen so weit wie möglich zur Seite und spürte ihren Körper unter sich, als die Welt über seinem Kopf zusammenbrach. Das letzte, was er hörte, war Juwels verzweifeltes Heulen.
XIII
Conn hatte das Feuer von weitem beobachtet und keine besondere Lust verspürt, sich Alastair aufzudrängen. Früher oder später mußte Alastair seinen eigenen Weg finden, mit Markos und den Leuten von Hammerfell zurechtzukommen. Wenn die Männer sahen, daß er unter ihnen seine Pflicht tat, einschließlich der Brandbekämpfung, eine Arbeit, die Conn seit seinem neunten Lebensjahr regelmäßig verrichtet hatte, würden sie ihn um so eher anerkennen.
Aber Lebensgefahr durchbricht alle Barrieren. Alastairs Panik, als er den Baum stürzen sah und Lenisa aus dem Weg riß, brach in Conns Geist ein, als stehe er selbst an dieser Stelle. Die erstickende Glut des lodernden Waldes und das Krachen des fallenden Riesen, ja, sogar Juwels
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