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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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dass Lucy sich kaum für Geld interessierte, am allerwenigsten für das seine. Sie freute sich über einfache Dinge, die nichts kosteten. Eine Fahrt mit dem Einspänner durch die Frühlingswälder war ihr lieber als ein Partybesuch in Houston mit seinem neuen Cadillac; das Brombeerpflücken zog sie einem Tanzabend im Country Club und ein Picknick am Ufer des Caddo Lake einem Dinner in einem Grand Hotel vor.
    Bei einer dieser schlichten Vergnügungen nahm sein Leben schließlich die schicksalhafte Wende.
    Sie hatten gerade eine Picknickdecke auf einem Hügel über einem der vielen Seen in der Gegend um Belton ausgebreitet. Percy verbrachte das Wochenende dort und logierte wie immer in einer Pension, deren Inhaber ihn mittlerweile als Stammgast begrüßte. Es war Juni und trotz der Wolken heiß. Percy, der es hasste, in schwüler Hitze draußen zu essen, lockerte die Krawatte. Als Lucy begann, den Korb auszupacken, teilten sich die Wolken, und die Sonne stach herunter.
    »Verdammt!«, fluchte er. »Jetzt kommt auch noch die Sonne raus.«
    »Na und?«, meinte Lucy in ihrer unerschütterlichen Art. »Sie lugt nur kurz hervor, um zu sehen, was wir essen, und verschwindet gleich wieder.«
    Und tatsächlich verzog sich die Sonne bald hinter den Wolken und blieb den Rest des Tages verborgen. Belustigt lehnte Percy sich zurück, um Lucy zu beobachten, wie sie die Picknicksachen auspackte. Erneut hatte ihre originelle Art, die Dinge zu deuten, ihn beeindruckt. Das Schuljahr war fast zu Ende, und sie spielte mit dem Gedanken, nach den Sommerferien eine Stelle in Bellington Hall in Atlanta anzunehmen.
    Percy verfolgte mit, wie sie Sandwiches auf seinen Teller häufte, ihm ein großes Stück von dem Schokoladenkuchen herunterschnitt, den sie eigens für ihn gebacken hatte, und genau die richtige Menge Zucker in seinen Eistee gab.
    »Lucy?«, fragte er. »Willst du mich heiraten?«

FÜNFUNDDREISSIG
    S ie heirateten am 1. Juli und verbrachten ihre zweiwöchigen Flitterwochen in der Karibik. Anschließend übernahm Percy die Leitung des Unternehmens, während Jeremy und Beatrice wie jedes Jahr vor der Hitze flohen und Urlaub in Maine machten. Als sie nach zwei Monaten zurückkamen, waren in Percys Ehe bereits die ersten Probleme aufgetreten.
    »Das ist doch nicht zu fassen!«, kreischte Lucy ihn an. »Der große Percy Warwick kriegt ihn nicht hoch! Wer hätte das gedacht? Der einbeinige Ollie hat wahrscheinlich mehr auf dem Kasten als du.«
    »Lucy, bitte nicht so laut. Meine Eltern hören dich«, flehte Percy sie an, wieder einmal erstaunt über ihre Ausdrucksweise. Nicht zum ersten Mal bedauerte er es, dass er das Angebot seiner Eltern angenommen hatte, vorübergehend einen Flügel von Warwick Hall zu bewohnen, bis sie ein eigenes Haus bauen konnten.
    Und ebenfalls nicht zum ersten Mal wunderte er sich darüber, Lucy geheiratet zu haben. »Du warst schwach«, erklärte seine Mutter, in deren Blick sich die Verzweiflung Percys spiegelte. »Ich habe es kommen sehen, ohne dich schützen zu können. Es muss doch einen Grund für diesen plötzlichen Wandel in Lucys Gefühlen für dich geben, Percy. Früher hat sie dich bedingungslos verehrt. Hat sie das mit dir und Mary herausgefunden?«
    Diese Erklärung war so gut wie jede andere. Percy wandte
sich ab, damit seine Mutter nicht sah, wie er log. »Ja«, antwortete er.
    Aber in Wahrheit begehrte er Lucy nicht. Er hatte nie mit Frauen schlafen können, die er nicht mochte oder achtete, und Lucy gehörte in beide Kategorien.
    Dabei waren alle Voraussetzungen für eine glückliche Verbindung mit gegenseitigem körperlichem Begehren gegeben gewesen, und Lucys Blick am Hochzeitstag hätte nicht vielversprechender ausfallen können.
    Percys Leidenschaft war gleich zu Beginn der Hochzeitsreise erkaltet. Lucy hatte, beschwipst vom Champagner und dem ersten körperlichen Akt ein paar Stunden zuvor, das Gespräch am Tisch des Kapitäns zum Verstummen gebracht, indem sie zu einer perlengeschmückten, mit einem Angehörigen des englischen Hochadels verheirateten Matrone sagte: »Sie brauchen nicht so in den Shrimps rumzustochern, Lady Carr. Wenn die gefangen werden, kriegen sie solche Angst, dass sie alles rausscheißen.«
    Am letzten Abend der Schifffahrt fragte sie, als Percy sich unvermittelt aus der Umklammerung ihrer Beine löste: »Was ist los?«
    Was sollte er darauf antworten? Dass er bereits nach zwei Wochen tiefe Abneigung gegen seine Frau empfand? Er nahm Anstoß an ihrer Geilheit,

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