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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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brach. Als sie ihm die Hand reichte, sagte sie mit sanfter Stimme: »Du hast uns ebenfalls gefehlt, Percy. Es ist schön, wieder daheim zu sein.« Er gab ihr einen Wangenkuss, bei dem er kurz in geheimer Trauer die Augen schloss. Ihre Finger schlossen sich fester um die seinen. Er erwiderte den Druck, bevor er sie losließ. »Und jetzt würde ich mir gern den kleinen Kerl anschauen, ja?«
    Er beugte sich über die Wiege. »Ist er nicht wunderschön?« , fragte Abel. »Natürlich bin ich voreingenommen, aber ich glaube, ich habe noch nie ein hübscheres Baby gesehen.«
    »Kein Problem«, meinte Beatrice. »Wenn erst das unsere auf der Welt ist, werde ich genauso voreingenommen sein.«
    »Wie schön«, murmelte Percy, den Blick auf das schlafende Kind gerichtet, das nicht die geringste Ähnlichkeit mit Ollie hatte. Der Kleine war von den schmalen Füßen bis zu den dichten schwarzen Haaren und dem wohlgeformten Kopf ein echter Toliver. Von einem Gefühl der Zärtlichkeit beseelt, das ihm fast den Atem nahm, streichelte Percy die winzigen Hände, worauf das Baby aufwachte, Percys Finger packte und ihn neugierig anschaute. Percy musste lachen. »Wie alt ist denn der kleine Tiger?«
    »Drei Monate«, antworteten die Eltern wie aus einem Munde, und Ollie fügte, seine Krücken neu ausrichtend, hinzu: »Das Ballspielen wird ihm wohl sein Patenonkel beibringen müssen.«
    »Mit Vergnügen«, sagte Percy, dessen Finger nach wie vor von dem Kleinen umklammert wurden. »Wie heißt mein Patenkind denn?«
    »Matthew«, sagte Mary von der anderen Seite der Wiege aus. »Matthew Toliver DuMont.«
    Percy sah sie an. »Natürlich«, bemerkte er und senkte den
Blick, um voller Entzücken zu beobachten, wie der winzige Mund sich zu einem herzhaften Gähnen öffnete und das Baby die Augen schloss. Widerstrebend entzog er sich seinem Griff und entfernte sich von der Wiege, um die anderen Gäste und seine Frau zu begrüßen, die gerade die Treppe herunterkam.
    In dem wallenden Kleid, das Abel ihr, passend zu ihrer Augenfarbe, empfohlen hatte, war sie der Charme in Person, als sie sich im Kreis der besseren Gesellschaft von Howbutker bewegte. Sie nannte Percy »Schatz«, hakte sich bei ihm unter oder lächelte ihm von der anderen Seite des Raums aus zu. Doch er wusste, warum seine Frau sich als perfekte Gastgeberin präsentierte. Dies war ihre erste große Einladung als Gattin von Percy Warwick, und selbstverständlich wollte sie nicht, dass man sich hinterher fragte, warum dieser sie und nicht die attraktive Mary Toliver geheiratet hatte. Vielleicht war sie keine Schönheit, dafür herzlich, fröhlich und zu jedem Gespräch bereit. Von ihr fühlte sich niemand eingeschüchtert. Es mochte Gerüchte über ihre Jähzornsausbrüche und derbe Ausdrucksweise geben, aber war das in einer Schwangerschaft nicht normal?
    Nach einem kurzen Blick in die Wiege ignorierte Lucy den kleinen Matthew. »Man muss wirklich sagen«, verkündete sie, »dass er dir wie aus dem Gesicht geschnitten ist mit den schwarzen Haaren und dem Kinngrübchen. Ollie, hat der Kleine auch irgendwas von dir?«
    »Sein Herz, hoffe ich«, antwortete Mary für ihn.
    »Ja, wollen wir’s hoffen«, meinte Lucy.
    Die beiden früheren Zimmergenossinnen fixierten einander. Ihre Begrüßung war kühl ausgefallen; sie hatten einander weder umarmt noch geküsst. Und nun ließen sie die Maske der Freundschaft vollends fallen. In ihren stummen Blicken war Feindseligkeit zu lesen.
    »Mary, meine Liebe, ich denke, wir sollten die Wiege in die
Bibliothek bringen lassen, damit der kleine Mann seine Ruhe hat«, schlug Ollie mit ruhiger Stimme vor.
    »Prima Idee«, sagte Lucy.
    Als Percy nach dem Fest ins Zimmer seiner Frau ging, um ihr eine gute Nacht zu wünschen, bemerkte sie von der Frisierkommode aus: »Ollie hat sich als ganzer Mann bewiesen. Obwohl es, groß und dürr, wie sie ist, ganz schön schwierig sein muss, sie zu besteigen.«
    Percys Kiefer begannen zu mahlen. »Mary ist eins siebzig groß; neben ihr kommst du dir wahrscheinlich wie eine Zwergin vor«, entgegnete er, so wütend, dass er ihr fast eine Ohrfeige gegeben hätte.
    Lucy sah ihn an, als wüsste sie nicht, ob sie das als Beleidigung auffassen sollte. »Jedenfalls scheinst du ganz vernarrt in ihr Kind zu sein.«
    »Der Kleine heißt Matthew, Lucy. Ja, er ist wirklich hübsch. Ich kann nur hoffen, dass der unsere, falls es ein Junge wird, genauso gut mit ihm befreundet sein wird wie Ollie mit mir.«
    »Warten wir’s ab. Ich

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