Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
besonders gut zur Geltung brachte. Mittlerweile war Mary fünfunddreißig, in der Blüte ihrer Jahre. »Hier hat sich manches verändert«, bemerkte sie. »Das Sofa kenne ich noch nicht.«
»Das stand früher in meinem Büro«, erklärte Percy.
»Matthew hat es sich auf Wyatts Vorschlag hin unter den Nagel gerissen.«
Mary kicherte. »Die nächste Jungengeneration, die dem Reiz dieser Hütte verfällt. Ich werde Matthew einschärfen müssen, sie sauber zu halten.«
»Und wie willst du das tun, ohne zu verraten, dass du hier gewesen bist?«
Verlegen winkte sie mit ihrer manikürten Hand ab. Ihre Erscheinung zeugte von der Aufmerksamkeit und dem ausgezeichneten Geschmack ihres Mannes, der sie nur mit den schönsten Dingen ausstattete. »Stimmt«, sagte sie. »Ich weiß, dieses Gespräch ist für uns beide schwierig, aber ich hab mir gedacht, die Hütte ist der einzige Ort, an dem wir uns wirklich ungestört unterhalten können. Wenn Ollie von unserem Treffen wüsste, würde er den Grund vermutlich ahnen.«
Percy atmete auf. Es ging also nicht um Wyatt oder Sara. »Ist irgendwas mit Ollie?«
»Wollen wir uns setzen? Ich habe uns was zu trinken mitgebracht. Scotch für dich, Tee für mich.« Sie schenkte ihm ein schmallippiges Lächeln. Das breite Lachen von einst sah er fast nicht mehr an ihr.
»Lieber später«, sagte er.
»Na gut.« Mary schüttelte das Kissen eines der Stühle auf, bevor sie mit übereinandergeschlagenen Beinen darauf Platz nahm. »Bitte setz dich auch, Percy. Ich habe beim Reden noch nie gern zu dir aufgeschaut.«
Seine Kiefer begannen ob der Erinnerungen zu mahlen, die ihre Bemerkung in ihm weckte. Er setzte sich in seiner »geschäftsmäßigen Haltung«, wie Lucy sie nannte, auf die Couch, die Hände ineinander verschränkt, die Unterarme auf den Knien. »Was ist los mit Ollie?«
Ein Augenlid Marys begann zu flattern, ansonsten blieb sie ruhig. »Er steckt tief in finanziellen Schwierigkeiten, Percy,
und steht kurz davor, alles zu verlieren. Die Hypotheken lauten auf einen Mann namens Levi Holstein, und der weigert sich, sie zu verlängern, weil er Ollies Warenhäuser in seine Kette von Kurzwarenläden integrieren möchte. Du kannst dir sicher vorstellen, was es für Ollie und seinen Vater bedeuten würde, wenn das Hauptgeschäft in die Hände eines solchen Mannes fällt. Das würde Abel umbringen.«
Percy kannte den Ruf Levi Holsteins. Er kaufte Hypotheken in Schwierigkeiten befindlicher Einzelhandelsunternehmen von Banken auf, die sie loswerden wollten, und ließ die Schuldenfalle unerbittlich zuschnappen, wenn der Händler seinen Zahlungen nicht mehr nachkommen konnte. Holsteins Plan war es, Geschäfte wie den DuMont Department Store billig aufzukaufen, den Namen beizubehalten und die anerkannt gute durch minderwertige Ware zu ersetzen. »Beide Geschäfte?«, fragte Percy bestürzt. »Auch das hier in Howbutker? Ich dachte, die Hypothek darauf sei abbezahlt.«
»Leider war Ollie nicht so weitblickend wie du, Percy. Er hat nicht geglaubt, dass der Markt überbewertet war, sein Geld in Aktien angelegt, ein Darlehen für die Eröffnung eines zweiten Kaufhauses und den Erwerb von Ware aufgenommen und das Hauptgeschäft als Sicherheit eingesetzt. Selbst wenn es ihm gelänge, das Geschäft in Houston zu verkaufen, würde der Erlös nicht reichen, um das in Howbutker über Wasser zu halten.«
Percy wurde schwindelig. Es war schlimmer als befürchtet. Ollie, sein Freund und Waffenbruder, nicht mehr länger der Inhaber des unvergleichlichen DuMont Department Store in Howbutker? Fast hundert Jahre guter Ruf dahin? Undenkbar! Mary hatte recht, wenn sie sagte, Abel würde das nicht überleben. Seine Gesundheit war nicht mehr die beste, und obwohl sein Enkel ihm viel Freude bereitete, fühlte er sich seit dem Tod von Percys Eltern allein. Und was würde aus
Matthew werden, von dem Percy sich insgeheim erhoffte, dass er eher in die Fußstapfen Ollies als in die Marys trat?
»Wann?«, fragte er.
»Am Ende des Monats, wenn es Ollie nicht gelingt, das Geld zu beschaffen«, antwortete Mary niedergeschlagen. »Ich schwöre dir, Percy, ich würde Somerset verkaufen, wenn Ollie das erlaubte und ich auch nur einen Teil seines Werts bekommen oder überhaupt einen Interessenten finden könnte. Niemand will eine Baumwollplantage, wenn billigeres, einträglicher bepflanztes Land zu kriegen ist.« Sie erhob sich und rieb sich den Hals. »Entschuldige«, sagte sie und ging zu dem kürzlich installierten
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