Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
Söhne Gefallen fand. Er hätte sich auch an Wyatt erfreuen sollen. Der Junge mühte sich mit all den Dingen ab, die Matthew zuflogen. Lediglich die Angriffslust lag Wyatt im Blut, eine kontrollierte Aggression, die ihm beim Football zugutekam, in dem beide Jungen sich hervortaten. Es erstaunte Percy, dass Wyatt sich den Regeln und der Disziplin dieses Mannschaftssports so bereitwillig unterwarf. Seine völlige Hingabe konnte Percy nur bewundern.
Die Jungen spielten seit der siebten Klasse und waren beide Kapitän der Schulauswahl. Alle erwarteten, dass ihr Jahrgang die erste Staatsmeisterschaft für Howbutker erringen würde.
Percy und Ollie wohnten häufig gemeinsam dem Training bei, saßen bei den Spielen jedoch mit ihren jeweiligen Frauen in unterschiedlichen Bereichen des Stadions. Matthew spielte Quarterback, Wyatt als offensiver Lineman. Während der Matches wandte Lucy den Blick nicht von Wyatts bulligem Körper, während Percy den seinen auf Matthews elegante Gestalt gerichtet hielt. Er konnte fast nicht glauben, wie wendig der Junge die Gegner umspielte und sie austrickste. Es war atemberaubend, wunderbar. Wenn die Zuschauer jubelten, hätte er am liebsten gerufen: Das ist mein Sohn! Das ist mein Sohn!
Aber auch Wyatt gab Anlass zu Stolz. Er brauchte Zeit,
Dinge zu verstehen, vergaß jedoch nie etwas, was er sich angeeignet hatte. Er lernte gewissenhaft, oft bis spät in die Nacht hinein. Percy hatte durch Sara, die ihm von den Beinahe-Katastrophen und Fast-Triumphen seines Sohnes erzählte, ein Auge auf seine schulischen Fortschritte. In den Noten spiegelten sich seine Ausdauer und seine Anstrengungen nie.
Wenn Percy spät von beruflichen Terminen oder von Sara nach Hause zurückkehrte und noch Licht im Zimmer seines Sohnes sah, suchte er ihn nicht auf, um sich zu erkundigen, wie er vorankomme. Wyatt schien solche Störungen nicht zu schätzen und hätte zur Antwort nur gebrummt, ohne den Kopf von den Büchern zu heben.
Als Percy ihn in die Papiermühlen schickte, arbeitete er dort ebenfalls hart. Die Verwalter lobten seinen Einsatz und waren wie Percy überrascht, dass er seine Position als Sohn des Chefs hier genauso wenig ausnutzte wie in der Schule als Sohn des Elternbeiratsvorsitzenden. Wyatt nahm Percys Lob so gleichmütig hin, wie er es vermutlich bei Kritik getan hätte. Diese Gleichgültigkeit minderte immerhin Percys schlechtes Gewissen darüber, dass Wyatts Beharrlichkeit und heroische Bemühungen nie die gleiche Begeisterung in ihm weckten wie die offenbar mühelos erzielten Erfolge Matthews.
Da durchbrach ein Husten die Stille. Einige Köpfe, darunter auch der von Percy, wandten sich in Richtung der DuMont-Bank. Die Störung kam von Matthew. Ollie reichte ihm diskret ein Taschentuch, in das Matthew weiterhustete, ein tiefes, seinen Körper erschütterndes Keuchen, das Wyatt zu einem unruhigen Blick veranlasste.
Der Junge hat sich erkältet, dachte Percy besorgt. Nur gut, dass Ollie da ist, um sich um ihn zu kümmern, der gute, zuverlässige Ollie.
»Gebt, dann wird auch euch gegeben werden. In reichem, vollem, gehäuftem, überfließendem Maß wird man euch beschenken; denn
nach dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird auch euch zugeteilt werden«, las der Geistliche.
Während Percy lauschte, schaute er immer wieder zu Ollie hinüber. Dort, neben ihm und bei ihm zu Hause, sah er die Beweise dafür, dass die Heilige Schrift keine leeren Versprechungen machte. Ollie hatte stets viel gegeben, ohne etwas für sich zu erwarten. Er war der großzügigste Mensch, den Percy kannte. Wenn Percy die Frau, die er liebte, schon an einen anderen verlieren musste, dann an Ollie. Und wenn er auf seinen Sohn verzichten musste, noch am ehesten zugunsten von Ollie. Percy freute sich für ihn, fragte sich aber, wieso für ihn selbst so wenig übrig blieb.
Der Gottesdienst neigte sich dem Ende zu. Als die Gemeinde sich zum Segen erhob, drehte Matthew sich mit einem kurzen Grinsen zu Percy um und wackelte mit den Augenbrauen. Obwohl Percy das amüsierte, verstärkte sich seine Sorge. Matthew wirkte blass und schmaler als bei ihrer letzten Begegnung. Nach dem Gottesdienst wartete Percy bei seiner Bank auf Ollie und die Jungen.
»Wie sieht’s aus, kommst du heute Mittag zu uns?«, fragte Ollie Percy. »Es gibt Hühnchen und Klöße. Matthew«, er knuffte den Jungen gegen die Schulter, »hat in letzter Zeit nicht viel gegessen, und Sassie meint, das könnte ihm Appetit machen. Ich persönlich brauche
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