Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
Umschlag und rief einen der Botenjungen aus dem Keller. »Bring diesen Brief Mrs DuMont. Ihr persönlich, niemand anders, verstanden?«
»Verstanden, Mr Warwick.«
Vom Fenster seines Büros im obersten Stockwerk aus beobachtete Percy mit einem bitteren Geschmack im Mund, wie der Junge sich auf sein Fahrrad schwang. Der Weg in die Hölle war gepflastert mit guten Absichten, doch wie stand es mit falschen Entscheidungen aus den richtigen Gründen? Das Leben hatte ihn gelehrt, dass alles, was falsch beginnt, auch falsch endet. Nur die Zeit würde seine Frage beantworten können.
EINUNDVIERZIG
Howbutker, September 1937
P ercy wartete, eingelullt von dem Gemurmel der anderen Gläubigen und dem trägen Surren der Deckenventilatoren, in der Kirchenbank der Warwicks auf den Beginn des Gottesdienstes. Er war als Einziger seiner Familie hier. Lucy, die bei ihrer Heirat mit dem Gedanken gespielt hatte, dem Katholizismus abzuschwören, war dann doch ihrem alten Glauben treu geblieben, und Wyatt hatte die Nacht – wie immer am Samstag – bei den DuMonts verbracht. Wenn Ollie kein Machtwort gesprochen hatte, lagen die Jungen vermutlich noch im Bett oder machten sich über Sassies Pfannkuchen mit Butter und Sirup her. Von den beiden Familien gingen nur Percy und Ollie regelmäßig in die Kirche. Mary schaute gelegentlich vorbei, brachte die Sonntagvormittage aber für gewöhnlich damit zu, im Ledbetter-Haus die Buchhaltung zu prüfen, und Lucy schlief lieber lange.
Offenbar hatte Ollie die Jungen angetrieben, dachte Percy belustigt, als sich eine der Seitentüren öffnete und sein alter Freund hereinkam, gefolgt von Matthew, Wyatt und Miles’ Sohn William. Percy konnte sich vorstellen, wie Ollie und Sassie am Morgen dafür gesorgt hatten, dass die drei sich wuschen und kämmten, in ihre Anzüge schlüpften und die Krawatten anlegten. Mary hatte sich bestimmt schon vor Tagesanbruch auf den Weg zum Ledbetter-Haus gemacht, denn es war Erntezeit.
Auf Ollies Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, wie immer, wenn er Percy sah. Anschließend verdrehte er theatralisch die
Augen ob seiner morgendlichen Tortur mit den Jungen, und Matthew und William winkten ihm grinsend zu. Nur Wyatts Miene blieb ausdruckslos.
Percy beobachtete, wie die Jungen Ollie zur Kirchenbank der DuMonts begleiteten und Wyatt den Platz neben Matthew ergatterte. Fast empfand Percy so etwas wie Neid, als sein Freund sich, flankiert von Percys Söhnen und William, setzte. Ollie überlegte jetzt sicher nicht wie Percy, wie er den Rest des Tages verbringen sollte. Ollie würde, die Jungen im Schlepptau, nach dem Gottesdienst in ein Haus heimkehren, wo es nach Schinken, Hühnchen oder Rinderbraten duftete und Mary sie erwartete. Mary und er würden sich auf die hintere Veranda setzen, sie mit einem Glas Eistee, Ollie mit französischem Wein, während die Jungen sich bemühten, ihre Sonntagsanzüge bis nach dem Essen nicht zu ruinieren, wenn sie sie endlich ausziehen durften. Anschließend machte er ein Schläfchen, Mary erledigte die Buchhaltung, und die Jungen spielten auf dem Rasen die gleichen Spiele wie Percy, Ollie und Miles früher. Am späten Nachmittag gab es ein kurzweiliges Kartenspiel und hinterher ein leichtes Abendessen – vielleicht sogar mit Fudge. Den Tag würde Ollie im Kreis seiner Familie vor dem Radio beschließen. Ein wunderbarer Sonntag also, dachte Percy, der sich an ähnliche bei sich zu Hause mit seinen Eltern erinnerte, vor Lucy. Mit ziemlicher Sicherheit würde er nichts Vergleichbares mehr erleben.
Der Gottesdienst begann. Percy sprach, den Blick auf seine Söhne gerichtet, die Gebete geistesabwesend mit. Wie verschieden sie doch waren! Und wie merkwürdig, dass sie beide so sehr ihren Müttern ähnelten. Lediglich die Größe hatten sie von ihm geerbt. Der sechzehnjährige Matthew und der neun Monate jüngere Wyatt überragten ihre Altersgenossen bereits um einen Kopf.
Wyatt besaß den kompakten Körperbau von Lucy, während
Matthew hoch aufgeschossen und schlank war wie Mary. Wyatt würde im Gegensatz zu Matthew immer ein Problem mit der Haltung haben. Percy hätte sich eine Maschine gewünscht, mit der sich Wyatts Stiernacken und seine hängenden Schultern korrigieren ließen. Neben ihm wirkte sein Bruder kerzengerade, genau wie Mary.
Du bist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe …
Als Percy sich erhob, um in den allgemeinen Gesang einzustimmen, rügte er sich selbst dafür, dass er nur an einem seiner
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